941 Mor.): jedennoch aber da mit ausge- liehenen Geldern gar leicht Wucher getrie- ben wird, so muß man überhaupt gewisse Zinsen setzen, und im übrigen eines jeden Gewissen überlassen, wie viel er in sich er- eignenden Fällen davon nachlassen will, wenn die Dürfftigkeit des Schuldners es erfordert.
§. 334.
Es sind nicht allein reiche Leu-Wie man verhüte/ daß nicht vielevon blossen Zinsen leben. te zu arbeiten, sondern, wenn sie dazu ge- schickt sind, auch Wissenschafften und Kün- ste zu verbessern und zu erweitern verbun- den (§. 524. 526. Mor.). Derowegen soll man zusehen, daß nicht leicht im gemei- ren Wesen Leute geduldet werden, die von bloßen Zinsen, oder auch andern Renten leben, wenn sie entweder (§. 525. Mor.) ihrem Stande gemäße Arbeit zum gemeinen besten verrichten, oder Wissen- schafften und Künste in Aufnahme zu- bringen geschickt sind. Gleichwie man nun diese letztere als Mitglieder in die Academien der Wissenschafften und Kün- ste ziehen kan (§. 301. 310); also finden sich für die übrigen allerhand andere Bedie- nungen, die zur gemeinen Wohlfahrt an- zuordnen die Nothwendigkeit erfordert, wie unten an seinem Orte erhellen wird. Damit man ihnen dergleichen Bedienun- gen, die nicht soviel einbringen, als sie Zeit und Mühe erfordern, angenehm mache,
so
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des gemeinen Weſens.
941 Mor.): jedennoch aber da mit ausge- liehenen Geldern gar leicht Wucher getrie- ben wird, ſo muß man uͤberhaupt gewiſſe Zinſen ſetzen, und im uͤbrigen eines jeden Gewiſſen uͤberlaſſen, wie viel er in ſich er- eignenden Faͤllen davon nachlaſſen will, wenn die Duͤrfftigkeit des Schuldners es erfordert.
§. 334.
Es ſind nicht allein reiche Leu-Wie man verhuͤte/ daß nicht vielevon bloſſen Zinſen leben. te zu arbeiten, ſondern, wenn ſie dazu ge- ſchickt ſind, auch Wiſſenſchafften und Kuͤn- ſte zu verbeſſern und zu erweitern verbun- den (§. 524. 526. Mor.). Derowegen ſoll man zuſehen, daß nicht leicht im gemei- ren Weſen Leute geduldet werden, die von bloßen Zinſen, oder auch andern Renten leben, wenn ſie entweder (§. 525. Mor.) ihrem Stande gemaͤße Arbeit zum gemeinen beſten verrichten, oder Wiſſen- ſchafften und Kuͤnſte in Aufnahme zu- bringen geſchickt ſind. Gleichwie man nun dieſe letztere als Mitglieder in die Academien der Wiſſenſchafften und Kuͤn- ſte ziehen kan (§. 301. 310); alſo finden ſich fuͤr die uͤbrigen allerhand andere Bedie- nungen, die zur gemeinen Wohlfahrt an- zuordnen die Nothwendigkeit erfordert, wie unten an ſeinem Orte erhellen wird. Damit man ihnen dergleichen Bedienun- gen, die nicht ſoviel einbringen, als ſie Zeit und Muͤhe erfordern, angenehm mache,
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des gemeinen Weſens.
941 Mor.): jedennoch aber da mit ausge-
liehenen Geldern gar leicht Wucher getrie-
ben wird, ſo muß man uͤberhaupt gewiſſe
Zinſen ſetzen, und im uͤbrigen eines jeden
Gewiſſen uͤberlaſſen, wie viel er in ſich er-
eignenden Faͤllen davon nachlaſſen will,
wenn die Duͤrfftigkeit des Schuldners es
erfordert.
§. 334.Es ſind nicht allein reiche Leu-
te zu arbeiten, ſondern, wenn ſie dazu ge-
ſchickt ſind, auch Wiſſenſchafften und Kuͤn-
ſte zu verbeſſern und zu erweitern verbun-
den (§. 524. 526. Mor.). Derowegen ſoll
man zuſehen, daß nicht leicht im gemei-
ren Weſen Leute geduldet werden, die
von bloßen Zinſen, oder auch andern
Renten leben, wenn ſie entweder (§. 525.
Mor.) ihrem Stande gemaͤße Arbeit zum
gemeinen beſten verrichten, oder Wiſſen-
ſchafften und Kuͤnſte in Aufnahme zu-
bringen geſchickt ſind. Gleichwie man
nun dieſe letztere als Mitglieder in die
Academien der Wiſſenſchafften und Kuͤn-
ſte ziehen kan (§. 301. 310); alſo finden ſich
fuͤr die uͤbrigen allerhand andere Bedie-
nungen, die zur gemeinen Wohlfahrt an-
zuordnen die Nothwendigkeit erfordert,
wie unten an ſeinem Orte erhellen wird.
Damit man ihnen dergleichen Bedienun-
gen, die nicht ſoviel einbringen, als ſie Zeit
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/293>, abgerufen am 22.11.2024.
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