seyn müsse. Und deswegen wird be- hauptet, der Strahl SA, der aus der Sonnen in den Tropffen gezogen wird, müsse mit HO dem Strahle, der ausdem Tropffen ins Auge gehet, einen Winckel von 42 Graden machen. Weil nun dieses nicht in einem jeden Stande des Tropffens gegen die Sonne geschehen kan, so ist auch nicht möglich, daß die Regen-Bogen-Far- ben in allen Tropffen, die durch die Lufft fal- len, erscheinen. Und aus eben dieser Ur- sache kan nicht in einer jeden Höhe der Son- ne über dem Horizont sich ein Regenbogen sehen lassen. Kepler hat den Winckel et- was zu groß gemacht: denn Marcus An- tonius de Dominis und Cartesius machen ihn nur 42 Grad, worinnen sie auch von al- len Beyfall finden. Keplerg nemlich hat die Höhe des Regen-Bogens, welche durch den Winckel BOH abgemessen wird, nicht selbst untersucht; sondern behalten, wie sie von dem Vitellione angegeben worden. Newton, der den Unterscheid der Refra- ction des farbichten Lichtes entdecket (§. 160 T. II. Exper.) hat die Grösse dieses Win- ckels genauer untersucht h.
§. 293.
gf. 374.
hOptic lib. 1. part. 2. prop. 9. p. 162. & seqq.
Cap. VII. Von dem Regen-Bogen,
ſeyn muͤſſe. Und deswegen wird be- hauptet, der Strahl SA, der aus der Sonnen in den Tropffen gezogen wird, muͤſſe mit HO dem Strahle, der ausdem Tropffen ins Auge gehet, einen Winckel von 42 Graden machen. Weil nun dieſes nicht in einem jeden Stande des Tropffens gegen die Sonne geſchehen kan, ſo iſt auch nicht moͤglich, daß die Regen-Bogen-Far- ben in allen Tropffen, die durch die Lufft fal- len, erſcheinen. Und aus eben dieſer Ur- ſache kan nicht in einer jeden Hoͤhe der Son- ne uͤber dem Horizont ſich ein Regenbogen ſehen laſſen. Kepler hat den Winckel et- was zu groß gemacht: denn Marcus An- tonius de Dominis und Carteſius machen ihn nur 42 Grad, worinnen ſie auch von al- len Beyfall finden. Keplerg nemlich hat die Hoͤhe des Regen-Bogens, welche durch den Winckel BOH abgemeſſen wird, nicht ſelbſt unterſucht; ſondern behalten, wie ſie von dem Vitellione angegeben worden. Newton, der den Unterſcheid der Refra- ction des farbichten Lichtes entdecket (§. 160 T. II. Exper.) hat die Groͤſſe dieſes Win- ckels genauer unterſucht h.
§. 293.
gf. 374.
hOptic lib. 1. part. 2. prop. 9. p. 162. & ſeqq.
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Cap. VII. Von dem Regen-Bogen,
ſeyn muͤſſe. Und deswegen wird be-
hauptet, der Strahl SA, der aus der
Sonnen in den Tropffen gezogen wird,
muͤſſe mit HO dem Strahle, der ausdem
Tropffen ins Auge gehet, einen Winckel
von 42 Graden machen. Weil nun dieſes
nicht in einem jeden Stande des Tropffens
gegen die Sonne geſchehen kan, ſo iſt auch
nicht moͤglich, daß die Regen-Bogen-Far-
ben in allen Tropffen, die durch die Lufft fal-
len, erſcheinen. Und aus eben dieſer Ur-
ſache kan nicht in einer jeden Hoͤhe der Son-
ne uͤber dem Horizont ſich ein Regenbogen
ſehen laſſen. Kepler hat den Winckel et-
was zu groß gemacht: denn Marcus An-
tonius de Dominis und Carteſius machen
ihn nur 42 Grad, worinnen ſie auch von al-
len Beyfall finden. Kepler g nemlich hat
die Hoͤhe des Regen-Bogens, welche durch
den Winckel BOH abgemeſſen wird, nicht
ſelbſt unterſucht; ſondern behalten, wie ſie
von dem Vitellione angegeben worden.
Newton, der den Unterſcheid der Refra-
ction des farbichten Lichtes entdecket (§. 160
T. II. Exper.) hat die Groͤſſe dieſes Win-
ckels genauer unterſucht h.
§. 293.
g f. 374.
h Optic lib. 1. part. 2. prop. 9. p. 162. &
ſeqq.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/430>, abgerufen am 22.11.2024.
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