Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 2. Von dem Ehestande. deren nicht ein geringes, und kan dadurchder Mensch sich in eine Nachrede setzen, wel- che ihm an seinem gantzen zeitlichen Glücke hinderlich ist, wie abfonderlich bey Weibs- Personen zu geschehen pfleget. Unterwei- len, wenn viele bey einer Person ihre Brunst löschen wollen, entstehen Uneinigkeiten, Schlägereyen, ja öffters gar Todtschlag daraus. Werden Weibs-Personen durch verbothenen Beyschlaff schwanger, so ste- het es öffters übel um die Frucht, als wel- che sie bald in Mutter-Leibe unterdrücken, ehe sie das Tagelicht erblicket; bald um das Leben bringen, ehe sie kaum in die Welt kommen; bald durch versagte nöthige Pfle- gung ihr unter die Erde verhelffen; bald und zwar gemeiniglich übel auferziehen. Man kan auch noch über dieses das Unglück erwegen, so daraus im gemeinen Wesen erwachsen kan. Hieher gehören die Straf- fen, die auf gewisse Arten der Geilheit ge- setzet worden, als die Straffe des Feuers auf Sodomiterey und Knabenschänderey, die Straffe des Schwerdts auf Ehebruch an einigen Orten. Gleichergestalt hat man ins besondere das Unheil zu erwegen, wel- ches aus gewissen Arten der Geilheit unter allerhand Fällen entstehet: wovon inson- derheit der Ehebruch aus der blossen Erfah- rung gar vieles zeigen kan. Jch finde a- ber hier überhaupt zweyerley zu errinnern Wei B 4
Cap. 2. Von dem Eheſtande. deren nicht ein geringes, und kan dadurchder Menſch ſich in eine Nachrede ſetzen, wel- che ihm an ſeinem gantzen zeitlichen Gluͤcke hinderlich iſt, wie abfonderlich bey Weibs- Perſonen zu geſchehen pfleget. Unterwei- len, wenn viele bey einer Perſon ihre Brunſt loͤſchen wollen, entſtehen Uneinigkeiten, Schlaͤgereyen, ja oͤffters gar Todtſchlag daraus. Werden Weibs-Perſonen durch verbothenen Beyſchlaff ſchwanger, ſo ſte- het es oͤffters uͤbel um die Frucht, als wel- che ſie bald in Mutter-Leibe unterdruͤcken, ehe ſie das Tagelicht erblicket; bald um das Leben bringen, ehe ſie kaum in die Welt kommen; bald durch verſagte noͤthige Pfle- gung ihr unter die Erde verhelffen; bald und zwar gemeiniglich uͤbel auferziehen. Man kan auch noch uͤber dieſes das Ungluͤck erwegen, ſo daraus im gemeinen Weſen erwachſen kan. Hieher gehoͤren die Straf- fen, die auf gewiſſe Arten der Geilheit ge- ſetzet worden, als die Straffe des Feuers auf Sodomiterey und Knabenſchaͤnderey, die Straffe des Schwerdts auf Ehebruch an einigen Orten. Gleichergeſtalt hat man ins beſondere das Unheil zu erwegen, wel- ches aus gewiſſen Arten der Geilheit unter allerhand Faͤllen entſtehet: wovon inſon- derheit der Ehebruch aus der bloſſen Erfah- rung gar vieles zeigen kan. Jch finde a- ber hier uͤberhaupt zweyerley zu errinnern Wei B 4
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Cap. 2. Von dem Eheſtande.
deren nicht ein geringes, und kan dadurch
der Menſch ſich in eine Nachrede ſetzen, wel-
che ihm an ſeinem gantzen zeitlichen Gluͤcke
hinderlich iſt, wie abfonderlich bey Weibs-
Perſonen zu geſchehen pfleget. Unterwei-
len, wenn viele bey einer Perſon ihre Brunſt
loͤſchen wollen, entſtehen Uneinigkeiten,
Schlaͤgereyen, ja oͤffters gar Todtſchlag
daraus. Werden Weibs-Perſonen durch
verbothenen Beyſchlaff ſchwanger, ſo ſte-
het es oͤffters uͤbel um die Frucht, als wel-
che ſie bald in Mutter-Leibe unterdruͤcken,
ehe ſie das Tagelicht erblicket; bald um
das Leben bringen, ehe ſie kaum in die Welt
kommen; bald durch verſagte noͤthige Pfle-
gung ihr unter die Erde verhelffen; bald
und zwar gemeiniglich uͤbel auferziehen.
Man kan auch noch uͤber dieſes das Ungluͤck
erwegen, ſo daraus im gemeinen Weſen
erwachſen kan. Hieher gehoͤren die Straf-
fen, die auf gewiſſe Arten der Geilheit ge-
ſetzet worden, als die Straffe des Feuers
auf Sodomiterey und Knabenſchaͤnderey,
die Straffe des Schwerdts auf Ehebruch
an einigen Orten. Gleichergeſtalt hat man
ins beſondere das Unheil zu erwegen, wel-
ches aus gewiſſen Arten der Geilheit unter
allerhand Faͤllen entſtehet: wovon inſon-
derheit der Ehebruch aus der bloſſen Erfah-
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