daher erkennet, daß ihm keine Schuld zu geben sey, daß er hat sagen müssen, was uns nachtheilich ist. Da im Gegentheile ohne den Eyd nicht allein die Zeugen aus anderen Absichten mit der Wahrheit wür- den zurücke halten; sondern auch Feind- schafft derer erlangen, wieder die sie Zeug- nis abgeleget, und um ihres Hasses willen (§. 778. Mor.) sich der Rache zu befürchten haben (§. 883. Mor.). Ja durch den Eyd werden auch von falschen Zeugnissen die- jenigen abgehalten, die bald zu Liebe, bald zu Leide, nachdem sich allerhand Absichten ereignen, Unwahrheit zeugen würden. Und demnach iste abermahl klar, daß die Reli- gion, ohne welche der Eyd nicht bestehen kan, im gemeinen Wesen höchst nöthig sey.
§. 367.
Es erhellet aber hieraus zu-Wie mit Ernst da- rüber zu halteu. gleich, wie grosse Vorsorge im gemeinen Wesen man zu tragen hat, daß alle und jede, die als Mittglieder darinnen leben, von der Religion genungsamen Unterricht haben. Dergleichen Unterricht aber wird theils den Kindern von ihren Eltern und Lehrern in Schulen, theils erwachsenen von den öffentlichen Lehrern in Kirchen mitgetheilet. Und siehet man daher die Nothwendigkeit Kirchen und Schulen mit tüchtigen Lehrern zu bestellen, auch da- hin zu sehen, daß es allen und jeden mit der
Re-
des gemeinen Weſens.
daher erkennet, daß ihm keine Schuld zu geben ſey, daß er hat ſagen muͤſſen, was uns nachtheilich iſt. Da im Gegentheile ohne den Eyd nicht allein die Zeugen aus anderen Abſichten mit der Wahrheit wuͤr- den zuruͤcke halten; ſondern auch Feind- ſchafft derer erlangen, wieder die ſie Zeug- nis abgeleget, und um ihres Haſſes willen (§. 778. Mor.) ſich der Rache zu befuͤrchten haben (§. 883. Mor.). Ja durch den Eyd werden auch von falſchen Zeugniſſen die- jenigen abgehalten, die bald zu Liebe, bald zu Leide, nachdem ſich allerhand Abſichten ereignen, Unwahrheit zeugen wuͤrden. Und demnach iſte abermahl klar, daß die Reli- gion, ohne welche der Eyd nicht beſtehen kan, im gemeinen Weſen hoͤchſt noͤthig ſey.
§. 367.
Es erhellet aber hieraus zu-Wie mit Ernſt da- ruͤber zu halteu. gleich, wie groſſe Vorſorge im gemeinen Weſen man zu tragen hat, daß alle und jede, die als Mittglieder darinnen leben, von der Religion genungſamen Unterricht haben. Dergleichen Unterricht aber wird theils den Kindern von ihren Eltern und Lehrern in Schulen, theils erwachſenen von den oͤffentlichen Lehrern in Kirchen mitgetheilet. Und ſiehet man daher die Nothwendigkeit Kirchen und Schulen mit tuͤchtigen Lehrern zu beſtellen, auch da- hin zu ſehen, daß es allen und jeden mit der
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des gemeinen Weſens.
daher erkennet, daß ihm keine Schuld zu
geben ſey, daß er hat ſagen muͤſſen, was
uns nachtheilich iſt. Da im Gegentheile
ohne den Eyd nicht allein die Zeugen aus
anderen Abſichten mit der Wahrheit wuͤr-
den zuruͤcke halten; ſondern auch Feind-
ſchafft derer erlangen, wieder die ſie Zeug-
nis abgeleget, und um ihres Haſſes willen
(§. 778. Mor.) ſich der Rache zu befuͤrchten
haben (§. 883. Mor.). Ja durch den Eyd
werden auch von falſchen Zeugniſſen die-
jenigen abgehalten, die bald zu Liebe, bald
zu Leide, nachdem ſich allerhand Abſichten
ereignen, Unwahrheit zeugen wuͤrden. Und
demnach iſte abermahl klar, daß die Reli-
gion, ohne welche der Eyd nicht beſtehen
kan, im gemeinen Weſen hoͤchſt noͤthig
ſey.
§. 367.Es erhellet aber hieraus zu-
gleich, wie groſſe Vorſorge im gemeinen
Weſen man zu tragen hat, daß alle und
jede, die als Mittglieder darinnen leben,
von der Religion genungſamen Unterricht
haben. Dergleichen Unterricht aber wird
theils den Kindern von ihren Eltern und
Lehrern in Schulen, theils erwachſenen
von den oͤffentlichen Lehrern in Kirchen
mitgetheilet. Und ſiehet man daher die
Nothwendigkeit Kirchen und Schulen
mit tuͤchtigen Lehrern zu beſtellen, auch da-
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Wie mit
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ruͤber zu
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/337>, abgerufen am 22.11.2024.
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