Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

des gemeinen Wesens.
men hat. Denn hierdurch gewöhnet man
sich an den Müßiggang, den ein jeder zu
vermeiden schuldig ist (§. 530. Mor.). Un-
ter den Misbrauch ist ferner zurechnen, wenn
man das Spielen zu einem Erwerb ma-
chet und aus Gewinn spielet: Denn da-
durch pfleget es zu geschehen, daß man hoch
spielet und entweder sich umb das seine,
oder andere umb das ihrige bringet. Das
gewonnene Geld, weil es einem nicht sau-
er worden ist und man dabey zu gedencken
pfleget, wie müstestu thun, wenn du es nicht
gewonnen hättest, pfleget man gerne zu
verschwenden und auf solche Weise gewöh-
net man sich an das Verschwenden, wel-
ches ein übeles Laster ist (§. 542. Mor.).
Wo man aus Gewinn spielet, pfleget es
auch zu geschehen, daß man auf allerhand
Betrug dencket, dadurch der andere bevor-
theilet wird: und hierdurch werden schäd-
liche intereßirte Leute, die nach diesem auch
im Handel und Wandel andere zu bevor-
theilen sich kein Gewissen machen, wenn
es mit gutem Fuge geschehen kan. Man
wird auch in solchem Falle über dem Spie-
le eiferig, wenn man unglücklich ist, und
wird dadurch im Unglücke ungedultig: Zu-
geschweigen daß öffters Zanck, Zwietracht,
Schlägerey, ja wohl gar Mord und Tod-
schlag daraus erfolget.

§. 395.
B b 4

des gemeinen Weſens.
men hat. Denn hierdurch gewoͤhnet man
ſich an den Muͤßiggang, den ein jeder zu
vermeiden ſchuldig iſt (§. 530. Mor.). Un-
ter den Misbrauch iſt ferner zurechnen, wenn
man das Spielen zu einem Erwerb ma-
chet und aus Gewinn ſpielet: Denn da-
durch pfleget es zu geſchehen, daß man hoch
ſpielet und entweder ſich umb das ſeine,
oder andere umb das ihrige bringet. Das
gewonnene Geld, weil es einem nicht ſau-
er worden iſt und man dabey zu gedencken
pfleget, wie muͤſteſtu thun, wenn du es nicht
gewonnen haͤtteſt, pfleget man gerne zu
verſchwenden und auf ſolche Weiſe gewoͤh-
net man ſich an das Verſchwenden, wel-
ches ein uͤbeles Laſter iſt (§. 542. Mor.).
Wo man aus Gewinn ſpielet, pfleget es
auch zu geſchehen, daß man auf allerhand
Betrug dencket, dadurch der andere bevor-
theilet wird: und hierdurch werden ſchaͤd-
liche intereßirte Leute, die nach dieſem auch
im Handel und Wandel andere zu bevor-
theilen ſich kein Gewiſſen machen, wenn
es mit gutem Fuge geſchehen kan. Man
wird auch in ſolchem Falle uͤber dem Spie-
le eiferig, wenn man ungluͤcklich iſt, und
wird dadurch im Ungluͤcke ungedultig: Zu-
geſchweigen daß oͤffters Zanck, Zwietracht,
Schlaͤgerey, ja wohl gar Mord und Tod-
ſchlag daraus erfolget.

§. 395.
B b 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0409" n="391"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des gemeinen We&#x017F;ens.</hi></fw><lb/>
men hat. Denn hierdurch gewo&#x0364;hnet man<lb/>
&#x017F;ich an den Mu&#x0364;ßiggang, den ein jeder zu<lb/>
vermeiden &#x017F;chuldig i&#x017F;t (§. 530. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>). Un-<lb/>
ter den Misbrauch i&#x017F;t ferner zurechnen, wenn<lb/>
man das Spielen zu einem Erwerb ma-<lb/>
chet und aus Gewinn &#x017F;pielet: Denn da-<lb/>
durch pfleget es zu ge&#x017F;chehen, daß man hoch<lb/>
&#x017F;pielet und entweder &#x017F;ich umb das &#x017F;eine,<lb/>
oder andere umb das ihrige bringet. Das<lb/>
gewonnene Geld, weil es einem nicht &#x017F;au-<lb/>
er worden i&#x017F;t und man dabey zu gedencken<lb/>
pfleget, wie mu&#x0364;&#x017F;te&#x017F;tu thun, wenn du es nicht<lb/>
gewonnen ha&#x0364;tte&#x017F;t, pfleget man gerne zu<lb/>
ver&#x017F;chwenden und auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e gewo&#x0364;h-<lb/>
net man &#x017F;ich an das Ver&#x017F;chwenden, wel-<lb/>
ches ein u&#x0364;beles La&#x017F;ter i&#x017F;t (§. 542. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>).<lb/>
Wo man aus Gewinn &#x017F;pielet, pfleget es<lb/>
auch zu ge&#x017F;chehen, daß man auf allerhand<lb/>
Betrug dencket, dadurch der andere bevor-<lb/>
theilet wird: und hierdurch werden &#x017F;cha&#x0364;d-<lb/>
liche intereßirte Leute, die nach die&#x017F;em auch<lb/>
im Handel und Wandel andere zu bevor-<lb/>
theilen &#x017F;ich kein Gewi&#x017F;&#x017F;en machen, wenn<lb/>
es mit gutem Fuge ge&#x017F;chehen kan. Man<lb/>
wird auch in &#x017F;olchem Falle u&#x0364;ber dem Spie-<lb/>
le eiferig, wenn man unglu&#x0364;cklich i&#x017F;t, und<lb/>
wird dadurch im Unglu&#x0364;cke ungedultig: Zu-<lb/>
ge&#x017F;chweigen daß o&#x0364;ffters Zanck, Zwietracht,<lb/>
Schla&#x0364;gerey, ja wohl gar Mord und Tod-<lb/>
&#x017F;chlag daraus erfolget.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">B b 4</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">§. 395.</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391/0409] des gemeinen Weſens. men hat. Denn hierdurch gewoͤhnet man ſich an den Muͤßiggang, den ein jeder zu vermeiden ſchuldig iſt (§. 530. Mor.). Un- ter den Misbrauch iſt ferner zurechnen, wenn man das Spielen zu einem Erwerb ma- chet und aus Gewinn ſpielet: Denn da- durch pfleget es zu geſchehen, daß man hoch ſpielet und entweder ſich umb das ſeine, oder andere umb das ihrige bringet. Das gewonnene Geld, weil es einem nicht ſau- er worden iſt und man dabey zu gedencken pfleget, wie muͤſteſtu thun, wenn du es nicht gewonnen haͤtteſt, pfleget man gerne zu verſchwenden und auf ſolche Weiſe gewoͤh- net man ſich an das Verſchwenden, wel- ches ein uͤbeles Laſter iſt (§. 542. Mor.). Wo man aus Gewinn ſpielet, pfleget es auch zu geſchehen, daß man auf allerhand Betrug dencket, dadurch der andere bevor- theilet wird: und hierdurch werden ſchaͤd- liche intereßirte Leute, die nach dieſem auch im Handel und Wandel andere zu bevor- theilen ſich kein Gewiſſen machen, wenn es mit gutem Fuge geſchehen kan. Man wird auch in ſolchem Falle uͤber dem Spie- le eiferig, wenn man ungluͤcklich iſt, und wird dadurch im Ungluͤcke ungedultig: Zu- geſchweigen daß oͤffters Zanck, Zwietracht, Schlaͤgerey, ja wohl gar Mord und Tod- ſchlag daraus erfolget. §. 395. B b 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/409
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/409>, abgerufen am 22.11.2024.