Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. IX. Von dem Wasser he steiget, oder auch wo es von allen Sei-ten her ein Feuer hat, von allen Seiten in die Höhe kommet, und Blasen wirfft. Es breitet aber die Wärme die aller subtileste Theile des Wassers, die wir mit unterschei- den können, aus (§. 223. T. I. Exper.) und dadurch nimmet die gantze Grösse des Wassers dergestalt zu, daß noch alle Theile so nahe an einänder zu liegen scheinen wie vorhin und wir keine Zwischen-Räumlein, die dadurch entstünden, entdecken können. Es wird aber im Gegentheile das Wasser durch die Kälte wieder in einen engeren Raum zusammen gebracht, und dadurch dichter. Daher wir auch finden, daß die Wärme und Kälte die Art der Schweere ändern (§. 211. T. I. Exper.), auch die wir mit unsern Sinnen zu unterscheiden nicht vermögend sind. Weil nun aber das Wasser keinen höhern Grad der Wärme annehmen kan, als biß es in völliges Sieden gebrachtwird (§. 109. T. II. Exper.); so ist es auch kein Wünder, daß es alsdenn in einen Dunst aufgelöset und durch die Lufft zerstreuet wird: denn wir finden, daß auch andere Dinge von dem grösten Grade der Wärme, den sie annehmen können, zernichtet wer- den, als Holtz verbrennet, Steine werden in Kalck und Glaß verwandelt. Wir fin- den auch, daß es in der Kälte ausdunstet (§. 87. T. II. Exper.) und gefrieret: wenn es
Cap. IX. Von dem Waſſer he ſteiget, oder auch wo es von allen Sei-ten her ein Feuer hat, von allen Seiten in die Hoͤhe kommet, und Blaſen wirfft. Es breitet aber die Waͤrme die aller ſubtileſte Theile des Waſſers, die wir mit unterſchei- den koͤnnen, aus (§. 223. T. I. Exper.) und dadurch nimmet die gantze Groͤſſe des Waſſers dergeſtalt zu, daß noch alle Theile ſo nahe an einaͤnder zu liegen ſcheinen wie vorhin und wir keine Zwiſchen-Raͤumlein, die daduꝛch entſtuͤnden, entdecken koͤnnen. Es wird aber im Gegentheile das Waſſer durch die Kaͤlte wieder in einen engeren Raum zuſammen gebracht, und dadurch dichter. Daher wir auch finden, daß die Waͤrme und Kaͤlte die Art der Schweere aͤndern (§. 211. T. I. Exper.), auch die wir mit unſern Sinnen zu unterſcheiden nicht vermoͤgend ſind. Weil nun aber das Waſſer keinen hoͤhern Grad der Waͤrme annehmen kan, als biß es in voͤlliges Sieden gebrachtwird (§. 109. T. II. Exper.); ſo iſt es auch kein Wuͤnder, daß es alsdenn in einen Dunſt aufgeloͤſet und durch die Lufft zerſtreuet wird: denn wir finden, daß auch andere Dinge von dem groͤſten Grade der Waͤrme, den ſie annehmen koͤnnen, zernichtet wer- den, als Holtz verbrennet, Steine werden in Kalck und Glaß verwandelt. Wir fin- den auch, daß es in der Kaͤlte ausdunſtet (§. 87. T. II. Exper.) und gefrieret: wenn es
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Cap. IX. Von dem Waſſer
he ſteiget, oder auch wo es von allen Sei-
ten her ein Feuer hat, von allen Seiten in
die Hoͤhe kommet, und Blaſen wirfft. Es
breitet aber die Waͤrme die aller ſubtileſte
Theile des Waſſers, die wir mit unterſchei-
den koͤnnen, aus (§. 223. T. I. Exper.) und
dadurch nimmet die gantze Groͤſſe des
Waſſers dergeſtalt zu, daß noch alle Theile
ſo nahe an einaͤnder zu liegen ſcheinen wie
vorhin und wir keine Zwiſchen-Raͤumlein,
die daduꝛch entſtuͤnden, entdecken koͤnnen. Es
wird aber im Gegentheile das Waſſer durch
die Kaͤlte wieder in einen engeren Raum
zuſammen gebracht, und dadurch dichter.
Daher wir auch finden, daß die Waͤrme
und Kaͤlte die Art der Schweere aͤndern (§.
211. T. I. Exper.), auch die wir mit unſern
Sinnen zu unterſcheiden nicht vermoͤgend
ſind. Weil nun aber das Waſſer keinen
hoͤhern Grad der Waͤrme annehmen kan,
als biß es in voͤlliges Sieden gebrachtwird
(§. 109. T. II. Exper.); ſo iſt es auch kein
Wuͤnder, daß es alsdenn in einen Dunſt
aufgeloͤſet und durch die Lufft zerſtreuet
wird: denn wir finden, daß auch andere
Dinge von dem groͤſten Grade der Waͤrme,
den ſie annehmen koͤnnen, zernichtet wer-
den, als Holtz verbrennet, Steine werden
in Kalck und Glaß verwandelt. Wir fin-
den auch, daß es in der Kaͤlte ausdunſtet
(§. 87. T. II. Exper.) und gefrieret: wenn
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