Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. II. Von dem Unterscheide geben wollte, die gar keinen Grad der Dich-tigkeit hätte. Denn wenn man saget, eine Materie sey eben nicht dichte, so spricht man ihr nur einen Grad der Dichtig- tigkeit ab, die eine andere hat, und ist eben so viel als wenn man sagete, sie sey nicht so dichte, als eine andere. Unterdessen haben wir doch auch schon vorhin erinnert (§. 7) und werden es an seinem Orte weiter aus- führen, daß nicht alle Materie schweer sey. Es ist demnach zu mercken, daß wir die Dichtigkeit der Cörper bloß in denen Fäl- len durch die Schweere ermessen, wo ent- weder alle eigenthümliche Materie schweer ist und die fremde allein keine Schweere hat, oder, wo die eigenthümliche Materie, der die Schweere fehlet, in Ansehung der an- dern, die schweer ist, wenig oder gar nichts zubedeuten hat, dergestalt daß es in Anse- hung des Fleisses, den wir im Abwiegen erweisen können, eben so viel ist, als wenn sie gar nichtda wäre. Es gehen demnach dieje- nigen weiter als sie sollen, welche dieses in Beurtheilung der Dichtigkeit der Materie durch die Schweere nicht beobachten. Die Grösse der eigenthümlichen Materie wird durch die Grösse des Stosses beurtheilet, die ein Cörper in der Bewegung hat (§. 13) und darnach richtet sich auch die Dichtig- keit derselben. Bewegung aber findet auch stat, wo keine Schweere ist. Denn die Bewegung durch die Schweere ist bloß ei- ne
Cap. II. Von dem Unterſcheide geben wollte, die gar keinen Grad der Dich-tigkeit haͤtte. Denn wenn man ſaget, eine Materie ſey eben nicht dichte, ſo ſpricht man ihr nur einen Grad der Dichtig- tigkeit ab, die eine andere hat, und iſt eben ſo viel als wenn man ſagete, ſie ſey nicht ſo dichte, als eine andere. Unterdeſſen haben wir doch auch ſchon vorhin erinnert (§. 7) und werden es an ſeinem Orte weiter aus- fuͤhren, daß nicht alle Materie ſchweer ſey. Es iſt demnach zu mercken, daß wir die Dichtigkeit der Coͤrper bloß in denen Faͤl- len durch die Schweere ermeſſen, wo ent- weder alle eigenthuͤmliche Materie ſchweer iſt und die fremde allein keine Schweere hat, oder, wo die eigenthuͤmliche Materie, der die Schweere fehlet, in Anſehung der an- dern, die ſchweer iſt, wenig oder gar nichts zubedeuten hat, dergeſtalt daß es in Anſe- hung des Fleiſſes, den wir im Abwiegen erweiſen koͤnnen, eben ſo viel iſt, als wenn ſie gar nichtda waͤre. Es gehen demnach dieje- nigen weiter als ſie ſollen, welche dieſes in Beurtheilung der Dichtigkeit der Materie durch die Schweere nicht beobachten. Die Groͤſſe der eigenthuͤmlichen Materie wird durch die Groͤſſe des Stoſſes beurtheilet, die ein Coͤrper in der Bewegung hat (§. 13) und darnach richtet ſich auch die Dichtig- keit derſelben. Bewegung aber findet auch ſtat, wo keine Schweere iſt. Denn die Bewegung durch die Schweere iſt bloß ei- ne
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Cap. II. Von dem Unterſcheide
geben wollte, die gar keinen Grad der Dich-
tigkeit haͤtte. Denn wenn man ſaget, eine
Materie ſey eben nicht dichte, ſo ſpricht
man ihr nur einen Grad der Dichtig-
tigkeit ab, die eine andere hat, und iſt eben
ſo viel als wenn man ſagete, ſie ſey nicht ſo
dichte, als eine andere. Unterdeſſen haben
wir doch auch ſchon vorhin erinnert (§. 7)
und werden es an ſeinem Orte weiter aus-
fuͤhren, daß nicht alle Materie ſchweer ſey.
Es iſt demnach zu mercken, daß wir die
Dichtigkeit der Coͤrper bloß in denen Faͤl-
len durch die Schweere ermeſſen, wo ent-
weder alle eigenthuͤmliche Materie ſchweer
iſt und die fremde allein keine Schweere hat,
oder, wo die eigenthuͤmliche Materie, der
die Schweere fehlet, in Anſehung der an-
dern, die ſchweer iſt, wenig oder gar nichts
zubedeuten hat, dergeſtalt daß es in Anſe-
hung des Fleiſſes, den wir im Abwiegen
erweiſen koͤnnen, eben ſo viel iſt, als wenn ſie
gar nichtda waͤre. Es gehen demnach dieje-
nigen weiter als ſie ſollen, welche dieſes in
Beurtheilung der Dichtigkeit der Materie
durch die Schweere nicht beobachten. Die
Groͤſſe der eigenthuͤmlichen Materie wird
durch die Groͤſſe des Stoſſes beurtheilet,
die ein Coͤrper in der Bewegung hat (§. 13)
und darnach richtet ſich auch die Dichtig-
keit derſelben. Bewegung aber findet auch
ſtat, wo keine Schweere iſt. Denn die
Bewegung durch die Schweere iſt bloß ei-
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