Blättern in den Stengel kommen kan, und die Art und Weise, wie er in den Safft- Röhren und der schwammichten Materie fortgebracht wird (§. 400.) so wohl angehet, wenn er in die Höhe, als wenn er nieder- steigen soll, massen es bloß darauf ankom- met, ob die oberen, oder die unteren Röh- ren weniger Safft haben.
Wie Pflantzen und Bäume wachsen.
§. 402.
Bey dem Wachsthume der Pflantzen ist auf zweyerley zu sehen: ein- mahl woher ihre Theile kommen, die wie- der aus andern auf eine ordentliche Wei- se zusammen gesetzet sind; darnach, wie dieselben Theile, da sie anfangs kleine seyn, vergrössert werden. Weil wir hier nicht weitläufftig seyn können; so vermeine ich von der gantzen Sache einen deutlichen Be- griff, den man davon haben kan, beyzu- bringen, wenn ich sie in dem Exempel eines Baumes vorstelle, weil doch die Bäume die vollkommensten Pflantzen sind und von ihnen sich gar leicht auf die übrigen schliessen lässet. Ein Baum erwächst aus einem Ker- ne, der ausser der Schaale, und seiner fleischichten Substantz ein Keimlein hat, wie es der erste Anblick zeiget. Das Keimlein hat ein kleines Würtzelchen, zwey Hertz- blättlein und darzwischen ein Auge, dar- innen ein Reiß im kleinen verborgen, mas- sen nicht mehr als dasselbe daraus wächset und also auch nicht die geringste Ursache
vor-
Cap. XI. Von dem Wachsthum
Blaͤttern in den Stengel kommen kan, und die Art und Weiſe, wie er in den Safft- Roͤhren und der ſchwammichten Materie fortgebracht wird (§. 400.) ſo wohl angehet, wenn er in die Hoͤhe, als wenn er nieder- ſteigen ſoll, maſſen es bloß darauf ankom- met, ob die oberen, oder die unteren Roͤh- ren weniger Safft haben.
Wie Pflantzen und Baͤume wachſen.
§. 402.
Bey dem Wachsthume der Pflantzen iſt auf zweyerley zu ſehen: ein- mahl woher ihre Theile kommen, die wie- der aus andern auf eine ordentliche Wei- ſe zuſammen geſetzet ſind; darnach, wie dieſelben Theile, da ſie anfangs kleine ſeyn, vergroͤſſert werden. Weil wir hier nicht weitlaͤufftig ſeyn koͤnnen; ſo vermeine ich von der gantzen Sache einen deutlichen Be- griff, den man davon haben kan, beyzu- bringen, wenn ich ſie in dem Exempel eines Baumes vorſtelle, weil doch die Baͤume die vollkommenſten Pflantzen ſind und von ihnen ſich gar leicht auf die uͤbrigen ſchlieſſen laͤſſet. Ein Baum erwaͤchſt aus einem Ker- ne, der auſſer der Schaale, und ſeiner fleiſchichten Subſtantz ein Keimlein hat, wie es der erſte Anblick zeiget. Das Keimlein hat ein kleines Wuͤrtzelchen, zwey Hertz- blaͤttlein und darzwiſchen ein Auge, dar- innen ein Reiß im kleinen verborgen, maſ- ſen nicht mehr als daſſelbe daraus waͤchſet und alſo auch nicht die geringſte Urſache
vor-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0670"n="634"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. XI.</hi> Von dem Wachsthum</hi></fw><lb/>
Blaͤttern in den Stengel kommen kan, und<lb/>
die Art und Weiſe, wie er in den Safft-<lb/>
Roͤhren und der ſchwammichten Materie<lb/>
fortgebracht wird (§. 400.) ſo wohl angehet,<lb/>
wenn er in die Hoͤhe, als wenn er nieder-<lb/>ſteigen ſoll, maſſen es bloß darauf ankom-<lb/>
met, ob die oberen, oder die unteren Roͤh-<lb/>
ren weniger Safft haben.</p><lb/><noteplace="left">Wie<lb/>
Pflantzen<lb/>
und<lb/>
Baͤume<lb/>
wachſen.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 402.</head><p>Bey dem Wachsthume der<lb/>
Pflantzen iſt auf zweyerley zu ſehen: ein-<lb/>
mahl woher ihre Theile kommen, die wie-<lb/>
der aus andern auf eine ordentliche Wei-<lb/>ſe zuſammen geſetzet ſind; darnach, wie<lb/>
dieſelben Theile, da ſie anfangs kleine ſeyn,<lb/>
vergroͤſſert werden. Weil wir hier nicht<lb/>
weitlaͤufftig ſeyn koͤnnen; ſo vermeine ich<lb/>
von der gantzen Sache einen deutlichen Be-<lb/>
griff, den man davon haben kan, beyzu-<lb/>
bringen, wenn ich ſie in dem Exempel eines<lb/>
Baumes vorſtelle, weil doch die Baͤume<lb/>
die vollkommenſten Pflantzen ſind und von<lb/>
ihnen ſich gar leicht auf die uͤbrigen ſchlieſſen<lb/>
laͤſſet. Ein Baum erwaͤchſt aus einem Ker-<lb/>
ne, der auſſer der Schaale, und ſeiner<lb/>
fleiſchichten Subſtantz ein Keimlein hat, wie<lb/>
es der erſte Anblick zeiget. Das Keimlein<lb/>
hat ein kleines Wuͤrtzelchen, zwey Hertz-<lb/>
blaͤttlein und darzwiſchen ein Auge, dar-<lb/>
innen ein Reiß im kleinen verborgen, maſ-<lb/>ſen nicht mehr als daſſelbe daraus waͤchſet<lb/>
und alſo auch nicht die geringſte Urſache<lb/><fwplace="bottom"type="catch">vor-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[634/0670]
Cap. XI. Von dem Wachsthum
Blaͤttern in den Stengel kommen kan, und
die Art und Weiſe, wie er in den Safft-
Roͤhren und der ſchwammichten Materie
fortgebracht wird (§. 400.) ſo wohl angehet,
wenn er in die Hoͤhe, als wenn er nieder-
ſteigen ſoll, maſſen es bloß darauf ankom-
met, ob die oberen, oder die unteren Roͤh-
ren weniger Safft haben.
§. 402. Bey dem Wachsthume der
Pflantzen iſt auf zweyerley zu ſehen: ein-
mahl woher ihre Theile kommen, die wie-
der aus andern auf eine ordentliche Wei-
ſe zuſammen geſetzet ſind; darnach, wie
dieſelben Theile, da ſie anfangs kleine ſeyn,
vergroͤſſert werden. Weil wir hier nicht
weitlaͤufftig ſeyn koͤnnen; ſo vermeine ich
von der gantzen Sache einen deutlichen Be-
griff, den man davon haben kan, beyzu-
bringen, wenn ich ſie in dem Exempel eines
Baumes vorſtelle, weil doch die Baͤume
die vollkommenſten Pflantzen ſind und von
ihnen ſich gar leicht auf die uͤbrigen ſchlieſſen
laͤſſet. Ein Baum erwaͤchſt aus einem Ker-
ne, der auſſer der Schaale, und ſeiner
fleiſchichten Subſtantz ein Keimlein hat, wie
es der erſte Anblick zeiget. Das Keimlein
hat ein kleines Wuͤrtzelchen, zwey Hertz-
blaͤttlein und darzwiſchen ein Auge, dar-
innen ein Reiß im kleinen verborgen, maſ-
ſen nicht mehr als daſſelbe daraus waͤchſet
und alſo auch nicht die geringſte Urſache
vor-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/670>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.