Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Kriege. chen, was wir durch einen kleineren er-halten können. (§. 866. Mor.) Da nun die grossen Herren und Staaten in der natürlichen Freyheit leben und sich wie einzele Personen gegen einander ver- halten, wie schon öffters angeführet worden; so sind auch sie verbunden al- le Mittel zu gebrauchen, die sie zu Ab- wendung des Schadens, den ihnen aus- wärtige Feinde zufügen wollen, nöthig befinden; jedoch müssen auch sie, so- viel ihnen möglich ist, darauf sehen, daß sie nicht durch einen grösseren Schaden zu erhalten suchen, was sie durch einen kleineren erhalten können. Und eben hier- aus erhellet zugleich, daß sie nicht gehal- ten sind Krieg anzufangen, wenn sie ent- weder durch nachdrückliche Vorstellun- gen, die sie durch ihre Abgesandten kön- nen thun lassen, oder durch Repressa- lien, oder durch Vermittelung anderer Potentaten die zwischen ihnen schweben- de Streitigkeiten entscheiden können (§. 499). Wenn aber kein anderer Weg übrig ist als der Krieg; so siehet man doch ferner daraus, daß man nicht meh- rere Thätlichkeit ausüben darf, als den hochmüthigen und trotzenden Feind zu- bändigen nöthig ist. Wenn man also den Feind in den Stand bringen könnte, daß Q q 2
Kriege. chen, was wir durch einen kleineren er-halten koͤnnen. (§. 866. Mor.) Da nun die groſſen Herren und Staaten in der natuͤrlichen Freyheit leben und ſich wie einzele Perſonen gegen einander ver- halten, wie ſchon oͤffters angefuͤhret worden; ſo ſind auch ſie verbunden al- le Mittel zu gebrauchen, die ſie zu Ab- wendung des Schadens, den ihnen aus- waͤrtige Feinde zufuͤgen wollen, noͤthig befinden; jedoch muͤſſen auch ſie, ſo- viel ihnen moͤglich iſt, darauf ſehen, daß ſie nicht durch einen groͤſſeren Schaden zu erhalten ſuchen, was ſie durch einen kleineren erhalten koͤnnen. Und eben hier- aus erhellet zugleich, daß ſie nicht gehal- ten ſind Krieg anzufangen, wenn ſie ent- weder durch nachdruͤckliche Vorſtellun- gen, die ſie durch ihre Abgeſandten koͤn- nen thun laſſen, oder durch Repreſſa- lien, oder durch Vermittelung anderer Potentaten die zwiſchen ihnen ſchweben- de Streitigkeiten entſcheiden koͤnnen (§. 499). Wenn aber kein anderer Weg uͤbrig iſt als der Krieg; ſo ſiehet man doch ferner daraus, daß man nicht meh- rere Thaͤtlichkeit ausuͤben darf, als den hochmuͤthigen und trotzenden Feind zu- baͤndigen noͤthig iſt. Wenn man alſo den Feind in den Stand bringen koͤnnte, daß Q q 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0629" n="611"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kriege.</hi></fw><lb/> chen, was wir durch einen kleineren er-<lb/> halten koͤnnen. (§. 866. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>) Da<lb/> nun die groſſen Herren und Staaten in<lb/> der natuͤrlichen Freyheit leben und ſich<lb/> wie einzele Perſonen gegen einander ver-<lb/> halten, wie ſchon oͤffters angefuͤhret<lb/> worden; ſo ſind auch ſie verbunden al-<lb/> le Mittel zu gebrauchen, die ſie zu Ab-<lb/> wendung des Schadens, den ihnen aus-<lb/> waͤrtige Feinde zufuͤgen wollen, noͤthig<lb/> befinden; jedoch muͤſſen auch ſie, ſo-<lb/> viel ihnen moͤglich iſt, darauf ſehen, daß<lb/> ſie nicht durch einen groͤſſeren Schaden<lb/> zu erhalten ſuchen, was ſie durch einen<lb/> kleineren erhalten koͤnnen. Und eben hier-<lb/> aus erhellet zugleich, daß ſie nicht gehal-<lb/> ten ſind Krieg anzufangen, wenn ſie ent-<lb/> weder durch nachdruͤckliche Vorſtellun-<lb/> gen, die ſie durch ihre Abgeſandten koͤn-<lb/> nen thun laſſen, oder durch <hi rendition="#aq">Repreſſa-<lb/> li</hi>en, oder durch Vermittelung anderer<lb/> Potentaten die zwiſchen ihnen ſchweben-<lb/> de Streitigkeiten entſcheiden koͤnnen (§.<lb/> 499). Wenn aber kein anderer Weg<lb/> uͤbrig iſt als der Krieg; ſo ſiehet man<lb/> doch ferner daraus, daß man nicht meh-<lb/> rere Thaͤtlichkeit ausuͤben darf, als den<lb/> hochmuͤthigen und trotzenden Feind zu-<lb/> baͤndigen noͤthig iſt. Wenn man alſo<lb/> den Feind in den Stand bringen koͤnnte,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Q q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [611/0629]
Kriege.
chen, was wir durch einen kleineren er-
halten koͤnnen. (§. 866. Mor.) Da
nun die groſſen Herren und Staaten in
der natuͤrlichen Freyheit leben und ſich
wie einzele Perſonen gegen einander ver-
halten, wie ſchon oͤffters angefuͤhret
worden; ſo ſind auch ſie verbunden al-
le Mittel zu gebrauchen, die ſie zu Ab-
wendung des Schadens, den ihnen aus-
waͤrtige Feinde zufuͤgen wollen, noͤthig
befinden; jedoch muͤſſen auch ſie, ſo-
viel ihnen moͤglich iſt, darauf ſehen, daß
ſie nicht durch einen groͤſſeren Schaden
zu erhalten ſuchen, was ſie durch einen
kleineren erhalten koͤnnen. Und eben hier-
aus erhellet zugleich, daß ſie nicht gehal-
ten ſind Krieg anzufangen, wenn ſie ent-
weder durch nachdruͤckliche Vorſtellun-
gen, die ſie durch ihre Abgeſandten koͤn-
nen thun laſſen, oder durch Repreſſa-
lien, oder durch Vermittelung anderer
Potentaten die zwiſchen ihnen ſchweben-
de Streitigkeiten entſcheiden koͤnnen (§.
499). Wenn aber kein anderer Weg
uͤbrig iſt als der Krieg; ſo ſiehet man
doch ferner daraus, daß man nicht meh-
rere Thaͤtlichkeit ausuͤben darf, als den
hochmuͤthigen und trotzenden Feind zu-
baͤndigen noͤthig iſt. Wenn man alſo
den Feind in den Stand bringen koͤnnte,
daß
Q q 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |