Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. VI. Von Chau, Reiff, Regen,
in der Lufft könnten erhalten werden, als den
Wind, der sie mit den Wolcken treibet.
Denn daß ein Cörper, er mag so schweer
seyn als er will, in der Lufft erhalten wird,
wenn er sich mit einer stärckeren Krafft be-
weget als diejenige ist, welche er von der
Schweere erhält, bezeiget die tägliche Er-
fahrung nicht allein in den schweeren Cör-
pern, die durch die Lufft geworffen werden,
sondern auch in den bleyernen Kugeln, die
von der Gewalt des Pulvers aus dem Ge-
schütze getrieben werden. Und ist noch die-
ses besonders bey dem Hagel, daß der
Wind, welcher ruckweise blaset, ihm bestän-
dig einen neuen Stoß giebet und die Krafft,
welche er dadurch erhält, erneuret. Wenn
der Wind mit der Erde parallel bläset und
behält Stärcke genung; so kan er den Ha-
gel weit sort führen, ehe er herunter fället.
Hingegen wenn er niederwarts gegen die
Erde bläset; so wirfft er den Hagel herunter:
fänget er sich an zu legen, so fället der Ha-
gel durch seine eigene Schweere nieder. Alle
Cörper, welche durch ihre Schweere nie-
derfallen, fallen in der Lufft nach einer Li-
nie herunter, die auf den Erdboden perpen-
dicular ist (§. 83.). Derowegen wenn
der Hagel nicht von dem Winde getrieben
wird, indem er herunter fället, so muß er
gleichsalls gerade herunter fallen. Hinge-

gen

Cap. VI. Von Chau, Reiff, Regen,
in der Lufft koͤnnten erhalten werden, als den
Wind, der ſie mit den Wolcken treibet.
Denn daß ein Coͤrper, er mag ſo ſchweer
ſeyn als er will, in der Lufft erhalten wird,
wenn er ſich mit einer ſtaͤrckeren Krafft be-
weget als diejenige iſt, welche er von der
Schweere erhaͤlt, bezeiget die taͤgliche Er-
fahrung nicht allein in den ſchweeren Coͤr-
pern, die durch die Lufft geworffen werden,
ſondern auch in den bleyernen Kugeln, die
von der Gewalt des Pulvers aus dem Ge-
ſchuͤtze getrieben werden. Und iſt noch die-
ſes beſonders bey dem Hagel, daß der
Wind, welcher ruckweiſe blaſet, ihm beſtaͤn-
dig einen neuen Stoß giebet und die Krafft,
welche er dadurch erhaͤlt, erneuret. Wenn
der Wind mit der Erde parallel blaͤſet und
behaͤlt Staͤrcke genung; ſo kan er den Ha-
gel weit ſort fuͤhren, ehe er herunter faͤllet.
Hingegen wenn er niederwarts gegen die
Erde blaͤſet; ſo wirfft er den Hagel herunter:
faͤnget er ſich an zu legen, ſo faͤllet der Ha-
gel durch ſeine eigene Schweere nieder. Alle
Coͤrper, welche durch ihre Schweere nie-
derfallen, fallen in der Lufft nach einer Li-
nie herunter, die auf den Erdboden perpen-
dicular iſt (§. 83.). Derowegen wenn
der Hagel nicht von dem Winde getrieben
wird, indem er herunter faͤllet, ſo muß er
gleichſalls gerade herunter fallen. Hinge-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0424" n="388"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. VI.</hi> Von Chau, Reiff, Regen,</hi></fw><lb/>
in der Lufft ko&#x0364;nnten erhalten werden, als den<lb/>
Wind, der &#x017F;ie mit den Wolcken treibet.<lb/>
Denn daß ein Co&#x0364;rper, er mag &#x017F;o &#x017F;chweer<lb/>
&#x017F;eyn als er will, in der Lufft erhalten wird,<lb/>
wenn er &#x017F;ich mit einer &#x017F;ta&#x0364;rckeren Krafft be-<lb/>
weget als diejenige i&#x017F;t, welche er von der<lb/>
Schweere erha&#x0364;lt, bezeiget die ta&#x0364;gliche Er-<lb/>
fahrung nicht allein in den &#x017F;chweeren Co&#x0364;r-<lb/>
pern, die durch die Lufft geworffen werden,<lb/>
&#x017F;ondern auch in den bleyernen Kugeln, die<lb/>
von der Gewalt des Pulvers aus dem Ge-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tze getrieben werden. Und i&#x017F;t noch die-<lb/>
&#x017F;es be&#x017F;onders bey dem Hagel, daß der<lb/>
Wind, welcher ruckwei&#x017F;e bla&#x017F;et, ihm be&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dig einen neuen Stoß giebet und die Krafft,<lb/>
welche er dadurch erha&#x0364;lt, erneuret. Wenn<lb/>
der Wind mit der Erde parallel bla&#x0364;&#x017F;et und<lb/>
beha&#x0364;lt Sta&#x0364;rcke genung; &#x017F;o kan er den Ha-<lb/>
gel weit &#x017F;ort fu&#x0364;hren, ehe er herunter fa&#x0364;llet.<lb/>
Hingegen wenn er niederwarts gegen die<lb/>
Erde bla&#x0364;&#x017F;et; &#x017F;o wirfft er den Hagel herunter:<lb/>
fa&#x0364;nget er &#x017F;ich an zu legen, &#x017F;o fa&#x0364;llet der Ha-<lb/>
gel durch &#x017F;eine eigene Schweere nieder. Alle<lb/>
Co&#x0364;rper, welche durch ihre Schweere nie-<lb/>
derfallen, fallen in der Lufft nach einer Li-<lb/>
nie herunter, die auf den Erdboden perpen-<lb/>
dicular i&#x017F;t (§. 83.). Derowegen wenn<lb/>
der Hagel nicht von dem Winde getrieben<lb/>
wird, indem er herunter fa&#x0364;llet, &#x017F;o muß er<lb/>
gleich&#x017F;alls gerade herunter fallen. Hinge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[388/0424] Cap. VI. Von Chau, Reiff, Regen, in der Lufft koͤnnten erhalten werden, als den Wind, der ſie mit den Wolcken treibet. Denn daß ein Coͤrper, er mag ſo ſchweer ſeyn als er will, in der Lufft erhalten wird, wenn er ſich mit einer ſtaͤrckeren Krafft be- weget als diejenige iſt, welche er von der Schweere erhaͤlt, bezeiget die taͤgliche Er- fahrung nicht allein in den ſchweeren Coͤr- pern, die durch die Lufft geworffen werden, ſondern auch in den bleyernen Kugeln, die von der Gewalt des Pulvers aus dem Ge- ſchuͤtze getrieben werden. Und iſt noch die- ſes beſonders bey dem Hagel, daß der Wind, welcher ruckweiſe blaſet, ihm beſtaͤn- dig einen neuen Stoß giebet und die Krafft, welche er dadurch erhaͤlt, erneuret. Wenn der Wind mit der Erde parallel blaͤſet und behaͤlt Staͤrcke genung; ſo kan er den Ha- gel weit ſort fuͤhren, ehe er herunter faͤllet. Hingegen wenn er niederwarts gegen die Erde blaͤſet; ſo wirfft er den Hagel herunter: faͤnget er ſich an zu legen, ſo faͤllet der Ha- gel durch ſeine eigene Schweere nieder. Alle Coͤrper, welche durch ihre Schweere nie- derfallen, fallen in der Lufft nach einer Li- nie herunter, die auf den Erdboden perpen- dicular iſt (§. 83.). Derowegen wenn der Hagel nicht von dem Winde getrieben wird, indem er herunter faͤllet, ſo muß er gleichſalls gerade herunter fallen. Hinge- gen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/424
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/424>, abgerufen am 27.07.2024.