Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 2. Von dem Ehestande. men seyn; so sol er durch diese Vorstellungsich zur Bescheidenheit, wie vorhin das Weib (§. 59) zum willigen Gehorsam an- treiben lassen. Wenn das Weib sich leicht etwas zu Gemüthe ziehet; so erfordert die Liebe (§. 449 Met.), daß man von der Härte abstehet und ihr nicht ohne Noth Traurigkeit und Gram verursachet, auch dadurch ihr Gemüthe von sich entfernet. Wenn ein Weib dem Manne wohl zu rathe hält, was er erwirbet; so ist es eben soviel, als wenn sie ihm etwas erwürbe, oder er von ihrem eingebrachten Vermögen eine Nutzung zu genießen hätte. Und also ist dieser Bewegungs-Grund dem vorigen gleich, da man auf den glücklichen Zustand gesehen, in welchem der Mann durch das Weib ge- setzet worden. Mit einem Worte sowohl der Mann hat auf alle Gaben des Gemü- thes, des Leibes und des Glückes bey dem Weibe, als auch hinwiederum das Weib bey dem Manne zu sehen, und beyde haben zu überlegen, was sie dadurch für Vor- theil in ihrem Ehestande ziehen, so werden sie besondere Bewegungs-Gründe zu ei- ner aufrichtigen Liebe gegen einander gar bald finden, und dadurch zu einem solchen Bezeigen gegen einander bewogen werden, wie von beyden Seiten erfordert wird. nigkeit in Ehe- §. 62. Bey dergleichen Aufführung des wird
Cap. 2. Von dem Eheſtande. men ſeyn; ſo ſol er durch dieſe Vorſtellungſich zur Beſcheidenheit, wie vorhin das Weib (§. 59) zum willigen Gehorſam an- treiben laſſen. Wenn das Weib ſich leicht etwas zu Gemuͤthe ziehet; ſo erfordert die Liebe (§. 449 Met.), daß man von der Haͤrte abſtehet und ihr nicht ohne Noth Traurigkeit und Gram verurſachet, auch dadurch ihr Gemuͤthe von ſich entfernet. Wenn ein Weib dem Manne wohl zu rathe haͤlt, was er erwirbet; ſo iſt es eben ſoviel, als wenn ſie ihm etwas erwuͤrbe, oder er von ihrem eingebrachten Vermoͤgen eine Nutzung zu genießen haͤtte. Und alſo iſt dieſer Bewegungs-Grund dem vorigen gleich, da man auf den gluͤcklichen Zuſtand geſehen, in welchem der Mann durch das Weib ge- ſetzet worden. Mit einem Worte ſowohl der Mann hat auf alle Gaben des Gemuͤ- thes, des Leibes und des Gluͤckes bey dem Weibe, als auch hinwiederum das Weib bey dem Manne zu ſehen, und beyde haben zu uͤberlegen, was ſie dadurch fuͤr Vor- theil in ihrem Eheſtande ziehen, ſo werden ſie beſondere Bewegungs-Gruͤnde zu ei- ner aufrichtigen Liebe gegen einander gar bald finden, und dadurch zu einem ſolchen Bezeigen gegen einander bewogen werden, wie von beyden Seiten erfordert wird. nigkeit in Ehe- §. 62. Bey dergleichen Auffuͤhrung des wird
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Cap. 2. Von dem Eheſtande.
men ſeyn; ſo ſol er durch dieſe Vorſtellung
ſich zur Beſcheidenheit, wie vorhin das
Weib (§. 59) zum willigen Gehorſam an-
treiben laſſen. Wenn das Weib ſich leicht
etwas zu Gemuͤthe ziehet; ſo erfordert die
Liebe (§. 449 Met.), daß man von
der Haͤrte abſtehet und ihr nicht ohne Noth
Traurigkeit und Gram verurſachet, auch
dadurch ihr Gemuͤthe von ſich entfernet.
Wenn ein Weib dem Manne wohl zu rathe
haͤlt, was er erwirbet; ſo iſt es eben ſoviel,
als wenn ſie ihm etwas erwuͤrbe, oder er
von ihrem eingebrachten Vermoͤgen eine
Nutzung zu genießen haͤtte. Und alſo iſt dieſer
Bewegungs-Grund dem vorigen gleich, da
man auf den gluͤcklichen Zuſtand geſehen,
in welchem der Mann durch das Weib ge-
ſetzet worden. Mit einem Worte ſowohl
der Mann hat auf alle Gaben des Gemuͤ-
thes, des Leibes und des Gluͤckes bey dem
Weibe, als auch hinwiederum das Weib
bey dem Manne zu ſehen, und beyde haben
zu uͤberlegen, was ſie dadurch fuͤr Vor-
theil in ihrem Eheſtande ziehen, ſo werden
ſie beſondere Bewegungs-Gruͤnde zu ei-
ner aufrichtigen Liebe gegen einander gar
bald finden, und dadurch zu einem ſolchen
Bezeigen gegen einander bewogen werden,
wie von beyden Seiten erfordert wird.
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