Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. III. Von dem Winde. Striches kommen. Wir wissen auch, daßdie Sonne einen Cörper nicht so sehr er- wärmet als den andern (§. 110 T. II. Exp.), und insonderheit wird Wasser nicht so warm als die Erde, wie es ein jeder versu- chen kan, der im Sommer Wasser und Er- de gleiche Zeit lang in einerley Gefässen in die Sonne setzet und ihre Wärme, die sie von ihr erhalten (§. 130), mit einem Wet- terglase zu unterscheiden suchet (§. 55 T. II. Exper.). Wo der Boden warm ist, da wird auch die Lufft wärmer als an andern Orten (§. 109. 110 T. II. Exper.). Und dem- nach sind die Winde im Sommer warm, die über ein trockenes Land blasen. Allein weil es in solchen Ländern einmahl nicht so warm ist, als wie das andere, wie wir aus der beständigen Erfahrung lernen; so kan auch der Wind einmal nicht so warme Luft mit sich bringen, als das andere. Und des- wegen ist der Wind aus einer solchen Ge- gend nicht einmahl so warm als das andere. Die Länder, welche gegen den Pol liegen, sind dem kalten Striche nahe (§ 32 Geogr.) nnd desto kälter je näher sie an ihm anlie- gen. Dessen aber ungeachtet hat es dort öffters im Sommer eine grosse Hitze, wie wir jetzt nur aus der Erfahrung annehmen, nach diesem aber die Ursachen davon unter- suchen wollen. Derowegen wenn zu einer sol- chen Zeit Wind aus denen Ländern bläset, so brin-
Cap. III. Von dem Winde. Striches kommen. Wir wiſſen auch, daßdie Sonne einen Coͤrper nicht ſo ſehr er- waͤrmet als den andern (§. 110 T. II. Exp.), und inſonderheit wird Waſſer nicht ſo warm als die Erde, wie es ein jeder verſu- chen kan, der im Sommer Waſſer und Er- de gleiche Zeit lang in einerley Gefaͤſſen in die Sonne ſetzet und ihre Waͤrme, die ſie von ihr erhalten (§. 130), mit einem Wet- terglaſe zu unterſcheiden ſuchet (§. 55 T. II. Exper.). Wo der Boden warm iſt, da wird auch die Lufft waͤrmer als an andern Orten (§. 109. 110 T. II. Exper.). Und dem- nach ſind die Winde im Sommer warm, die uͤber ein trockenes Land blaſen. Allein weil es in ſolchen Laͤndern einmahl nicht ſo warm iſt, als wie das andere, wie wir aus der beſtaͤndigen Erfahrung lernen; ſo kan auch der Wind einmal nicht ſo warme Luft mit ſich bringen, als das andere. Und des- wegen iſt der Wind aus einer ſolchen Ge- gend nicht einmahl ſo warm als das andere. Die Laͤnder, welche gegen den Pol liegen, ſind dem kalten Striche nahe (§ 32 Geogr.) nnd deſto kaͤlter je naͤher ſie an ihm anlie- gen. Deſſen aber ungeachtet hat es dort oͤffters im Sommer eine groſſe Hitze, wie wir jetzt nur aus der Erfahrung annehmen, nach dieſem aber die Urſachen davon unter- ſuchen wollen. Derowegen weñ zu einer ſol- chen Zeit Wind aus denen Laͤndern blaͤſet, ſo brin-
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Cap. III. Von dem Winde.
Striches kommen. Wir wiſſen auch, daß
die Sonne einen Coͤrper nicht ſo ſehr er-
waͤrmet als den andern (§. 110 T. II. Exp.),
und inſonderheit wird Waſſer nicht ſo
warm als die Erde, wie es ein jeder verſu-
chen kan, der im Sommer Waſſer und Er-
de gleiche Zeit lang in einerley Gefaͤſſen in
die Sonne ſetzet und ihre Waͤrme, die ſie
von ihr erhalten (§. 130), mit einem Wet-
terglaſe zu unterſcheiden ſuchet (§. 55 T. II.
Exper.). Wo der Boden warm iſt, da
wird auch die Lufft waͤrmer als an andern
Orten (§. 109. 110 T. II. Exper.). Und dem-
nach ſind die Winde im Sommer warm,
die uͤber ein trockenes Land blaſen. Allein
weil es in ſolchen Laͤndern einmahl nicht ſo
warm iſt, als wie das andere, wie wir aus
der beſtaͤndigen Erfahrung lernen; ſo kan
auch der Wind einmal nicht ſo warme Luft
mit ſich bringen, als das andere. Und des-
wegen iſt der Wind aus einer ſolchen Ge-
gend nicht einmahl ſo warm als das andere.
Die Laͤnder, welche gegen den Pol liegen,
ſind dem kalten Striche nahe (§ 32 Geogr.)
nnd deſto kaͤlter je naͤher ſie an ihm anlie-
gen. Deſſen aber ungeachtet hat es dort
oͤffters im Sommer eine groſſe Hitze, wie
wir jetzt nur aus der Erfahrung annehmen,
nach dieſem aber die Urſachen davon unter-
ſuchen wollen. Derowegen weñ zu einer ſol-
chen Zeit Wind aus denen Laͤndern blaͤſet, ſo
brin-
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