anderen Umstände, welche zum Regen nö- thig sind und die wir hernach untersuchen werden, dazu kommen: so pfleget es auch zuregnen.
§. 260.
Jch habe mehr als einmahl an-Warumb der Nebel nicht ge- frieret. gemercket, daß der Nebel auch bey sehr kal- tem Wetter dennoch die Bäume im Gar- ten sehr feuchte gemacht. Es ist auch be- kand, daß es bey grosser Kälte, da alles zu- gefroren und mit Schnee bedecket ist, nebe- licht wird. Man siehet demnach, daß die Dünste, welche noch so subtil sind, daß sie in der Lufft schwimmen, oder die noch nicht schweerer sind als die Lufft, sehr schweer ge- frieren. Da nun aber das Wasser gefrie- ret, so bald ihm die Wärme entgehet, welche es im Fliessen erhält (§. 119 T. II. Exper.); so müssen diese Dünste noch so viel Wärme haben, als zur Flüßigkeit des Wassers er- fordert wird. Was ist es Wunder? Die Lufft kan sie nicht eindrucken, welche sie von aussen umgiebet, weil sie allzu klein sind (§. 249). Derowegen da kein leerer Raum seyn kan (§. 6); so bleibet die Wärme in ih- nen, die sich sonst so leicht aus einem Cörper in den andern beweget (§ 76). Es ist aber auch kein Wunder, daß im kalten Wetter, da alles zugefroren und mit Schnee bedeckt, ein Nebel entstehet. Denn Eis und Schnee dun- sten in der kalten Lufft aus (§. 87 T. II. Exp.) und da diese Dünste dicke seyn müssen
(§. 252)
Z 2
der Duͤnſte, Nebel und Wolcken.
anderen Umſtaͤnde, welche zum Regen noͤ- thig ſind und die wir hernach unterſuchen werden, dazu kommen: ſo pfleget es auch zuregnen.
§. 260.
Jch habe mehr als einmahl an-Warumb der Nebel nicht ge- frieret. gemercket, daß der Nebel auch bey ſehr kal- tem Wetter dennoch die Baͤume im Gar- ten ſehr feuchte gemacht. Es iſt auch be- kand, daß es bey groſſer Kaͤlte, da alles zu- gefroren und mit Schnee bedecket iſt, nebe- licht wird. Man ſiehet demnach, daß die Duͤnſte, welche noch ſo ſubtil ſind, daß ſie in der Lufft ſchwimmen, oder die noch nicht ſchweerer ſind als die Lufft, ſehr ſchweer ge- frieren. Da nun aber das Waſſer gefrie- ret, ſo bald ihm die Waͤrme entgehet, welche es im Flieſſen erhaͤlt (§. 119 T. II. Exper.); ſo muͤſſen dieſe Duͤnſte noch ſo viel Waͤrme haben, als zur Fluͤßigkeit des Waſſers er- fordert wird. Was iſt es Wunder? Die Lufft kan ſie nicht eindrucken, welche ſie von auſſen umgiebet, weil ſie allzu klein ſind (§. 249). Derowegen da kein leerer Raum ſeyn kan (§. 6); ſo bleibet die Waͤrme in ih- nen, die ſich ſonſt ſo leicht aus einem Coͤrper in den andern beweget (§ 76). Es iſt aber auch kein Wunder, daß im kalten Wetter, da alles zugefroren und mit Schnee bedeckt, ein Nebel entſtehet. Denn Eis und Schnee dun- ſten in der kalten Lufft aus (§. 87 T. II. Exp.) und da dieſe Duͤnſte dicke ſeyn muͤſſen
(§. 252)
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der Duͤnſte, Nebel und Wolcken.
anderen Umſtaͤnde, welche zum Regen noͤ-
thig ſind und die wir hernach unterſuchen
werden, dazu kommen: ſo pfleget es auch
zuregnen.
§. 260. Jch habe mehr als einmahl an-
gemercket, daß der Nebel auch bey ſehr kal-
tem Wetter dennoch die Baͤume im Gar-
ten ſehr feuchte gemacht. Es iſt auch be-
kand, daß es bey groſſer Kaͤlte, da alles zu-
gefroren und mit Schnee bedecket iſt, nebe-
licht wird. Man ſiehet demnach, daß die
Duͤnſte, welche noch ſo ſubtil ſind, daß ſie in
der Lufft ſchwimmen, oder die noch nicht
ſchweerer ſind als die Lufft, ſehr ſchweer ge-
frieren. Da nun aber das Waſſer gefrie-
ret, ſo bald ihm die Waͤrme entgehet, welche
es im Flieſſen erhaͤlt (§. 119 T. II. Exper.);
ſo muͤſſen dieſe Duͤnſte noch ſo viel Waͤrme
haben, als zur Fluͤßigkeit des Waſſers er-
fordert wird. Was iſt es Wunder? Die
Lufft kan ſie nicht eindrucken, welche ſie von
auſſen umgiebet, weil ſie allzu klein ſind (§.
249). Derowegen da kein leerer Raum
ſeyn kan (§. 6); ſo bleibet die Waͤrme in ih-
nen, die ſich ſonſt ſo leicht aus einem Coͤrper
in den andern beweget (§ 76). Es iſt aber auch
kein Wunder, daß im kalten Wetter, da
alles zugefroren und mit Schnee bedeckt, ein
Nebel entſtehet. Denn Eis und Schnee dun-
ſten in der kalten Lufft aus (§. 87 T. II. Exp.)
und da dieſe Duͤnſte dicke ſeyn muͤſſen
(§. 252)
Warumb
der Nebel
nicht ge-
frieret.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/391>, abgerufen am 22.11.2024.
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