Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 2. Von dem Ehestande. thun, auch sie wegen ihrer dabey gehabtenMühe und Versäumniß billig zu vergnü- gen. Hier scheinet es das Ansehen zu ha- ben, als wenn nebst der Erzeugung des Kin- des seine Auferziehung so wohl könte besor- get werden als in der Ehe, und man demnach ausser der Ehe sowohl als in derselben Kin- der erzeugen und erziehen könte. Allein wer siehet nicht, daß dieses eine Art des E- hestandes ist (§. 16.)? Ob nun aber diese, oder eine andere Art des Ehestandes besser sey, wird aus dem folgenden erhellen. Und da uns das Gesetze der Natur zu dem bessern verbindet (§. 10. Mor.), wird sich nach die- sem ferner urtheilen lassen, ob diese Art des Ehestandes erlaubet sey oder nicht. Ja wenn sie auch gleich nach den natürlichen Rechten in einigen Fällen könnte erlaubet werden; so würde man doch nach diesem erst fragen müssen, ob die bürgerlichen Gesetze dergleichen im gemeinen Wesen erlauben dörfften: welches unten an seinem Orte sich erst wird entscheiden lassen. §. 22. Weil die Absicht des EhestandesWelche sich
Cap. 2. Von dem Eheſtande. thun, auch ſie wegen ihrer dabey gehabtenMuͤhe und Verſaͤumniß billig zu vergnuͤ- gen. Hier ſcheinet es das Anſehen zu ha- ben, als wenn nebſt der Erzeugung des Kin- des ſeine Auferziehung ſo wohl koͤnte beſor- get werden als in der Ehe, und man demnach auſſer der Ehe ſowohl als in derſelben Kin- der erzeugen und erziehen koͤnte. Allein wer ſiehet nicht, daß dieſes eine Art des E- heſtandes iſt (§. 16.)? Ob nun aber dieſe, oder eine andere Art des Eheſtandes beſſer ſey, wird aus dem folgenden erhellen. Und da uns das Geſetze der Natur zu dem beſſern verbindet (§. 10. Mor.), wird ſich nach die- ſem ferner urtheilen laſſen, ob dieſe Art des Eheſtandes erlaubet ſey oder nicht. Ja wenn ſie auch gleich nach den natuͤrlichen Rechten in einigen Faͤllen koͤnnte erlaubet werden; ſo wuͤrde man doch nach dieſem erſt fragen muͤſſen, ob die buͤrgerlichen Geſetze dergleichen im gemeinen Weſen erlauben doͤrfften: welches unten an ſeinem Orte ſich erſt wird entſcheiden laſſen. §. 22. Weil die Abſicht des EheſtandesWelche ſich
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Cap. 2. Von dem Eheſtande.
thun, auch ſie wegen ihrer dabey gehabten
Muͤhe und Verſaͤumniß billig zu vergnuͤ-
gen. Hier ſcheinet es das Anſehen zu ha-
ben, als wenn nebſt der Erzeugung des Kin-
des ſeine Auferziehung ſo wohl koͤnte beſor-
get werden als in der Ehe, und man demnach
auſſer der Ehe ſowohl als in derſelben Kin-
der erzeugen und erziehen koͤnte. Allein
wer ſiehet nicht, daß dieſes eine Art des E-
heſtandes iſt (§. 16.)? Ob nun aber dieſe,
oder eine andere Art des Eheſtandes beſſer
ſey, wird aus dem folgenden erhellen. Und
da uns das Geſetze der Natur zu dem beſſern
verbindet (§. 10. Mor.), wird ſich nach die-
ſem ferner urtheilen laſſen, ob dieſe Art des
Eheſtandes erlaubet ſey oder nicht. Ja
wenn ſie auch gleich nach den natuͤrlichen
Rechten in einigen Faͤllen koͤnnte erlaubet
werden; ſo wuͤrde man doch nach dieſem erſt
fragen muͤſſen, ob die buͤrgerlichen Geſetze
dergleichen im gemeinen Weſen erlauben
doͤrfften: welches unten an ſeinem Orte ſich
erſt wird entſcheiden laſſen.
§. 22.Weil die Abſicht des Eheſtandes
die Erziehung der Kinder iſt (§. 16); ſo ſol-
len keine Perſonen ſich in den Eheſtand be-
geben als die in dem Stande ſind Kinder zu
erzeugen und ſie entweder ſelbſt zu erziehen,
oder im Falle der Noth durch andere erziehen
zu laſſen. Derowegen wenn alte Perſonen,
die zu Erzeugung der Kinder untuͤchtig ſind,
ſich
Welche
Perſonen
heyra-
then
doͤrffen.
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