Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung Religion ein rechter Ernst sey, folgends al-len Hindernüssen mit Eiffer zu steuren, wodurch die Religion in Verachtnng kommen kan. Und demnach ist es nicht un- recht, wenn man die Verächter der Re- ligion bestraffet (§. 357); auch muß man deswegen über das Ansehen der öffentli- chen Lehrer und über die Feyer der Festage halten, damit jederman begreiffe, es sey ein Ernst mit der Religion (§. 318. 320). Damit nun aber die öffentliche Lehrer in gu- tem Ansehen bleiben, auch durch sie die Re- ligion nicht in Verachtung kommet; so haben sie sich nicht allein für ihre Person guter Wissenschafft und eines vernünffti- gen u. gottseeligen Wandels zu befleißigen, sondern man hat auch selbst nützliche Ver- ordnungen wegen strenger Einrichtung ih- res Wandels zuveranstalten und, daß da- rüber mit allem Fleiß gehalten werde, auf das eifrigste zu sorgen. Man weiß, daß die Exempel, sonderlich bey gemeinen Leu- ten, die nur an ihren Sinnen, der Einbil- dungs-Krafft und Affecten hangen, den grösten Nachdruck haben (§. 167 Mor.). Derowegen wenn die Lehrer, welche die Re- ligion am besten einsehen sollen, und von de- nen es wenigsten der gemeine Mann glau- bet, durch ihr Exempel zeigen, daß es mit der Religion ein Ernst ist, so werden auch sie dadurch zu dergleichen Ernst aufgemun- tert.
Cap. 3. Von der Einrichtung Religion ein rechter Ernſt ſey, folgends al-len Hindernuͤſſen mit Eiffer zu ſteuren, wodurch die Religion in Verachtnng kommen kan. Und demnach iſt es nicht un- recht, wenn man die Veraͤchter der Re- ligion beſtraffet (§. 357); auch muß man deswegen uͤber das Anſehen der oͤffentli- chen Lehrer und uͤber die Feyer der Feſtage halten, damit jederman begreiffe, es ſey ein Ernſt mit der Religion (§. 318. 320). Damit nun aber die oͤffentliche Lehrer in gu- tem Anſehen bleiben, auch durch ſie die Re- ligion nicht in Verachtung kommet; ſo haben ſie ſich nicht allein fuͤr ihre Perſon guter Wiſſenſchafft und eines vernuͤnffti- gen u. gottſeeligen Wandels zu befleißigen, ſondern man hat auch ſelbſt nuͤtzliche Ver- ordnungen wegen ſtrenger Einrichtung ih- res Wandels zuveranſtalten und, daß da- ruͤber mit allem Fleiß gehalten werde, auf das eifrigſte zu ſorgen. Man weiß, daß die Exempel, ſonderlich bey gemeinen Leu- ten, die nur an ihren Sinnen, der Einbil- dungs-Krafft und Affecten hangen, den groͤſten Nachdruck haben (§. 167 Mor.). Derowegen wenn die Lehrer, welche die Re- ligion am beſten einſehen ſollen, und von de- nen es wenigſten der gemeine Mann glau- bet, durch ihr Exempel zeigen, daß es mit der Religion ein Ernſt iſt, ſo werden auch ſie dadurch zu dergleichen Ernſt aufgemun- tert.
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Cap. 3. Von der Einrichtung
Religion ein rechter Ernſt ſey, folgends al-
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wodurch die Religion in Verachtnng
kommen kan. Und demnach iſt es nicht un-
recht, wenn man die Veraͤchter der Re-
ligion beſtraffet (§. 357); auch muß man
deswegen uͤber das Anſehen der oͤffentli-
chen Lehrer und uͤber die Feyer der Feſtage
halten, damit jederman begreiffe, es ſey
ein Ernſt mit der Religion (§. 318. 320).
Damit nun aber die oͤffentliche Lehrer in gu-
tem Anſehen bleiben, auch durch ſie die Re-
ligion nicht in Verachtung kommet; ſo
haben ſie ſich nicht allein fuͤr ihre Perſon
guter Wiſſenſchafft und eines vernuͤnffti-
gen u. gottſeeligen Wandels zu befleißigen,
ſondern man hat auch ſelbſt nuͤtzliche Ver-
ordnungen wegen ſtrenger Einrichtung ih-
res Wandels zuveranſtalten und, daß da-
ruͤber mit allem Fleiß gehalten werde, auf
das eifrigſte zu ſorgen. Man weiß, daß
die Exempel, ſonderlich bey gemeinen Leu-
ten, die nur an ihren Sinnen, der Einbil-
dungs-Krafft und Affecten hangen, den
groͤſten Nachdruck haben (§. 167 Mor.).
Derowegen wenn die Lehrer, welche die Re-
ligion am beſten einſehen ſollen, und von de-
nen es wenigſten der gemeine Mann glau-
bet, durch ihr Exempel zeigen, daß es mit
der Religion ein Ernſt iſt, ſo werden auch
ſie dadurch zu dergleichen Ernſt aufgemun-
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