wie vorhin. Die Unbeständigkeit im Re- den, welche von einem Jrrthume der Ein- bildungs-Krafft in Beurtheilung der Aehn- lichkeit ihren Ursprung hat, kan der Wahr- heit keinen Eintrag thun.
Wenn Cörper flüßig werden.
§. 55.
Wenn die fremde, oder auch die veränderliche Materie in einem Cörper in solcher Menge anzutreffen ist, daß die Thei- le der beständigen einander entweder gar nicht, oder doch nur etwas wenig berühren; so lassen sich auch seine Theile leicht von ein- ander stossen, und dann nennet man ihn flüßig. Es rühret demnach die Flüßigkeit einer Materie von einer veränderlichen, oder fremden Materie her, welche hindert, daß Theile, die sonst einander genau berühren und von fremder Materie zusammen getrie- ben werden, daß sie an einander hiengen (§. 37), nun nicht einander berühren, noch weniger an einander hangen können. Wir haben ein Exempel an dem Bleye. Wenn man es über das Feuer bringet, so wird es fliessend und bleibet so lange flüßig, als man es über dem Feuer in einerley Grade der Wärme erhält. Sobald man es aber wie- der von dem Feuer wegbringet und kalt wer- den lässet, ja wenn nur ein Theil der Wär- me weggehet; so wird es wieder stehend und hangen die Theile wie vorhin zusam- men. Hier ist klar, daß die Ursache, wa- rum das Bley flüßig wird, keine andere als
die
Cap. III. Von dem Unterſcheide
wie vorhin. Die Unbeſtaͤndigkeit im Re- den, welche von einem Jrrthume der Ein- bildungs-Krafft in Beurtheilung der Aehn- lichkeit ihren Urſprung hat, kan der Wahr- heit keinen Eintrag thun.
Wenn Coͤrper fluͤßig werden.
§. 55.
Wenn die fremde, oder auch die veraͤnderliche Materie in einem Coͤrper in ſolcher Menge anzutreffen iſt, daß die Thei- le der beſtaͤndigen einander entweder gar nicht, oder doch nur etwas wenig beruͤhren; ſo laſſen ſich auch ſeine Theile leicht von ein- ander ſtoſſen, und dann nennet man ihn fluͤßig. Es ruͤhret demnach die Fluͤßigkeit einer Materie von einer veraͤnderlichen, oder fremden Materie her, welche hindert, daß Theile, die ſonſt einander genau beruͤhren und von fremder Materie zuſammen getrie- ben werden, daß ſie an einander hiengen (§. 37), nun nicht einander beruͤhren, noch weniger an einander hangen koͤnnen. Wir haben ein Exempel an dem Bleye. Wenn man es uͤber das Feuer bringet, ſo wird es flieſſend und bleibet ſo lange fluͤßig, als man es uͤber dem Feuer in einerley Grade der Waͤrme erhaͤlt. Sobald man es aber wie- der von dem Feuer wegbringet und kalt wer- den laͤſſet, ja wenn nur ein Theil der Waͤr- me weggehet; ſo wird es wieder ſtehend und hangen die Theile wie vorhin zuſam- men. Hier iſt klar, daß die Urſache, wa- rum das Bley fluͤßig wird, keine andere als
die
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Cap. III. Von dem Unterſcheide
wie vorhin. Die Unbeſtaͤndigkeit im Re-
den, welche von einem Jrrthume der Ein-
bildungs-Krafft in Beurtheilung der Aehn-
lichkeit ihren Urſprung hat, kan der Wahr-
heit keinen Eintrag thun.
§. 55. Wenn die fremde, oder auch die
veraͤnderliche Materie in einem Coͤrper in
ſolcher Menge anzutreffen iſt, daß die Thei-
le der beſtaͤndigen einander entweder gar
nicht, oder doch nur etwas wenig beruͤhren;
ſo laſſen ſich auch ſeine Theile leicht von ein-
ander ſtoſſen, und dann nennet man ihn
fluͤßig. Es ruͤhret demnach die Fluͤßigkeit
einer Materie von einer veraͤnderlichen, oder
fremden Materie her, welche hindert, daß
Theile, die ſonſt einander genau beruͤhren
und von fremder Materie zuſammen getrie-
ben werden, daß ſie an einander hiengen
(§. 37), nun nicht einander beruͤhren, noch
weniger an einander hangen koͤnnen. Wir
haben ein Exempel an dem Bleye. Wenn
man es uͤber das Feuer bringet, ſo wird es
flieſſend und bleibet ſo lange fluͤßig, als man
es uͤber dem Feuer in einerley Grade der
Waͤrme erhaͤlt. Sobald man es aber wie-
der von dem Feuer wegbringet und kalt wer-
den laͤſſet, ja wenn nur ein Theil der Waͤr-
me weggehet; ſo wird es wieder ſtehend
und hangen die Theile wie vorhin zuſam-
men. Hier iſt klar, daß die Urſache, wa-
rum das Bley fluͤßig wird, keine andere als
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/120>, abgerufen am 21.11.2024.
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