Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Väterlichen Gesellschafft.
gen. Zu dem ersten werden die Kinder ge-
wöhnet, wenn man ihnen ein Ding lange
vorhält u. sie aufmuntert darauf zusehen, oder
sonst durch die übrigen Sinnen zubegreif-
fen, auch den Nahmen darbey vorsaget und
sie begierig machet denselben zuwissen, da-
mit sie bald selbst darnach fragen, wenn ih-
nen etwas vorkommet, dessen Nahme ih-
nen noch unbekand ist. Denn wenn sie von
der ersten Kindheit an sich gewöhnen auf das
zusehen, was ihnen vorkommet, nach dem
Nahmen desselben zu fragen und auf alle ih-
nen mögliche Weise durch die Sinnen zu-
begreiffen; so wird dieses bey ihnen zur Ge-
wohnheit, daß sie es in allen dergleichen
Fällen, da ihnen etwas vorkommet, wie-
derum thun (§. 238. 331. Met.). Sollen
sie nun auch zu dem andern gelangen, daß
sie nemlich gewohnen, eines nach dem an-
dern in einem Dinge besonders betrachten;
so muß man für allen Dingen dasjenige,
was man ihnen zeiget, nach und nach von
einer Seite nach der andern vorzeigen, und
sie aufmuntern darauf zu sehen, auch den
Nahmen dessen, was man verschiedenes
antrifft, dabey nennen. Hierdurch lernen
die Kinder unvermerckt, daß in einer Sa-
che verschiedenes vorkommet und man sie
nicht oben hin ansehen muß, wenn man sie
recht kennen wil. Darnach muß man sie
gewöhnen nach dem Nahmen aller Theile

zu

Vaͤterlichen Geſellſchafft.
gen. Zu dem erſten werden die Kinder ge-
woͤhnet, wenn man ihnen ein Ding lange
vorhaͤlt u. ſie aufmuntert darauf zuſehen, oder
ſonſt durch die uͤbrigen Sinnen zubegreif-
fen, auch den Nahmen darbey vorſaget und
ſie begierig machet denſelben zuwiſſen, da-
mit ſie bald ſelbſt darnach fragen, wenn ih-
nen etwas vorkommet, deſſen Nahme ih-
nen noch unbekand iſt. Denn wenn ſie von
der erſten Kindheit an ſich gewoͤhnen auf das
zuſehen, was ihnen vorkommet, nach dem
Nahmen deſſelben zu fragen und auf alle ih-
nen moͤgliche Weiſe durch die Sinnen zu-
begreiffen; ſo wird dieſes bey ihnen zur Ge-
wohnheit, daß ſie es in allen dergleichen
Faͤllen, da ihnen etwas vorkommet, wie-
derum thun (§. 238. 331. Met.). Sollen
ſie nun auch zu dem andern gelangen, daß
ſie nemlich gewohnen, eines nach dem an-
dern in einem Dinge beſonders betrachten;
ſo muß man fuͤr allen Dingen dasjenige,
was man ihnen zeiget, nach und nach von
einer Seite nach der andern vorzeigen, und
ſie aufmuntern darauf zu ſehen, auch den
Nahmen deſſen, was man verſchiedenes
antrifft, dabey nennen. Hierdurch lernen
die Kinder unvermerckt, daß in einer Sa-
che verſchiedenes vorkommet und man ſie
nicht oben hin anſehen muß, wenn man ſie
recht kennen wil. Darnach muß man ſie
gewoͤhnen nach dem Nahmen aller Theile

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0081" n="63"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Va&#x0364;terlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft.</hi></fw><lb/>
gen. Zu dem er&#x017F;ten werden die Kinder ge-<lb/>
wo&#x0364;hnet, wenn man ihnen ein Ding lange<lb/>
vorha&#x0364;lt u. &#x017F;ie aufmuntert darauf zu&#x017F;ehen, oder<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t durch die u&#x0364;brigen Sinnen zubegreif-<lb/>
fen, auch den Nahmen darbey vor&#x017F;aget und<lb/>
&#x017F;ie begierig machet den&#x017F;elben zuwi&#x017F;&#x017F;en, da-<lb/>
mit &#x017F;ie bald &#x017F;elb&#x017F;t darnach fragen, wenn ih-<lb/>
nen etwas vorkommet, de&#x017F;&#x017F;en Nahme ih-<lb/>
nen noch unbekand i&#x017F;t. Denn wenn &#x017F;ie von<lb/>
der er&#x017F;ten Kindheit an &#x017F;ich gewo&#x0364;hnen auf das<lb/>
zu&#x017F;ehen, was ihnen vorkommet, nach dem<lb/>
Nahmen de&#x017F;&#x017F;elben zu fragen und auf alle ih-<lb/>
nen mo&#x0364;gliche Wei&#x017F;e durch die Sinnen zu-<lb/>
begreiffen; &#x017F;o wird die&#x017F;es bey ihnen zur Ge-<lb/>
wohnheit, daß &#x017F;ie es in allen dergleichen<lb/>
Fa&#x0364;llen, da ihnen etwas vorkommet, wie-<lb/>
derum thun (§. 238. 331. <hi rendition="#aq">Met.</hi>). Sollen<lb/>
&#x017F;ie nun auch zu dem andern gelangen, daß<lb/>
&#x017F;ie nemlich gewohnen, eines nach dem an-<lb/>
dern in einem Dinge be&#x017F;onders betrachten;<lb/>
&#x017F;o muß man fu&#x0364;r allen Dingen dasjenige,<lb/>
was man ihnen zeiget, nach und nach von<lb/>
einer Seite nach der andern vorzeigen, und<lb/>
&#x017F;ie aufmuntern darauf zu &#x017F;ehen, auch den<lb/>
Nahmen de&#x017F;&#x017F;en, was man ver&#x017F;chiedenes<lb/>
antrifft, dabey nennen. Hierdurch lernen<lb/>
die Kinder unvermerckt, daß in einer Sa-<lb/>
che ver&#x017F;chiedenes vorkommet und man &#x017F;ie<lb/>
nicht oben hin an&#x017F;ehen muß, wenn man &#x017F;ie<lb/>
recht kennen wil. Darnach muß man &#x017F;ie<lb/>
gewo&#x0364;hnen nach dem Nahmen aller Theile<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0081] Vaͤterlichen Geſellſchafft. gen. Zu dem erſten werden die Kinder ge- woͤhnet, wenn man ihnen ein Ding lange vorhaͤlt u. ſie aufmuntert darauf zuſehen, oder ſonſt durch die uͤbrigen Sinnen zubegreif- fen, auch den Nahmen darbey vorſaget und ſie begierig machet denſelben zuwiſſen, da- mit ſie bald ſelbſt darnach fragen, wenn ih- nen etwas vorkommet, deſſen Nahme ih- nen noch unbekand iſt. Denn wenn ſie von der erſten Kindheit an ſich gewoͤhnen auf das zuſehen, was ihnen vorkommet, nach dem Nahmen deſſelben zu fragen und auf alle ih- nen moͤgliche Weiſe durch die Sinnen zu- begreiffen; ſo wird dieſes bey ihnen zur Ge- wohnheit, daß ſie es in allen dergleichen Faͤllen, da ihnen etwas vorkommet, wie- derum thun (§. 238. 331. Met.). Sollen ſie nun auch zu dem andern gelangen, daß ſie nemlich gewohnen, eines nach dem an- dern in einem Dinge beſonders betrachten; ſo muß man fuͤr allen Dingen dasjenige, was man ihnen zeiget, nach und nach von einer Seite nach der andern vorzeigen, und ſie aufmuntern darauf zu ſehen, auch den Nahmen deſſen, was man verſchiedenes antrifft, dabey nennen. Hierdurch lernen die Kinder unvermerckt, daß in einer Sa- che verſchiedenes vorkommet und man ſie nicht oben hin anſehen muß, wenn man ſie recht kennen wil. Darnach muß man ſie gewoͤhnen nach dem Nahmen aller Theile zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/81
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/81>, abgerufen am 24.11.2024.