Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.der hohen Landes-Obrigkeit. dieses sind die Gaben nicht allezeit so auf-geleget, daß sie nach Proportion des Ver- mögens abgetragen würden, und daher be- kommet bey vielen Einrichtungen der Lan- des. Herr weniger, wenn das Geld bey einigen wenigen sich bey einander befindet, als wenn es unter viele in guter Propor- tion vertheilet. Und also bleibet es wohl dabey, daß es einem Staate vorträglich sey, wenn auch im Lande das Geld, wel- ches darinnen vorhanden ist, wohl rouli- ret. Nun ist wohl wahr, wie ich schon erinnert, daß diese Materie zur Zeit noch wenig erwogen worden: unterdessen will ich, so viel sich hier thun lässet, untersu- chen, worauf es eigentlich ankom- met. Für allen Dingen siehet ein jeder gleich vor sich selbst, daß, woferne das Geld rouliren soll, man nicht verstatten kan, daß vieles Geld bey einigen müßig im Ka- sten liege. Denn ob dadurch das Land gleich nicht ärmer wird, so werden doch viele von denen Unterthanen unvermögend ihre Handthierungen und Gewerbe zu trei- ben, und müssen sich deswegen armseeli- ger behelffen: woraus denn ferner folget, daß der Aufgang abnimmet und die Hand- lung geschwächet wird. Und kommen dadurch die Commercien in Abnahme, als welche zum Verlage viel Geld erfor- dern, und nach dem Abgange der Wah- ren O o 4
der hohen Landes-Obrigkeit. dieſes ſind die Gaben nicht allezeit ſo auf-geleget, daß ſie nach Proportion des Ver- moͤgens abgetragen wuͤrden, und daher be- kommet bey vielen Einrichtungen der Lan- des. Herr weniger, wenn das Geld bey einigen wenigen ſich bey einander befindet, als wenn es unter viele in guter Propor- tion vertheilet. Und alſo bleibet es wohl dabey, daß es einem Staate vortraͤglich ſey, wenn auch im Lande das Geld, wel- ches darinnen vorhanden iſt, wohl rouli- ret. Nun iſt wohl wahr, wie ich ſchon erinnert, daß dieſe Materie zur Zeit noch wenig erwogen worden: unterdeſſen will ich, ſo viel ſich hier thun laͤſſet, unterſu- chen, worauf es eigentlich ankom- met. Fuͤr allen Dingen ſiehet ein jeder gleich vor ſich ſelbſt, daß, woferne das Geld rouliren ſoll, man nicht verſtatten kan, daß vieles Geld bey einigen muͤßig im Ka- ſten liege. Denn ob dadurch das Land gleich nicht aͤrmer wird, ſo werden doch viele von denen Unterthanen unvermoͤgend ihre Handthierungen und Gewerbe zu trei- ben, und muͤſſen ſich deswegen armſeeli- ger behelffen: woraus denn ferner folget, daß der Aufgang abnimmet und die Hand- lung geſchwaͤchet wird. Und kommen dadurch die Commercien in Abnahme, als welche zum Verlage viel Geld erfor- dern, und nach dem Abgange der Wah- ren O o 4
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der hohen Landes-Obrigkeit.
dieſes ſind die Gaben nicht allezeit ſo auf-
geleget, daß ſie nach Proportion des Ver-
moͤgens abgetragen wuͤrden, und daher be-
kommet bey vielen Einrichtungen der Lan-
des. Herr weniger, wenn das Geld bey
einigen wenigen ſich bey einander befindet,
als wenn es unter viele in guter Propor-
tion vertheilet. Und alſo bleibet es wohl
dabey, daß es einem Staate vortraͤglich
ſey, wenn auch im Lande das Geld, wel-
ches darinnen vorhanden iſt, wohl rouli-
ret. Nun iſt wohl wahr, wie ich ſchon
erinnert, daß dieſe Materie zur Zeit noch
wenig erwogen worden: unterdeſſen will
ich, ſo viel ſich hier thun laͤſſet, unterſu-
chen, worauf es eigentlich ankom-
met. Fuͤr allen Dingen ſiehet ein jeder
gleich vor ſich ſelbſt, daß, woferne das Geld
rouliren ſoll, man nicht verſtatten kan,
daß vieles Geld bey einigen muͤßig im Ka-
ſten liege. Denn ob dadurch das Land
gleich nicht aͤrmer wird, ſo werden doch
viele von denen Unterthanen unvermoͤgend
ihre Handthierungen und Gewerbe zu trei-
ben, und muͤſſen ſich deswegen armſeeli-
ger behelffen: woraus denn ferner folget,
daß der Aufgang abnimmet und die Hand-
lung geſchwaͤchet wird. Und kommen
dadurch die Commercien in Abnahme,
als welche zum Verlage viel Geld erfor-
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