von dieser Begebenheit einen besonderen Tractat geschrieben. Weil sie sich a- ber nicht täglich zuträget; so ist dieses ei- ne Anzeige, daß eine starcke Refraction da- zu erforert wird und die Lufft sehr dunstig seyn muß.
Ob der abneh- mende Mond voll auf- gehen kan.
§. 201.
Der Mond muß ebenfalls eine Oval-Figur erhalten, wenn er in dünstiger Lufft auf und unter-gehet, wie aus der erst gegebenen Erklärung dieser Begebenheit an der Sonne ein jeder abnehmen kan, und der daselbst angeführte Versuch augen- scheinlich zeiget. Wenn der Mond höcke- richt ist, so ist er nach der Breite schmaal, nach der Höhe hoch. Derowegen wenn der Diameter nach der Höhe durch die Refraction vermindert wird, nach der Brei- te aber unverändert bleibet; so kan der gantze Diameter dem Theile davon nach der Breite gleich werden. Solchergestalt bekommet der Mond die Figur eines Cir- culs und siehet aus, als wenn er voll wäre. Jch weiß mich zwar nicht zu entsinnen, daß ein Astronomus diese Begebenheit an- gemercket hätte: allein die Ursache ist, weil sie nicht darauf acht haben. Jedoch besin- ne ich mich, daß man einesmahls als ein Wunderzeichen erzehlete, man hätte in ei- nem Orte den Mond, da er im Abnehmen war, voll aufgehen sehen.
§. 202
Cap. II. Von der Lufft.
von dieſer Begebenheit einen beſonderen Tractat geſchrieben. Weil ſie ſich a- ber nicht taͤglich zutraͤget; ſo iſt dieſes ei- ne Anzeige, daß eine ſtarcke Refraction da- zu erforert wird und die Lufft ſehr dunſtig ſeyn muß.
Ob der abneh- mende Mond voll auf- gehen kan.
§. 201.
Der Mond muß ebenfalls eine Oval-Figur erhalten, wenn er in duͤnſtiger Lufft auf und unter-gehet, wie aus der erſt gegebenen Erklaͤrung dieſer Begebenheit an der Sonne ein jeder abnehmen kan, und der daſelbſt angefuͤhrte Verſuch augen- ſcheinlich zeiget. Wenn der Mond hoͤcke- richt iſt, ſo iſt er nach der Breite ſchmaal, nach der Hoͤhe hoch. Derowegen wenn der Diameter nach der Hoͤhe durch die Refraction vermindert wird, nach der Brei- te aber unveraͤndert bleibet; ſo kan der gantze Diameter dem Theile davon nach der Breite gleich werden. Solchergeſtalt bekommet der Mond die Figur eines Cir- culs und ſiehet aus, als wenn er voll waͤre. Jch weiß mich zwar nicht zu entſinnen, daß ein Aſtronomus dieſe Begebenheit an- gemercket haͤtte: allein die Urſache iſt, weil ſie nicht darauf acht haben. Jedoch beſin- ne ich mich, daß man einesmahls als ein Wunderzeichen erzehlete, man haͤtte in ei- nem Orte den Mond, da er im Abnehmen war, voll aufgehen ſehen.
§. 202
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Cap. II. Von der Lufft.
von dieſer Begebenheit einen beſonderen
Tractat geſchrieben. Weil ſie ſich a-
ber nicht taͤglich zutraͤget; ſo iſt dieſes ei-
ne Anzeige, daß eine ſtarcke Refraction da-
zu erforert wird und die Lufft ſehr dunſtig
ſeyn muß.
§. 201. Der Mond muß ebenfalls eine
Oval-Figur erhalten, wenn er in duͤnſtiger
Lufft auf und unter-gehet, wie aus der erſt
gegebenen Erklaͤrung dieſer Begebenheit an
der Sonne ein jeder abnehmen kan, und
der daſelbſt angefuͤhrte Verſuch augen-
ſcheinlich zeiget. Wenn der Mond hoͤcke-
richt iſt, ſo iſt er nach der Breite ſchmaal,
nach der Hoͤhe hoch. Derowegen wenn
der Diameter nach der Hoͤhe durch die
Refraction vermindert wird, nach der Brei-
te aber unveraͤndert bleibet; ſo kan der
gantze Diameter dem Theile davon nach
der Breite gleich werden. Solchergeſtalt
bekommet der Mond die Figur eines Cir-
culs und ſiehet aus, als wenn er voll waͤre.
Jch weiß mich zwar nicht zu entſinnen, daß
ein Aſtronomus dieſe Begebenheit an-
gemercket haͤtte: allein die Urſache iſt, weil
ſie nicht darauf acht haben. Jedoch beſin-
ne ich mich, daß man einesmahls als ein
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nem Orte den Mond, da er im Abnehmen
war, voll aufgehen ſehen.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/320>, abgerufen am 22.11.2024.
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