Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und Gewalt der Obrigkeit.
gewinnen dadurch die benachbarte Staate
nichts, daß er mit ihnen den Krieg auf vor-
hergehende Einwilligung der Stände ange-
fangen. Wollte man gleich sagen, daß
benachbahrte Staate die Stände bestechen
könnten, damit sie nicht in den Krieg wil-
ligten; so ist eben dieses zu besorgen, wo
der König ohne Einwilligung der Stände
Kriege anfangen darf. Denn er hat doch
seine Räthe, mit denen er die Sache über-
leget, und diese können noch leichter, als
die Stände bestochen werden, weil öffters
nur einer ist, der bey einem Herrn viel zu
sagen hat, dahingegen einer von den Stän-
den so viel zu sprechen hat, als der andere,
auch es hierauf die Anzahl derer, die mit
einander einig sind, lediglich ankommet
(§. 440).

§. 458.

Was nun ferner die Macht an-Wie die
Staate
und Kö-
nige der
Macht
nach un-
terschie-
den.

belanget, so ist hier gar ein mercklicher Un-
terscheid in verschiedenen Staaten. Denn
da die Macht in dem Gelde, in der Armee,
die man halten kan, und in Vergebung der
Bedienungen hauptsächlich bestehet (§.
444), in einem reichen und bevölckerten
Staate mehr Geld vorhanden als in einem
armen, und zugleich eine grössere Armee
unterhalten werden kan, als wo es an Geld
und Volcke fehlet, über dieses in einem rei-
chen und bevölckerten Staate die Bedie-
nungen wichtiger sind, als in einem andern

wo
H h 3

und Gewalt der Obrigkeit.
gewinnen dadurch die benachbarte Staate
nichts, daß er mit ihnen den Krieg auf vor-
hergehende Einwilligung der Staͤnde ange-
fangen. Wollte man gleich ſagen, daß
benachbahrte Staate die Staͤnde beſtechen
koͤnnten, damit ſie nicht in den Krieg wil-
ligten; ſo iſt eben dieſes zu beſorgen, wo
der Koͤnig ohne Einwilligung der Staͤnde
Kriege anfangen darf. Denn er hat doch
ſeine Raͤthe, mit denen er die Sache uͤber-
leget, und dieſe koͤnnen noch leichter, als
die Staͤnde beſtochen werden, weil oͤffters
nur einer iſt, der bey einem Herrn viel zu
ſagen hat, dahingegen einer von den Staͤn-
den ſo viel zu ſprechen hat, als der andere,
auch es hierauf die Anzahl derer, die mit
einander einig ſind, lediglich ankommet
(§. 440).

§. 458.

Was nun ferner die Macht an-Wie die
Staate
und Koͤ-
nige der
Macht
nach un-
terſchie-
den.

belanget, ſo iſt hier gar ein mercklicher Un-
terſcheid in verſchiedenen Staaten. Denn
da die Macht in dem Gelde, in der Armee,
die man halten kan, und in Vergebung der
Bedienungen hauptſaͤchlich beſtehet (§.
444), in einem reichen und bevoͤlckerten
Staate mehr Geld vorhanden als in einem
armen, und zugleich eine groͤſſere Armee
unterhalten werden kan, als wo es an Geld
und Volcke fehlet, uͤber dieſes in einem rei-
chen und bevoͤlckerten Staate die Bedie-
nungen wichtiger ſind, als in einem andern

wo
H h 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0503" n="485"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und Gewalt der Obrigkeit.</hi></fw><lb/>
gewinnen dadurch die benachbarte Staate<lb/>
nichts, daß er mit ihnen den Krieg auf vor-<lb/>
hergehende Einwilligung der Sta&#x0364;nde ange-<lb/>
fangen. Wollte man gleich &#x017F;agen, daß<lb/>
benachbahrte Staate die Sta&#x0364;nde be&#x017F;techen<lb/>
ko&#x0364;nnten, damit &#x017F;ie nicht in den Krieg wil-<lb/>
ligten; &#x017F;o i&#x017F;t eben die&#x017F;es zu be&#x017F;orgen, wo<lb/>
der Ko&#x0364;nig ohne Einwilligung der Sta&#x0364;nde<lb/>
Kriege anfangen darf. Denn er hat doch<lb/>
&#x017F;eine Ra&#x0364;the, mit denen er die Sache u&#x0364;ber-<lb/>
leget, und die&#x017F;e ko&#x0364;nnen noch leichter, als<lb/>
die Sta&#x0364;nde be&#x017F;tochen werden, weil o&#x0364;ffters<lb/>
nur einer i&#x017F;t, der bey einem Herrn viel zu<lb/>
&#x017F;agen hat, dahingegen einer von den Sta&#x0364;n-<lb/>
den &#x017F;o viel zu &#x017F;prechen hat, als der andere,<lb/>
auch es hierauf die Anzahl derer, die mit<lb/>
einander einig &#x017F;ind, lediglich ankommet<lb/>
(§. 440).</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 458.</head>
              <p>Was nun ferner die Macht an-<note place="right">Wie die<lb/>
Staate<lb/>
und Ko&#x0364;-<lb/>
nige der<lb/>
Macht<lb/>
nach un-<lb/>
ter&#x017F;chie-<lb/>
den.</note><lb/>
belanget, &#x017F;o i&#x017F;t hier gar ein mercklicher Un-<lb/>
ter&#x017F;cheid in ver&#x017F;chiedenen Staaten. Denn<lb/>
da die Macht in dem Gelde, in der Armee,<lb/>
die man halten kan, und in Vergebung der<lb/>
Bedienungen haupt&#x017F;a&#x0364;chlich be&#x017F;tehet (§.<lb/>
444), in einem reichen und bevo&#x0364;lckerten<lb/>
Staate mehr Geld vorhanden als in einem<lb/>
armen, und zugleich eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Armee<lb/>
unterhalten werden kan, als wo es an Geld<lb/>
und Volcke fehlet, u&#x0364;ber die&#x017F;es in einem rei-<lb/>
chen und bevo&#x0364;lckerten Staate die Bedie-<lb/>
nungen wichtiger &#x017F;ind, als in einem andern<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wo</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[485/0503] und Gewalt der Obrigkeit. gewinnen dadurch die benachbarte Staate nichts, daß er mit ihnen den Krieg auf vor- hergehende Einwilligung der Staͤnde ange- fangen. Wollte man gleich ſagen, daß benachbahrte Staate die Staͤnde beſtechen koͤnnten, damit ſie nicht in den Krieg wil- ligten; ſo iſt eben dieſes zu beſorgen, wo der Koͤnig ohne Einwilligung der Staͤnde Kriege anfangen darf. Denn er hat doch ſeine Raͤthe, mit denen er die Sache uͤber- leget, und dieſe koͤnnen noch leichter, als die Staͤnde beſtochen werden, weil oͤffters nur einer iſt, der bey einem Herrn viel zu ſagen hat, dahingegen einer von den Staͤn- den ſo viel zu ſprechen hat, als der andere, auch es hierauf die Anzahl derer, die mit einander einig ſind, lediglich ankommet (§. 440). §. 458.Was nun ferner die Macht an- belanget, ſo iſt hier gar ein mercklicher Un- terſcheid in verſchiedenen Staaten. Denn da die Macht in dem Gelde, in der Armee, die man halten kan, und in Vergebung der Bedienungen hauptſaͤchlich beſtehet (§. 444), in einem reichen und bevoͤlckerten Staate mehr Geld vorhanden als in einem armen, und zugleich eine groͤſſere Armee unterhalten werden kan, als wo es an Geld und Volcke fehlet, uͤber dieſes in einem rei- chen und bevoͤlckerten Staate die Bedie- nungen wichtiger ſind, als in einem andern wo Wie die Staate und Koͤ- nige der Macht nach un- terſchie- den. H h 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/503
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/503>, abgerufen am 22.11.2024.