Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 4. Von den bürgerlichen durch Bevortheilung in Verträgen undVergleichen verursachten Schaden zu erse- tzen diejenigen anhalten, welche sich gut- willig vor sich nicht dazu verstehen wollen. (§. 227). Allein da alle Tage sehr viel Verträge und Vergleiche gemacht werden und aller Betrug dabey schweer zuvermei- den ist, indem allein bey dem Kauffen und Verkauffen ein jeder wohlfeil kauffen und theuer verkauffen wil; ja auch unterwei- len für einen Schaden und Bevortheilung ausgeleget wird von dem einen Theile, was von dem andern nicht davor gehalten wird, auch wohl gar viele für einen Scha- den ausgeben würden den Verlust eines Glückes, der sie betroffen, als wenn z. E. einer umb einen billigen Preiß seine Wah- re verkauffet, und ein anderer, dem aus ge- wissen Ursachen viel daran gelegen ist, daß er sie bekommen hätte, ihm gerne mehr davor geben wollte, als er von dem andern bekommen; so würde man unend- liche Streitigkeiten wegen der Verträge und Vergleiche haben, woferne man im gemeinen Wesen die Verfassung machen wollte die natürliche Billigkeit auf das genaueste in allem zu beobachten. Dero- wegen muß man in bürgerlichen Gesetzen die Grösse des Betruges determiniren, wo der verletzende Theil dem verletzten gehalten ist den Schaden zuersetzen, oder der
Cap. 4. Von den buͤrgerlichen durch Bevortheilung in Vertraͤgen undVergleichen verurſachten Schaden zu erſe- tzen diejenigen anhalten, welche ſich gut- willig vor ſich nicht dazu verſtehen wollen. (§. 227). Allein da alle Tage ſehr viel Vertraͤge und Vergleiche gemacht werden und aller Betrug dabey ſchweer zuvermei- den iſt, indem allein bey dem Kauffen und Verkauffen ein jeder wohlfeil kauffen und theuer verkauffen wil; ja auch unterwei- len fuͤr einen Schaden und Bevortheilung ausgeleget wird von dem einen Theile, was von dem andern nicht davor gehalten wird, auch wohl gar viele fuͤr einen Scha- den ausgeben wuͤrden den Verluſt eines Gluͤckes, der ſie betroffen, als wenn z. E. einer umb einen billigen Preiß ſeine Wah- re verkauffet, und ein anderer, dem aus ge- wiſſen Urſachen viel daran gelegen iſt, daß er ſie bekommen haͤtte, ihm gerne mehr davor geben wollte, als er von dem andern bekommen; ſo wuͤrde man unend- liche Streitigkeiten wegen der Vertraͤge und Vergleiche haben, woferne man im gemeinen Weſen die Verfaſſung machen wollte die natuͤrliche Billigkeit auf das genaueſte in allem zu beobachten. Dero- wegen muß man in buͤrgerlichen Geſetzen die Groͤſſe des Betruges determiniren, wo der verletzende Theil dem verletzten gehalten iſt den Schaden zuerſetzen, oder der
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Cap. 4. Von den buͤrgerlichen
durch Bevortheilung in Vertraͤgen und
Vergleichen verurſachten Schaden zu erſe-
tzen diejenigen anhalten, welche ſich gut-
willig vor ſich nicht dazu verſtehen wollen.
(§. 227). Allein da alle Tage ſehr viel
Vertraͤge und Vergleiche gemacht werden
und aller Betrug dabey ſchweer zuvermei-
den iſt, indem allein bey dem Kauffen und
Verkauffen ein jeder wohlfeil kauffen und
theuer verkauffen wil; ja auch unterwei-
len fuͤr einen Schaden und Bevortheilung
ausgeleget wird von dem einen Theile,
was von dem andern nicht davor gehalten
wird, auch wohl gar viele fuͤr einen Scha-
den ausgeben wuͤrden den Verluſt eines
Gluͤckes, der ſie betroffen, als wenn z. E.
einer umb einen billigen Preiß ſeine Wah-
re verkauffet, und ein anderer, dem aus ge-
wiſſen Urſachen viel daran gelegen iſt,
daß er ſie bekommen haͤtte, ihm gerne
mehr davor geben wollte, als er von dem
andern bekommen; ſo wuͤrde man unend-
liche Streitigkeiten wegen der Vertraͤge
und Vergleiche haben, woferne man im
gemeinen Weſen die Verfaſſung machen
wollte die natuͤrliche Billigkeit auf das
genaueſte in allem zu beobachten. Dero-
wegen muß man in buͤrgerlichen Geſetzen
die Groͤſſe des Betruges determiniren,
wo der verletzende Theil dem verletzten
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der
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