Anstalten zur Nachricht in einem besonde- ren Buche aufgezeichnet behält, damit man bey anderer Gelegenheit, es sey über lang oder kurtz, finden kan, was man vor diesem gethan und dabey lernen, was jetzund zu thun ist (§. 374. Met.). Wolte man für die Nachkommen mit sorgen, wie sichs ge- ziemet (§. 12. Mor.); so wäre gar dien- lich, wenn man zugleich aus der Erfah- rung mit anmerckte, wie und aus was Ur- sachen man die Anstalten gut befunden, und worinnen sich einiger Mangel erzei- get.
Vorsich- tigkeit bey dem Gesetz geben.
§. 419.
Ehe man aber Gesetze öffentlich bekand machet, hat man zuvor wohl zu ü- berlegen, ob auch durch sie die Absicht werde erreichet werden, die man sich vor- gesetzet. Denn woferne man nach diesem finden solte, daß solches nicht geschähe, ja sie wohl gar derjenigen Absicht zuwieder wären, welche man dadurch erreichen wol- te; würde man sie wiederumb abschaffen und eine Aenderung treffen müssen. Hier- durch aber leidet der Ernst, damit man ü- ber den Gesetzen halten sol (§. 409). Denn man glaubet nach diesem gleich, es werde mit anderen Anstalten eben wieder so ab- lauffen und hat kein Vertrauen dazu (§. 409); suchet dannenhero Ausflüchte, wo- durch man sich denselben entziehen kan. Wiederumb wenn man nöthig hat offte
nach
Cap. 4. Von den buͤrgerlichen
Anſtalten zur Nachricht in einem beſonde- ren Buche aufgezeichnet behaͤlt, damit man bey anderer Gelegenheit, es ſey uͤber lang oder kurtz, finden kan, was man vor dieſem gethan und dabey lernen, was jetzund zu thun iſt (§. 374. Met.). Wolte man fuͤr die Nachkommen mit ſorgen, wie ſichs ge- ziemet (§. 12. Mor.); ſo waͤre gar dien- lich, wenn man zugleich aus der Erfah- rung mit anmerckte, wie und aus was Ur- ſachen man die Anſtalten gut befunden, und worinnen ſich einiger Mangel erzei- get.
Vorſich- tigkeit bey dem Geſetz geben.
§. 419.
Ehe man aber Geſetze oͤffentlich bekand machet, hat man zuvor wohl zu uͤ- berlegen, ob auch durch ſie die Abſicht werde erreichet werden, die man ſich vor- geſetzet. Denn woferne man nach dieſem finden ſolte, daß ſolches nicht geſchaͤhe, ja ſie wohl gar derjenigen Abſicht zuwieder waͤren, welche man dadurch erreichen wol- te; wuͤrde man ſie wiederumb abſchaffen und eine Aenderung treffen muͤſſen. Hier- durch aber leidet der Ernſt, damit man uͤ- ber den Geſetzen halten ſol (§. 409). Denn man glaubet nach dieſem gleich, es werde mit anderen Anſtalten eben wieder ſo ab- lauffen und hat kein Vertrauen dazu (§. 409); ſuchet dannenhero Ausfluͤchte, wo- durch man ſich denſelben entziehen kan. Wiederumb wenn man noͤthig hat offte
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Cap. 4. Von den buͤrgerlichen
Anſtalten zur Nachricht in einem beſonde-
ren Buche aufgezeichnet behaͤlt, damit man
bey anderer Gelegenheit, es ſey uͤber lang
oder kurtz, finden kan, was man vor dieſem
gethan und dabey lernen, was jetzund zu
thun iſt (§. 374. Met.). Wolte man fuͤr
die Nachkommen mit ſorgen, wie ſichs ge-
ziemet (§. 12. Mor.); ſo waͤre gar dien-
lich, wenn man zugleich aus der Erfah-
rung mit anmerckte, wie und aus was Ur-
ſachen man die Anſtalten gut befunden,
und worinnen ſich einiger Mangel erzei-
get.
§. 419.Ehe man aber Geſetze oͤffentlich
bekand machet, hat man zuvor wohl zu uͤ-
berlegen, ob auch durch ſie die Abſicht
werde erreichet werden, die man ſich vor-
geſetzet. Denn woferne man nach dieſem
finden ſolte, daß ſolches nicht geſchaͤhe, ja
ſie wohl gar derjenigen Abſicht zuwieder
waͤren, welche man dadurch erreichen wol-
te; wuͤrde man ſie wiederumb abſchaffen
und eine Aenderung treffen muͤſſen. Hier-
durch aber leidet der Ernſt, damit man uͤ-
ber den Geſetzen halten ſol (§. 409). Denn
man glaubet nach dieſem gleich, es werde
mit anderen Anſtalten eben wieder ſo ab-
lauffen und hat kein Vertrauen dazu (§.
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durch man ſich denſelben entziehen kan.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/446>, abgerufen am 22.11.2024.
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