Die Himmels-Lufft leidet keineWarumb des Ta- ges der Himmel blau ans- siehet. Aenderung durch das Licht (§. 194), aber wohl unsere (§. 191). Derowegen da der Himmel bey Tage blau aussiehet, wenn er recht helle und heiter ist; so muß die Farbe in unserer Lufft seyn. Nemlich die Lufft reflectiret das Licht der Sonnen und hat ei- nen Glantz; sie ist aber nicht dichte in der Höhe, und daher eben so viel als wenn sich schwartze Farbe mit weisser vermischte, wel- che Vermischung eine Farbe hervor bringet, die sich ins blaulichte ziehet. Das aber die blaue Farbe würcklich in unserer Lufft ist, keinesweges aber in der hohen Himmels- Lufft, lässet sich auch daher ermessen, weil bey nächtlicher Weile der Himmel wie eine hohle Kugel, bey Tage aber wie ein nie- drig gedrucktes Gewölbe aussiehet. Denn von dem Himmel sehen wir die Helffte: von unserer Luft aber, die nicht hoch über die Erde herauf steiget|(§. 196), nur ein|weniges. De- rowegen ist hier der Unterscheid, der sich in der Figur zwischen einer halben Kugel und einem kleineren Stücke davon befindet.
§. 203.
Wenn im Himmel WolckenWo A- bend uud Morgen- Röthe herköm- met. sind, so machet die auf- oder untergehende Sonne darinnen Farben. Ein Exempel haben wir an der Morgen-und Abend-Rö- the. Da das Licht durch die Refraction in Farben verwandelt wird (§. 158 T. II.
Ex-
Cap. II. Von der Lufft.
§. 202.
Die Himmels-Lufft leidet keineWarumb des Ta- ges der Himmel blau ans- ſiehet. Aenderung durch das Licht (§. 194), aber wohl unſere (§. 191). Derowegen da der Himmel bey Tage blau ausſiehet, wenn er recht helle und heiter iſt; ſo muß die Farbe in unſerer Lufft ſeyn. Nemlich die Lufft reflectiret das Licht der Sonnen und hat ei- nen Glantz; ſie iſt aber nicht dichte in der Hoͤhe, und daher eben ſo viel als wenn ſich ſchwartze Farbe mit weiſſer vermiſchte, wel- che Vermiſchung eine Farbe hervor bringet, die ſich ins blaulichte ziehet. Das aber die blaue Farbe wuͤrcklich in unſerer Lufft iſt, keinesweges aber in der hohen Himmels- Lufft, laͤſſet ſich auch daher ermeſſen, weil bey naͤchtlicher Weile der Himmel wie eine hohle Kugel, bey Tage aber wie ein nie- drig gedrucktes Gewoͤlbe ausſiehet. Denn von dem Himmel ſehen wir die Helffte: von unſerer Luft aber, die nicht hoch uͤber die Erde herauf ſteiget|(§. 196), nur ein|weniges. De- rowegen iſt hier der Unterſcheid, der ſich in der Figur zwiſchen einer halben Kugel und einem kleineren Stuͤcke davon befindet.
§. 203.
Wenn im Himmel WolckenWo A- bend uud Morgen- Roͤthe herkoͤm- met. ſind, ſo machet die auf- oder untergehende Sonne darinnen Farben. Ein Exempel haben wir an der Morgen-und Abend-Roͤ- the. Da das Licht durch die Refraction in Farben verwandelt wird (§. 158 T. II.
Ex-
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Cap. II. Von der Lufft.
§. 202. Die Himmels-Lufft leidet keine
Aenderung durch das Licht (§. 194), aber
wohl unſere (§. 191). Derowegen da der
Himmel bey Tage blau ausſiehet, wenn er
recht helle und heiter iſt; ſo muß die Farbe
in unſerer Lufft ſeyn. Nemlich die Lufft
reflectiret das Licht der Sonnen und hat ei-
nen Glantz; ſie iſt aber nicht dichte in der
Hoͤhe, und daher eben ſo viel als wenn ſich
ſchwartze Farbe mit weiſſer vermiſchte, wel-
che Vermiſchung eine Farbe hervor bringet,
die ſich ins blaulichte ziehet. Das aber die
blaue Farbe wuͤrcklich in unſerer Lufft iſt,
keinesweges aber in der hohen Himmels-
Lufft, laͤſſet ſich auch daher ermeſſen, weil
bey naͤchtlicher Weile der Himmel wie eine
hohle Kugel, bey Tage aber wie ein nie-
drig gedrucktes Gewoͤlbe ausſiehet. Denn
von dem Himmel ſehen wir die Helffte: von
unſerer Luft aber, die nicht hoch uͤber die Erde
herauf ſteiget|(§. 196), nur ein|weniges. De-
rowegen iſt hier der Unterſcheid, der ſich in
der Figur zwiſchen einer halben Kugel und
einem kleineren Stuͤcke davon befindet.
Warumb
des Ta-
ges der
Himmel
blau ans-
ſiehet.
§. 203. Wenn im Himmel Wolcken
ſind, ſo machet die auf- oder untergehende
Sonne darinnen Farben. Ein Exempel
haben wir an der Morgen-und Abend-Roͤ-
the. Da das Licht durch die Refraction
in Farben verwandelt wird (§. 158 T. II.
Ex-
Wo A-
bend uud
Morgen-
Roͤthe
herkoͤm-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/321>, abgerufen am 22.11.2024.
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