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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Gesetzen.
indem von Seiten der Obrigkeit alle dazu
gehörige Mittel gebraucht worden, und
einem jeden Unterthane oblieget sich dar-
nach zu erkundigen (§. 264. Mor.). Warumb
gehet er nicht an den Ort, wo die Gesetze
entweder angeschlagen, oder abgelesen
werden; oder, wenn er seine wichtige Ur-
sachen hat, warumb er zurücke bleibet, war-
umb erkundiget er sich nicht von denen, die
daselbst gewesen, ob dergleichen geschehen
sey, oder nicht? Nemlich in diesem Falle
ist die Unwissenheit zu uberwinden (§. 265.
Mor.) und dannenhero kan sie niemanden
entschuldigen (§. 264. 266. Mor.).

§. 418.

Es pflegen bisweilen auch eini-Was bey
Gesetzen
in beson-
deren
Fällen zu
beden-
cken.

ge besondere Zufälle im gemeinen Wesen
sich zu ereignen, die nicht so bald wieder-
kommen, wenn sie einmahl wieder vorbey
sind. Dergleichen ist, wenn in der Nacht-
bahrschafft ein Feind einfället und daher
andere zu uns flüchten. Da nun die O-
brigkeit in allen Fällen für die gemeine
Wohlfahrt und Sicherheit sorgen sol (§.
215); so muß sie auch in dergleichen be-
sonderen Fällen verordnen, was das ge-
meine Beste erfordert. Dergleichen Ge-
setze gelten nur auf eine Zeit und schaffen
sich nach diesem selbst wieder ab, wenn
keine Nothwendigkeit sie mehr erfordert.
Unterdessen ist nicht undienlich, wenn man
alle dergleichen Ordnungen und erwehlte

An-

Geſetzen.
indem von Seiten der Obrigkeit alle dazu
gehoͤrige Mittel gebraucht worden, und
einem jeden Unterthane oblieget ſich dar-
nach zu erkundigen (§. 264. Mor.). Warumb
gehet er nicht an den Ort, wo die Geſetze
entweder angeſchlagen, oder abgeleſen
werden; oder, wenn er ſeine wichtige Ur-
ſachen hat, warumb er zuruͤcke bleibet, war-
umb erkundiget er ſich nicht von denen, die
daſelbſt geweſen, ob dergleichen geſchehen
ſey, oder nicht? Nemlich in dieſem Falle
iſt die Unwiſſenheit zu uberwinden (§. 265.
Mor.) und dannenhero kan ſie niemanden
entſchuldigen (§. 264. 266. Mor.).

§. 418.

Es pflegen bisweilen auch eini-Was bey
Geſetzen
in beſon-
deren
Faͤllen zu
beden-
cken.

ge beſondere Zufaͤlle im gemeinen Weſen
ſich zu ereignen, die nicht ſo bald wieder-
kommen, wenn ſie einmahl wieder vorbey
ſind. Dergleichen iſt, wenn in der Nacht-
bahrſchafft ein Feind einfaͤllet und daher
andere zu uns fluͤchten. Da nun die O-
brigkeit in allen Faͤllen fuͤr die gemeine
Wohlfahrt und Sicherheit ſorgen ſol (§.
215); ſo muß ſie auch in dergleichen be-
ſonderen Faͤllen verordnen, was das ge-
meine Beſte erfordert. Dergleichen Ge-
ſetze gelten nur auf eine Zeit und ſchaffen
ſich nach dieſem ſelbſt wieder ab, wenn
keine Nothwendigkeit ſie mehr erfordert.
Unterdeſſen iſt nicht undienlich, wenn man
alle dergleichen Ordnungen und erwehlte

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[427/0445] Geſetzen. indem von Seiten der Obrigkeit alle dazu gehoͤrige Mittel gebraucht worden, und einem jeden Unterthane oblieget ſich dar- nach zu erkundigen (§. 264. Mor.). Warumb gehet er nicht an den Ort, wo die Geſetze entweder angeſchlagen, oder abgeleſen werden; oder, wenn er ſeine wichtige Ur- ſachen hat, warumb er zuruͤcke bleibet, war- umb erkundiget er ſich nicht von denen, die daſelbſt geweſen, ob dergleichen geſchehen ſey, oder nicht? Nemlich in dieſem Falle iſt die Unwiſſenheit zu uberwinden (§. 265. Mor.) und dannenhero kan ſie niemanden entſchuldigen (§. 264. 266. Mor.). §. 418.Es pflegen bisweilen auch eini- ge beſondere Zufaͤlle im gemeinen Weſen ſich zu ereignen, die nicht ſo bald wieder- kommen, wenn ſie einmahl wieder vorbey ſind. Dergleichen iſt, wenn in der Nacht- bahrſchafft ein Feind einfaͤllet und daher andere zu uns fluͤchten. Da nun die O- brigkeit in allen Faͤllen fuͤr die gemeine Wohlfahrt und Sicherheit ſorgen ſol (§. 215); ſo muß ſie auch in dergleichen be- ſonderen Faͤllen verordnen, was das ge- meine Beſte erfordert. Dergleichen Ge- ſetze gelten nur auf eine Zeit und ſchaffen ſich nach dieſem ſelbſt wieder ab, wenn keine Nothwendigkeit ſie mehr erfordert. Unterdeſſen iſt nicht undienlich, wenn man alle dergleichen Ordnungen und erwehlte An- Was bey Geſetzen in beſon- deren Faͤllen zu beden- cken.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/445>, abgerufen am 22.11.2024.