fließt. Es ist wohl wahr, wenn Wasser oder Quecksilber durch eine enge Eröffnung heraus fließt; daß es sich wie ein Faden in ei- nem herunter ziehet; keinesweges aber Tropffenweise herunter fället. Allein es ist zumercken, daß in der That ein Tropffen nach dem andern herunter fället, welcher der Grösse der Eröffnung proportionirt ist: nur weil ein Tropffen geschwinde nach dem andern kommet, so gewinnet es das Anse- hen, als wenn alle unmittelbahr einander berühreten und daher in einem fortgiengen. Und hat es eben die Bewandnis, die es mit den flüßigen Materien hat, die sich Faden- Weise in einander hinauf und herunter zie- hen (§. 219. T. I. Exper.).
§ 61.
Wir brauchen auch nichts weiterWarumb flüßige Materi- en die Fi- gur des Bchält- nisses an sich neh- men. als daß die Theile flüßiger Materien nicht an einander hangen, sondern vielmehr von einander getrennet sind, wenn wir begreif- fen wollen, daß sie jederzeit die Figur des Behältnisses an sich nehmen, darinnen sie find. Denn wo die Theile nicht an einander hangen, da fallen sie zur Seite, bis ihnen Wiederstand geschiehet. Derowe- gen da ihnen nichts eher wiederstehet, als bis sie die innere Fläche des Behältnisses berühren, darinnen sie sind; so müssen sie sich auch bis daran ausbreiten. Weil sie nun sehr subtile sind, massen man sie auch nicht einmahl durch ein Vergrösserungs-
Glaß
wegen der veraͤnderlichen Materie.
fließt. Es iſt wohl wahr, wenn Waſſer oder Queckſilber durch eine enge Eroͤffnung heraus fließt; daß es ſich wie ein Faden in ei- nem herunter ziehet; keinesweges aber Tropffenweiſe herunter faͤllet. Allein es iſt zumercken, daß in der That ein Tropffen nach dem andern herunter faͤllet, welcher der Groͤſſe der Eroͤffnung proportionirt iſt: nur weil ein Tropffen geſchwinde nach dem andern kommet, ſo gewinnet es das Anſe- hen, als wenn alle unmittelbahr einander beruͤhreten und daher in einem fortgiengen. Und hat es eben die Bewandnis, die es mit den fluͤßigen Materien hat, die ſich Faden- Weiſe in einander hinauf und herunter zie- hen (§. 219. T. I. Exper.).
§ 61.
Wir brauchen auch nichts weiterWarumb fluͤßige Materi- en die Fi- gur des Bchaͤlt- niſſes an ſich neh- men. als daß die Theile fluͤßiger Materien nicht an einander hangen, ſondern vielmehr von einander getrennet ſind, wenn wir begreif- fen wollen, daß ſie jederzeit die Figur des Behaͤltniſſes an ſich nehmen, darinnen ſie find. Denn wo die Theile nicht an einander hangen, da fallen ſie zur Seite, bis ihnen Wiederſtand geſchiehet. Derowe- gen da ihnen nichts eher wiederſtehet, als bis ſie die innere Flaͤche des Behaͤltniſſes beruͤhren, darinnen ſie ſind; ſo muͤſſen ſie ſich auch bis daran ausbreiten. Weil ſie nun ſehr ſubtile ſind, maſſen man ſie auch nicht einmahl durch ein Vergroͤſſerungs-
Glaß
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wegen der veraͤnderlichen Materie.
fließt. Es iſt wohl wahr, wenn Waſſer
oder Queckſilber durch eine enge Eroͤffnung
heraus fließt; daß es ſich wie ein Faden in ei-
nem herunter ziehet; keinesweges aber
Tropffenweiſe herunter faͤllet. Allein es iſt
zumercken, daß in der That ein Tropffen
nach dem andern herunter faͤllet, welcher
der Groͤſſe der Eroͤffnung proportionirt iſt:
nur weil ein Tropffen geſchwinde nach dem
andern kommet, ſo gewinnet es das Anſe-
hen, als wenn alle unmittelbahr einander
beruͤhreten und daher in einem fortgiengen.
Und hat es eben die Bewandnis, die es mit
den fluͤßigen Materien hat, die ſich Faden-
Weiſe in einander hinauf und herunter zie-
hen (§. 219. T. I. Exper.).
§ 61. Wir brauchen auch nichts weiter
als daß die Theile fluͤßiger Materien nicht
an einander hangen, ſondern vielmehr von
einander getrennet ſind, wenn wir begreif-
fen wollen, daß ſie jederzeit die Figur des
Behaͤltniſſes an ſich nehmen, darinnen
ſie find. Denn wo die Theile nicht an
einander hangen, da fallen ſie zur Seite, bis
ihnen Wiederſtand geſchiehet. Derowe-
gen da ihnen nichts eher wiederſtehet, als
bis ſie die innere Flaͤche des Behaͤltniſſes
beruͤhren, darinnen ſie ſind; ſo muͤſſen ſie
ſich auch bis daran ausbreiten. Weil ſie
nun ſehr ſubtile ſind, maſſen man ſie auch
nicht einmahl durch ein Vergroͤſſerungs-
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Warumb
fluͤßige
Materi-
en die Fi-
gur des
Bchaͤlt-
niſſes an
ſich neh-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/127>, abgerufen am 24.11.2024.
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