Macht aber eines Staates in vielen und reichen Unterthanen bestehet: so hat auch ein Staat und das Oberhaupt in demsel- den ein grosses Ansehen bey Auswärtigen, wenn viele und reiche, und hauptsächlich, wenn reiche Jnnwohner darinnen sind; hingegen wird ein Staat geringe geschä- tzet, der wenige und dürfftige, oder auch viele und dürfftige Jnnwohner hat. Wer demnach einen Staat bevölckert und be- reichert, der bringet ihn und den Landes- Herrn bey auswärtigen in Ansehen.
Wer die Majestät beleidi- get.
§. 461.
Die Majestät bestehet in der Macht und Gewalt eines Staates, sie mag entweder bey dem Staate allein verbleiben, oder der Obrigkeit gantz, oder zum Theil übergeben werden (§. 452). Wer dem- nach wieder diese Macht und Gewalt etwas unternimmet, der handelt wie- der die Majestät und folgends, da er hier- unter seiner Pflicht zuwieder handelt (§. 221. Mor.), indem er der Obrigkeit unter- than seyn sol, weil sie Gewalt (§. 435), und daher auch Macht (§. 443) über ihn hat, wird die Majestät von ihm beleidi- get (§. 817. Mor.). Da nun ein König eben dadurch ein König ist, weil er die Majestät, das ist die höchste Macht und Gewalt, entweder gantz, oder doch grö- sten Theiles hat (§. 453); so wird seine Ma- jestät beleidiget, wenn man etwas seiner
Macht
Cap. 5. Von der Macht
Macht aber eines Staates in vielen und reichen Unterthanen beſtehet: ſo hat auch ein Staat und das Oberhaupt in demſel- den ein groſſes Anſehen bey Auswaͤrtigen, wenn viele und reiche, und hauptſaͤchlich, wenn reiche Jnnwohner darinnen ſind; hingegen wird ein Staat geringe geſchaͤ- tzet, der wenige und duͤrfftige, oder auch viele und duͤrfftige Jnnwohner hat. Wer demnach einen Staat bevoͤlckert und be- reichert, der bringet ihn und den Landes- Herrn bey auswaͤrtigen in Anſehen.
Wer die Majeſtaͤt beleidi- get.
§. 461.
Die Majeſtaͤt beſtehet in der Macht und Gewalt eines Staates, ſie mag entweder bey dem Staate allein verbleiben, oder der Obrigkeit gantz, oder zum Theil uͤbergeben werden (§. 452). Wer dem- nach wieder dieſe Macht und Gewalt etwas unternimmet, der handelt wie- der die Majeſtaͤt und folgends, da er hier- unter ſeiner Pflicht zuwieder handelt (§. 221. Mor.), indem er der Obrigkeit unter- than ſeyn ſol, weil ſie Gewalt (§. 435), und daher auch Macht (§. 443) uͤber ihn hat, wird die Majeſtaͤt von ihm beleidi- get (§. 817. Mor.). Da nun ein Koͤnig eben dadurch ein Koͤnig iſt, weil er die Majeſtaͤt, das iſt die hoͤchſte Macht und Gewalt, entweder gantz, oder doch groͤ- ſten Theiles hat (§. 453); ſo wird ſeine Ma- jeſtaͤt beleidiget, wenn man etwas ſeiner
Macht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0506"n="488"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Cap. 5. Von der Macht</hi></fw><lb/>
Macht aber eines Staates in vielen und<lb/>
reichen Unterthanen beſtehet: ſo hat auch<lb/>
ein Staat und das Oberhaupt in demſel-<lb/>
den ein groſſes Anſehen bey Auswaͤrtigen,<lb/>
wenn viele und reiche, und hauptſaͤchlich,<lb/>
wenn reiche Jnnwohner darinnen ſind;<lb/>
hingegen wird ein Staat geringe geſchaͤ-<lb/>
tzet, der wenige und duͤrfftige, oder auch<lb/>
viele und duͤrfftige Jnnwohner hat. Wer<lb/>
demnach einen Staat bevoͤlckert und be-<lb/>
reichert, der bringet ihn und den Landes-<lb/>
Herrn bey auswaͤrtigen in Anſehen.</p><lb/><noteplace="left">Wer die<lb/>
Majeſtaͤt<lb/>
beleidi-<lb/>
get.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 461.</head><p>Die Majeſtaͤt beſtehet in der<lb/>
Macht und Gewalt eines Staates, ſie mag<lb/>
entweder bey dem Staate allein verbleiben,<lb/>
oder der Obrigkeit gantz, oder zum Theil<lb/>
uͤbergeben werden (§. 452). Wer dem-<lb/>
nach wieder dieſe Macht und Gewalt<lb/>
etwas unternimmet, der handelt wie-<lb/>
der die Majeſtaͤt und folgends, da er hier-<lb/>
unter ſeiner Pflicht zuwieder handelt (§.<lb/>
221. <hirendition="#aq">Mor.</hi>), indem er der Obrigkeit unter-<lb/>
than ſeyn ſol, weil ſie Gewalt (§. 435),<lb/>
und daher auch Macht (§. 443) uͤber ihn<lb/>
hat, wird die Majeſtaͤt von ihm beleidi-<lb/>
get (§. 817. <hirendition="#aq">Mor.</hi>). Da nun ein Koͤnig<lb/>
eben dadurch ein Koͤnig iſt, weil er die<lb/>
Majeſtaͤt, das iſt die hoͤchſte Macht und<lb/>
Gewalt, entweder gantz, oder doch groͤ-<lb/>ſten Theiles hat (§. 453); ſo wird ſeine Ma-<lb/>
jeſtaͤt beleidiget, wenn man etwas ſeiner<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Macht</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[488/0506]
Cap. 5. Von der Macht
Macht aber eines Staates in vielen und
reichen Unterthanen beſtehet: ſo hat auch
ein Staat und das Oberhaupt in demſel-
den ein groſſes Anſehen bey Auswaͤrtigen,
wenn viele und reiche, und hauptſaͤchlich,
wenn reiche Jnnwohner darinnen ſind;
hingegen wird ein Staat geringe geſchaͤ-
tzet, der wenige und duͤrfftige, oder auch
viele und duͤrfftige Jnnwohner hat. Wer
demnach einen Staat bevoͤlckert und be-
reichert, der bringet ihn und den Landes-
Herrn bey auswaͤrtigen in Anſehen.
§. 461.Die Majeſtaͤt beſtehet in der
Macht und Gewalt eines Staates, ſie mag
entweder bey dem Staate allein verbleiben,
oder der Obrigkeit gantz, oder zum Theil
uͤbergeben werden (§. 452). Wer dem-
nach wieder dieſe Macht und Gewalt
etwas unternimmet, der handelt wie-
der die Majeſtaͤt und folgends, da er hier-
unter ſeiner Pflicht zuwieder handelt (§.
221. Mor.), indem er der Obrigkeit unter-
than ſeyn ſol, weil ſie Gewalt (§. 435),
und daher auch Macht (§. 443) uͤber ihn
hat, wird die Majeſtaͤt von ihm beleidi-
get (§. 817. Mor.). Da nun ein Koͤnig
eben dadurch ein Koͤnig iſt, weil er die
Majeſtaͤt, das iſt die hoͤchſte Macht und
Gewalt, entweder gantz, oder doch groͤ-
ſten Theiles hat (§. 453); ſo wird ſeine Ma-
jeſtaͤt beleidiget, wenn man etwas ſeiner
Macht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/506>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.