Das 3. Capitel, Von der Väterlichen Gesellschafft.
§. 80.
WEil die Eltern verbunden sind ih-Was die Vätorli- che Ge- sellschafft ist. re Kinder aufzuerziehen (§. 18.), das ist, so weit zu bringen, daß sie sich selbst versorgen und regieren können; so müssen auch die Kinder mit den El- tern in einer Gesellschafft leben (§. 2), wel- che man die Väterliche genennet. Und also ist die Väterliche Gesellschafft eine Gesellschafft zwischen Eltern und Kindern, um ihrer Auferziehung willen.
§. 81.
Nehmlich weil die Kinder sichGrund der Pflichten der El- tern ge- gen die Kinder/ und der Kinder gegen die Eltern. nicht selbst versorgen und regieren können, so haben sie solches von andern zu fordern (§. 770 Mor.). Da nun aber kein Grund vorhanden, warum sie solches vielmehr von andern, als von ihren Eltern fordern sol- ten, wenn diese in dem Stande sind solches zuthun; so lieget auch den Eltern ob sie zu versorgen und zu regieren, biß sie dieses selbst zu thun vermögend werden. Und muß aus diesem Grunde alles beurtheilet werden, was die Eltern den Kindern, und hinwiederum die Kinder den Eltern schuldig sind.
§. 82.
Damit man nun besser diesenEs wird ausführ- Grund einsehen, und die nöthigen Pflichten
der
D 4
Cap. 3. Von der Vaͤterl. Geſellſch.
Das 3. Capitel, Von der Vaͤterlichen Geſellſchafft.
§. 80.
WEil die Eltern verbunden ſind ih-Was die Vaͤtorli- che Ge- ſellſchafft iſt. re Kinder aufzuerziehen (§. 18.), das iſt, ſo weit zu bringen, daß ſie ſich ſelbſt verſorgen und regieren koͤnnen; ſo muͤſſen auch die Kinder mit den El- tern in einer Geſellſchafft leben (§. 2), wel- che man die Vaͤterliche genennet. Und alſo iſt die Vaͤterliche Geſellſchafft eine Geſellſchafft zwiſchen Eltern und Kindern, um ihrer Auferziehung willen.
§. 81.
Nehmlich weil die Kinder ſichGrund der Pflichten der El- tern ge- gen die Kinder/ und der Kinder gegen die Eltern. nicht ſelbſt verſorgen und regieren koͤnnen, ſo haben ſie ſolches von andern zu fordern (§. 770 Mor.). Da nun aber kein Grund vorhanden, warum ſie ſolches vielmehr von andern, als von ihren Eltern fordern ſol- ten, wenn dieſe in dem Stande ſind ſolches zuthun; ſo lieget auch den Eltern ob ſie zu verſorgen und zu regieren, biß ſie dieſes ſelbſt zu thun vermoͤgend werden. Und muß aus dieſem Grunde alles beurtheilet werden, was die Eltern den Kindern, und hinwiederum die Kinder den Eltern ſchuldig ſind.
§. 82.
Damit man nun beſſer dieſenEs wird ausfuͤhr- Grund einſehen, und die noͤthigen Pflichten
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Cap. 3. Von der Vaͤterl. Geſellſch.
Das 3. Capitel,
Von der Vaͤterlichen
Geſellſchafft.
§. 80.
WEil die Eltern verbunden ſind ih-
re Kinder aufzuerziehen (§. 18.),
das iſt, ſo weit zu bringen, daß
ſie ſich ſelbſt verſorgen und regieren koͤnnen;
ſo muͤſſen auch die Kinder mit den El-
tern in einer Geſellſchafft leben (§. 2), wel-
che man die Vaͤterliche genennet. Und
alſo iſt die Vaͤterliche Geſellſchafft eine
Geſellſchafft zwiſchen Eltern und Kindern,
um ihrer Auferziehung willen.
Was die
Vaͤtorli-
che Ge-
ſellſchafft
iſt.
§. 81.Nehmlich weil die Kinder ſich
nicht ſelbſt verſorgen und regieren koͤnnen,
ſo haben ſie ſolches von andern zu fordern
(§. 770 Mor.). Da nun aber kein Grund
vorhanden, warum ſie ſolches vielmehr von
andern, als von ihren Eltern fordern ſol-
ten, wenn dieſe in dem Stande ſind ſolches
zuthun; ſo lieget auch den Eltern ob ſie zu
verſorgen und zu regieren, biß ſie dieſes
ſelbſt zu thun vermoͤgend werden. Und
muß aus dieſem Grunde alles beurtheilet
werden, was die Eltern den Kindern, und
hinwiederum die Kinder den Eltern ſchuldig
ſind.
Grund
der
Pflichten
der El-
tern ge-
gen die
Kinder/
und der
Kinder
gegen die
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§. 82.Damit man nun beſſer dieſen
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/73>, abgerufen am 24.11.2024.
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