das Wesen der Dinge unveränderlich sey (§. 42. Met.), auch die Eigenschafften des einen nicht einem andern sich mitthei- len lassen (§. 430. Met.). Dergleichen Dinge behaupten nur diejenigen, welche nicht verstehen, was Wahrheit ist (§. 142. Met.) und wie sie von dem Traume unter- schieden (§. 143. Met.), noch auch erwegen, was die Vernunfft ist (§. 368. Met.).
§. 85.
Weil demnach die Schweere kei-Schwee- re hat ei- ne Ursa- che ausser dem schwee- ren Cör- per. nen zureichenden Grund in den schweeren Cörpernhat (§. 83) und gleichwohl einen ha- ben muß (§. 84); so muß ausser der schwee- ren Materie etwas anzutreffen seyn, darin- nen er zu finden. Und solchergestalt muß die Schweere eine Ursache ausser dem schweeren Cörper haben (§. 29. Met.). Ge- setzt nun aber, daß wir es nicht bis dahin bringen könten, daß wir diese Ursache ent- deckten; so würde doch deswegen der Man- gel unserer Erkäntnis der Würcklichkeit der Sache keinen Eintrag thun. Es sind ja Materien in der Natur vorhanden, die wir nicht kennen, und wir werden im Fortgange sehen, daß viel in der Natur vorhanden ist, an dessen Würcklichkeit wir nicht zweiffeln können, und gleichwohl keine Möglichkeit erseben, wie wir zu desselben Erkäntnis ge- langen können.
§. 86.
H 5
wegen der veraͤnderlichen Materle.
das Weſen der Dinge unveraͤnderlich ſey (§. 42. Met.), auch die Eigenſchafften des einen nicht einem andern ſich mitthei- len laſſen (§. 430. Met.). Dergleichen Dinge behaupten nur diejenigen, welche nicht verſtehen, was Wahrheit iſt (§. 142. Met.) und wie ſie von dem Traume unter- ſchieden (§. 143. Met.), noch auch erwegen, was die Vernunfft iſt (§. 368. Met.).
§. 85.
Weil demnach die Schweere kei-Schwee- re hat ei- ne Urſa- che auſſer dem ſchwee- ren Coͤr- per. nen zureichenden Grund in den ſchweeren Coͤrpernhat (§. 83) und gleichwohl einen ha- ben muß (§. 84); ſo muß auſſer der ſchwee- ren Materie etwas anzutreffen ſeyn, darin- nen er zu finden. Und ſolchergeſtalt muß die Schweere eine Urſache auſſer dem ſchweeren Coͤrper haben (§. 29. Met.). Ge- ſetzt nun aber, daß wir es nicht bis dahin bringen koͤnten, daß wir dieſe Urſache ent- deckten; ſo wuͤrde doch deswegen der Man- gel unſerer Erkaͤntnis der Wuͤrcklichkeit der Sache keinen Eintrag thun. Es ſind ja Materien in der Natur vorhanden, die wir nicht kennen, und wir werden im Fortgange ſehen, daß viel in der Natur vorhanden iſt, an deſſen Wuͤrcklichkeit wir nicht zweiffeln koͤnnen, und gleichwohl keine Moͤglichkeit erſeben, wie wir zu deſſelben Erkaͤntnis ge- langen koͤnnen.
§. 86.
H 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0157"n="121"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">wegen der veraͤnderlichen Materle.</hi></fw><lb/>
das Weſen der Dinge unveraͤnderlich ſey<lb/>
(§. 42. <hirendition="#aq">Met.</hi>), auch die Eigenſchafften des<lb/>
einen nicht einem andern ſich mitthei-<lb/>
len laſſen (§. 430. <hirendition="#aq">Met.</hi>). Dergleichen<lb/>
Dinge behaupten nur diejenigen, welche<lb/>
nicht verſtehen, was Wahrheit iſt (§. 142.<lb/><hirendition="#aq">Met.</hi>) und wie ſie von dem Traume unter-<lb/>ſchieden (§. 143. <hirendition="#aq">Met.</hi>), noch auch erwegen,<lb/>
was die Vernunfft iſt (§. 368. <hirendition="#aq">Met.</hi>).</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 85.</head><p>Weil demnach die Schweere kei-<noteplace="right">Schwee-<lb/>
re hat ei-<lb/>
ne Urſa-<lb/>
che auſſer<lb/>
dem<lb/>ſchwee-<lb/>
ren Coͤr-<lb/>
per.</note><lb/>
nen zureichenden Grund in den ſchweeren<lb/>
Coͤrpernhat (§. 83) und gleichwohl einen ha-<lb/>
ben muß (§. 84); ſo muß auſſer der ſchwee-<lb/>
ren Materie etwas anzutreffen ſeyn, darin-<lb/>
nen er zu finden. Und ſolchergeſtalt muß<lb/>
die Schweere eine Urſache auſſer dem<lb/>ſchweeren Coͤrper haben (§. 29. <hirendition="#aq">Met.</hi>). Ge-<lb/>ſetzt nun aber, daß wir es nicht bis dahin<lb/>
bringen koͤnten, daß wir dieſe Urſache ent-<lb/>
deckten; ſo wuͤrde doch deswegen der Man-<lb/>
gel unſerer Erkaͤntnis der Wuͤrcklichkeit der<lb/>
Sache keinen Eintrag thun. Es ſind ja<lb/>
Materien in der Natur vorhanden, die wir<lb/>
nicht kennen, und wir werden im Fortgange<lb/>ſehen, daß viel in der Natur vorhanden iſt,<lb/>
an deſſen Wuͤrcklichkeit wir nicht zweiffeln<lb/>
koͤnnen, und gleichwohl keine Moͤglichkeit<lb/>
erſeben, wie wir zu deſſelben Erkaͤntnis ge-<lb/>
langen koͤnnen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">H 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">§. 86.</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[121/0157]
wegen der veraͤnderlichen Materle.
das Weſen der Dinge unveraͤnderlich ſey
(§. 42. Met.), auch die Eigenſchafften des
einen nicht einem andern ſich mitthei-
len laſſen (§. 430. Met.). Dergleichen
Dinge behaupten nur diejenigen, welche
nicht verſtehen, was Wahrheit iſt (§. 142.
Met.) und wie ſie von dem Traume unter-
ſchieden (§. 143. Met.), noch auch erwegen,
was die Vernunfft iſt (§. 368. Met.).
§. 85. Weil demnach die Schweere kei-
nen zureichenden Grund in den ſchweeren
Coͤrpernhat (§. 83) und gleichwohl einen ha-
ben muß (§. 84); ſo muß auſſer der ſchwee-
ren Materie etwas anzutreffen ſeyn, darin-
nen er zu finden. Und ſolchergeſtalt muß
die Schweere eine Urſache auſſer dem
ſchweeren Coͤrper haben (§. 29. Met.). Ge-
ſetzt nun aber, daß wir es nicht bis dahin
bringen koͤnten, daß wir dieſe Urſache ent-
deckten; ſo wuͤrde doch deswegen der Man-
gel unſerer Erkaͤntnis der Wuͤrcklichkeit der
Sache keinen Eintrag thun. Es ſind ja
Materien in der Natur vorhanden, die wir
nicht kennen, und wir werden im Fortgange
ſehen, daß viel in der Natur vorhanden iſt,
an deſſen Wuͤrcklichkeit wir nicht zweiffeln
koͤnnen, und gleichwohl keine Moͤglichkeit
erſeben, wie wir zu deſſelben Erkaͤntnis ge-
langen koͤnnen.
Schwee-
re hat ei-
ne Urſa-
che auſſer
dem
ſchwee-
ren Coͤr-
per.
§. 86.
H 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/157>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.