Glaß, welches am meisten vergrössert, un- terscheiden kan (§. 56); so siehet man auch nirgends zwischen ihnen und der inneren Fläche des Behältnisses Zwischen-Räum- lein. Und demnach nimmet eine flüßige Materie gantz genau die Figur des Be- hältnisses an, darinnen sie ist. Man kan daher auch sehen, ob ein Cörper den man in einem andern eingeschlossen findet, flüs- sig gewesen. Wiederum wenn man will, daß eine Materie die Figur einer inneren Höhle eines Cörpers annehmen soll; so darf man sie nur flüßig machen und hinein giessen: welches man in der Kunst vielfäl- tig in acht nimmet.
Fremde Materi- en sind flüßig.
§. 62.
Da die fremden Materien sich durch die Zwischen-Räumlein der Cörper frey durch bewegen (§. 13), diese aber sehr kleine sind, daß man sie in den meisten Ma- terien auch nicht durch die besten Vergrös- serungs - Gläser entdecken kan (§. 56); so müssen sie sich sehr subtile zertheilen, so bald sie an einen Cörper kommen, der aus ande- rer Materie bestehet. Derowegen müssen auch ihre Theile würcklich von einander ab- gesondert und sie dannenhero flüßig seyn.
Auch die verän- derlichen, welche vor sich
§. 63.
Aus eben dieser Ursache erhellet, daß auch die veränderliche Materien, welche vor sich in die Zwischen-Räumlein hinein dringen, flüßig seyn müssen. Und die Er-
fahrung
Cap. III. Von dem Unterſcheide
Glaß, welches am meiſten vergroͤſſert, un- terſcheiden kan (§. 56); ſo ſiehet man auch nirgends zwiſchen ihnen und der inneren Flaͤche des Behaͤltniſſes Zwiſchen-Raͤum- lein. Und demnach nimmet eine fluͤßige Materie gantz genau die Figur des Be- haͤltniſſes an, darinnen ſïe iſt. Man kan daher auch ſehen, ob ein Coͤrper den man in einem andern eingeſchloſſen findet, fluͤſ- ſig geweſen. Wiederum wenn man will, daß eine Materie die Figur einer inneren Hoͤhle eines Coͤrpers annehmen ſoll; ſo darf man ſie nur fluͤßig machen und hinein gieſſen: welches man in der Kunſt vielfaͤl- tig in acht nimmet.
Fremde Materi- en ſind fluͤßig.
§. 62.
Da die fremden Materien ſich durch die Zwiſchen-Raͤumlein der Coͤrper frey durch bewegen (§. 13), dieſe aber ſehr kleine ſind, daß man ſie in den meiſten Ma- terien auch nicht durch die beſten Vergroͤſ- ſerungs - Glaͤſer entdecken kan (§. 56); ſo muͤſſen ſie ſich ſehr ſubtile zertheilen, ſo bald ſie an einen Coͤrper kommen, der aus ande- rer Materie beſtehet. Derowegen muͤſſen auch ihre Theile wuͤrcklich von einander ab- geſondert und ſie dannenhero fluͤßig ſeyn.
Auch die veraͤn- derlichen, welche vor ſich
§. 63.
Aus eben dieſer Urſache erhellet, daß auch die veraͤnderliche Materien, welche vor ſich in die Zwiſchen-Raͤumlein hinein dringen, fluͤßig ſeyn muͤſſen. Und die Er-
fahrung
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Cap. III. Von dem Unterſcheide
Glaß, welches am meiſten vergroͤſſert, un-
terſcheiden kan (§. 56); ſo ſiehet man auch
nirgends zwiſchen ihnen und der inneren
Flaͤche des Behaͤltniſſes Zwiſchen-Raͤum-
lein. Und demnach nimmet eine fluͤßige
Materie gantz genau die Figur des Be-
haͤltniſſes an, darinnen ſïe iſt. Man kan
daher auch ſehen, ob ein Coͤrper den man
in einem andern eingeſchloſſen findet, fluͤſ-
ſig geweſen. Wiederum wenn man will,
daß eine Materie die Figur einer inneren
Hoͤhle eines Coͤrpers annehmen ſoll; ſo
darf man ſie nur fluͤßig machen und hinein
gieſſen: welches man in der Kunſt vielfaͤl-
tig in acht nimmet.
§. 62. Da die fremden Materien ſich
durch die Zwiſchen-Raͤumlein der Coͤrper
frey durch bewegen (§. 13), dieſe aber ſehr
kleine ſind, daß man ſie in den meiſten Ma-
terien auch nicht durch die beſten Vergroͤſ-
ſerungs - Glaͤſer entdecken kan (§. 56); ſo
muͤſſen ſie ſich ſehr ſubtile zertheilen, ſo bald
ſie an einen Coͤrper kommen, der aus ande-
rer Materie beſtehet. Derowegen muͤſſen
auch ihre Theile wuͤrcklich von einander ab-
geſondert und ſie dannenhero fluͤßig
ſeyn.
§. 63. Aus eben dieſer Urſache erhellet,
daß auch die veraͤnderliche Materien, welche
vor ſich in die Zwiſchen-Raͤumlein hinein
dringen, fluͤßig ſeyn muͤſſen. Und die Er-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/128>, abgerufen am 21.11.2024.
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