erhält. Es ist demnach gewiß, daß, wenn wir zu der Sonne nahe genung kommen könnten, sie durch ihre Strahlen unsere Metalle schmeltzen und durchlöchern, allerhand Materien, die wir auf dem Erdboden haben, theils in Glaß, theils in Kalck verwandeln, Holtz unter dem Wasser zu Kohlen brennen und andere dergleichen Würckungen hervorbringen würde, die wir von dem gewaltigsten Feuer zuerwarten haben, folgends wenn wir gar bis an sie hinan kämen, alle diese Wür- ckungen sich in einem noch grösseren Grade zeigen würden. Da nun die Sonne in der Nähe alle Würckungen verrichtet, die das Feuer hat, auch in der Weite die Eigen- schafften behält, die Feuer in der Weite hat, nemlich leuchtet und erwärmet und durch Hülffe der Brenn Gläser und Brennspie- gel zum Brennen gebracht wird (§. 134. T. II. Exper.); so können wir freylich nicht anders schlüssen, als daß auch die Sonne ein würckliches Feuer ist und rings herumb über und über brennet. Wolte man sa- gen, die Sonne leuchte, erwärme, brenne etc. anders als anderes Feuer, so könnte man mit eben dem Rechte in Zweiffel ziehen, ob das Feuer, welches durch Vermischung zweyer kalter Cörper entstehet (§. 135. T. II. Exper.), solches Feuer sey wie anderes Feuer ist und auf eben die Art, wie anderes
bren-
Cap. II. Von der Sonne.
erhaͤlt. Es iſt demnach gewiß, daß, wenn wir zu der Sonne nahe genung kommen koͤnnten, ſie durch ihre Strahlen unſere Metalle ſchmeltzen und durchloͤchern, allerhand Materien, die wir auf dem Erdboden haben, theils in Glaß, theils in Kalck verwandeln, Holtz unter dem Waſſer zu Kohlen brennen und andere dergleichen Wuͤrckungen hervorbringen wuͤrde, die wir von dem gewaltigſten Feuer zuerwarten haben, folgends wenn wir gar bis an ſie hinan kaͤmen, alle dieſe Wuͤr- ckungen ſich in einem noch groͤſſeren Grade zeigen wuͤrden. Da nun die Sonne in der Naͤhe alle Wuͤrckungen verrichtet, die das Feuer hat, auch in der Weite die Eigen- ſchafften behaͤlt, die Feuer in der Weite hat, nemlich leuchtet und erwaͤrmet und durch Huͤlffe der Brenn Glaͤſer und Brennſpie- gel zum Brennen gebracht wird (§. 134. T. II. Exper.); ſo koͤnnen wir freylich nicht anders ſchluͤſſen, als daß auch die Sonne ein wuͤrckliches Feuer iſt und rings herumb uͤber und uͤber brennet. Wolte man ſa- gen, die Sonne leuchte, erwaͤrme, brenne ꝛc. anders als anderes Feuer, ſo koͤnnte man mit eben dem Rechte in Zweiffel ziehen, ob das Feuer, welches durch Vermiſchung zweyer kalter Coͤrper entſtehet (§. 135. T. II. Exper.), ſolches Feuer ſey wie anderes Feuer iſt und auf eben die Art, wie anderes
bren-
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Cap. II. Von der Sonne.
erhaͤlt. Es iſt demnach gewiß, daß, wenn
wir zu der Sonne nahe genung kommen
koͤnnten, ſie durch ihre Strahlen unſere
Metalle ſchmeltzen und durchloͤchern,
allerhand Materien, die wir auf dem
Erdboden haben, theils in Glaß, theils
in Kalck verwandeln, Holtz unter dem
Waſſer zu Kohlen brennen und andere
dergleichen Wuͤrckungen hervorbringen
wuͤrde, die wir von dem gewaltigſten Feuer
zuerwarten haben, folgends wenn wir gar
bis an ſie hinan kaͤmen, alle dieſe Wuͤr-
ckungen ſich in einem noch groͤſſeren Grade
zeigen wuͤrden. Da nun die Sonne in
der Naͤhe alle Wuͤrckungen verrichtet, die
das Feuer hat, auch in der Weite die Eigen-
ſchafften behaͤlt, die Feuer in der Weite hat,
nemlich leuchtet und erwaͤrmet und durch
Huͤlffe der Brenn Glaͤſer und Brennſpie-
gel zum Brennen gebracht wird (§. 134. T.
II. Exper.); ſo koͤnnen wir freylich nicht
anders ſchluͤſſen, als daß auch die Sonne
ein wuͤrckliches Feuer iſt und rings herumb
uͤber und uͤber brennet. Wolte man ſa-
gen, die Sonne leuchte, erwaͤrme, brenne ꝛc.
anders als anderes Feuer, ſo koͤnnte man
mit eben dem Rechte in Zweiffel ziehen, ob
das Feuer, welches durch Vermiſchung
zweyer kalter Coͤrper entſtehet (§. 135. T. II.
Exper.), ſolches Feuer ſey wie anderes
Feuer iſt und auf eben die Art, wie anderes
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/202>, abgerufen am 21.11.2024.
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