Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 6. Von der Regierung in besondern Fällen viel zu erwegen, eheman urtheilen kan, ob dadurch dem Lan- de geholffen werde, wenn man nicht ver- statten wil, daß die Landes-Kinder auf auswärtige Universitäten reisen sollen. Will man sie nur auf gewisse Zeit an die einheimische Universitat binden; so wer- den sie nach diesem länger auf Universitä- ten bleiben, als sonst nöthig wäre, und doch das Geld aus dem Lande tragen, was sie sonst ausser demselben verzehret hätten, auch wenn kein Verboth wäre da gewe- sen, sondern man einem jeden verstattet hätte nach seinem Gefallen auf eine Uni- versität zu reisen und nach seinem Gutbe- finden sich daselbst zu verweilen. Das be- ste Mittel, daß durch das studiren nicht zu viel Geld aus dem Lande kommet, ist die- ses, wenn die Kinder so erzogen werden, daß sie mit dem Gelde wohl umbzugehen wissen, und nicht durch unnützen Pracht, noch verderbliche Wollust dasselbe wo nicht liederlich, doch unverantwortlich durch- bringen. Das wenigste wird auf Univer- sitäten auf das studiren und die dabey er- forderte Nothdurfft des Leibes gewandt: das meiste gehet auf übermäßigen Pracht und verderbliche Schwelgereyen auf. Zu dieser Auferziehung aber können nicht allein die Eltern vieles beytragen (§. 109); son- dern auch die Lehrer auf den Schulen, wenn man
Cap. 6. Von der Regierung in beſondern Faͤllen viel zu erwegen, eheman urtheilen kan, ob dadurch dem Lan- de geholffen werde, wenn man nicht ver- ſtatten wil, daß die Landes-Kinder auf auswaͤrtige Univerſitaͤten reiſen ſollen. Will man ſie nur auf gewiſſe Zeit an die einheimiſche Univerſitat binden; ſo wer- den ſie nach dieſem laͤnger auf Univerſitaͤ- ten bleiben, als ſonſt noͤthig waͤre, und doch das Geld aus dem Lande tragen, was ſie ſonſt auſſer demſelben verzehret haͤtten, auch wenn kein Verboth waͤre da gewe- ſen, ſondern man einem jeden verſtattet haͤtte nach ſeinem Gefallen auf eine Uni- verſitaͤt zu reiſen und nach ſeinem Gutbe- finden ſich daſelbſt zu verweilen. Das be- ſte Mittel, daß durch das ſtudiren nicht zu viel Geld aus dem Lande kommet, iſt die- ſes, wenn die Kinder ſo erzogen werden, daß ſie mit dem Gelde wohl umbzugehen wiſſen, und nicht durch unnuͤtzen Pracht, noch verderbliche Wolluſt daſſelbe wo nicht liederlich, doch unverantwortlich durch- bringen. Das wenigſte wird auf Univer- ſitaͤten auf das ſtudiren und die dabey er- forderte Nothdurfft des Leibes gewandt: das meiſte gehet auf uͤbermaͤßigen Pracht und verderbliche Schwelgereyen auf. Zu dieſer Auferziehung aber koͤnnen nicht allein die Eltern vieles beytragen (§. 109); ſon- dern auch die Lehrer auf den Schulen, wenn man
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Cap. 6. Von der Regierung
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man urtheilen kan, ob dadurch dem Lan-
de geholffen werde, wenn man nicht ver-
ſtatten wil, daß die Landes-Kinder auf
auswaͤrtige Univerſitaͤten reiſen ſollen.
Will man ſie nur auf gewiſſe Zeit an die
einheimiſche Univerſitat binden; ſo wer-
den ſie nach dieſem laͤnger auf Univerſitaͤ-
ten bleiben, als ſonſt noͤthig waͤre, und
doch das Geld aus dem Lande tragen, was
ſie ſonſt auſſer demſelben verzehret haͤtten,
auch wenn kein Verboth waͤre da gewe-
ſen, ſondern man einem jeden verſtattet
haͤtte nach ſeinem Gefallen auf eine Uni-
verſitaͤt zu reiſen und nach ſeinem Gutbe-
finden ſich daſelbſt zu verweilen. Das be-
ſte Mittel, daß durch das ſtudiren nicht zu
viel Geld aus dem Lande kommet, iſt die-
ſes, wenn die Kinder ſo erzogen werden,
daß ſie mit dem Gelde wohl umbzugehen
wiſſen, und nicht durch unnuͤtzen Pracht,
noch verderbliche Wolluſt daſſelbe wo nicht
liederlich, doch unverantwortlich durch-
bringen. Das wenigſte wird auf Univer-
ſitaͤten auf das ſtudiren und die dabey er-
forderte Nothdurfft des Leibes gewandt:
das meiſte gehet auf uͤbermaͤßigen Pracht
und verderbliche Schwelgereyen auf. Zu
dieſer Auferziehung aber koͤnnen nicht allein
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