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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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Schnee und Hagel.
Exper.) und folgends von schweererer Art
(§. 4. T. I. Exper.). Da wir nun aber
gesehen, daß sich bey grossem Froste keine
rechte Schnee-Flocken formiren können,
sondern die gefrornen Dünste sich nur ein-
zeln an einander hängen; so können sie auch
in der dichten Lufft nicht niederfallen. Kom-
met aber ein gelinder Wind, so wird nicht
allein die Lufft etwas dünner (§. 134. T. I.
Exper.
), sondern es formiren sich auch gros-
se Flocken und alsdenn fället der Schnee
herunter. Wenn es bey dem Schneyen
windig ist, so lässet sich der leichte Schnee,
sonderlich wo er nicht rechte Flocken hat,
leicht hin und her bewegen. Und daher ge-
het alles unter einander.

§. 882.

Jm Thale ists allzeit wärmer,Warumb
es unter-
wei-
len auf
den Ber-
gen
schneyet
und im
Thale
regnet.

als oben auf den Bergen. Derowegen
wenn der Schnee die untere Lufft erreichet,
kan er darinnen aufthauen und so fliessen die
Schnee-Flocken in Tropffen zusammen,
folgends regnet es. Und dieses ist die Ursa-
che, wie mir auch aus eigener Erfahrung be-
kandt ist und alle diejenigen wissen, die sich
im Herbste um Gebürge aufgehalten, wa-
rum es zu dieser Jahrs-Zeit auf den Ber-
gen schneyet, im Thale aber regnet. Und
hieraus kan man ersehen, daß auch im Som-
mer der Schnee, der aus den oberen Wol-
cken kommet, schon in einer Höhe wie die
Berge insgemein haben, schmeltzen kan, hin-

gegen

Schnee und Hagel.
Exper.) und folgends von ſchweererer Art
(§. 4. T. I. Exper.). Da wir nun aber
geſehen, daß ſich bey groſſem Froſte keine
rechte Schnee-Flocken formiren koͤnnen,
ſondern die gefrornen Duͤnſte ſich nur ein-
zeln an einander haͤngen; ſo koͤnnen ſie auch
in der dichten Lufft nicht niederfallen. Kom-
met aber ein gelinder Wind, ſo wird nicht
allein die Lufft etwas duͤnner (§. 134. T. I.
Exper.
), ſondern es formiren ſich auch groſ-
ſe Flocken und alsdenn faͤllet der Schnee
herunter. Wenn es bey dem Schneyen
windig iſt, ſo laͤſſet ſich der leichte Schnee,
ſonderlich wo er nicht rechte Flocken hat,
leicht hin und her bewegen. Und daher ge-
het alles unter einander.

§. 882.

Jm Thale iſts allzeit waͤrmer,Warumb
es unter-
wei-
len auf
den Ber-
gen
ſchneyet
und im
Thale
regnet.

als oben auf den Bergen. Derowegen
wenn der Schnee die untere Lufft erreichet,
kan er darinnen aufthauen und ſo flieſſen die
Schnee-Flocken in Tropffen zuſammen,
folgends regnet es. Und dieſes iſt die Urſa-
che, wie mir auch aus eigener Erfahrung be-
kandt iſt und alle diejenigen wiſſen, die ſich
im Herbſte um Gebuͤrge aufgehalten, wa-
rum es zu dieſer Jahrs-Zeit auf den Ber-
gen ſchneyet, im Thale aber regnet. Und
hieraus kan man erſehen, daß auch im Som-
mer der Schnee, der aus den oberen Wol-
cken kommet, ſchon in einer Hoͤhe wie die
Berge insgemein haben, ſchmeltzen kan, hin-

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[379/0415] Schnee und Hagel. Exper.) und folgends von ſchweererer Art (§. 4. T. I. Exper.). Da wir nun aber geſehen, daß ſich bey groſſem Froſte keine rechte Schnee-Flocken formiren koͤnnen, ſondern die gefrornen Duͤnſte ſich nur ein- zeln an einander haͤngen; ſo koͤnnen ſie auch in der dichten Lufft nicht niederfallen. Kom- met aber ein gelinder Wind, ſo wird nicht allein die Lufft etwas duͤnner (§. 134. T. I. Exper.), ſondern es formiren ſich auch groſ- ſe Flocken und alsdenn faͤllet der Schnee herunter. Wenn es bey dem Schneyen windig iſt, ſo laͤſſet ſich der leichte Schnee, ſonderlich wo er nicht rechte Flocken hat, leicht hin und her bewegen. Und daher ge- het alles unter einander. §. 882. Jm Thale iſts allzeit waͤrmer, als oben auf den Bergen. Derowegen wenn der Schnee die untere Lufft erreichet, kan er darinnen aufthauen und ſo flieſſen die Schnee-Flocken in Tropffen zuſammen, folgends regnet es. Und dieſes iſt die Urſa- che, wie mir auch aus eigener Erfahrung be- kandt iſt und alle diejenigen wiſſen, die ſich im Herbſte um Gebuͤrge aufgehalten, wa- rum es zu dieſer Jahrs-Zeit auf den Ber- gen ſchneyet, im Thale aber regnet. Und hieraus kan man erſehen, daß auch im Som- mer der Schnee, der aus den oberen Wol- cken kommet, ſchon in einer Hoͤhe wie die Berge insgemein haben, ſchmeltzen kan, hin- gegen Warumb es unter- wei- len auf den Ber- gen ſchneyet und im Thale regnet.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/415>, abgerufen am 02.06.2024.