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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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Cap. XI. Von dem Wachsthum
Blättern in den Stengel kommen kan, und
die Art und Weise, wie er in den Safft-
Röhren und der schwammichten Materie
fortgebracht wird (§. 400.) so wohl angehet,
wenn er in die Höhe, als wenn er nieder-
steigen soll, massen es bloß darauf ankom-
met, ob die oberen, oder die unteren Röh-
ren weniger Safft haben.

Wie
Pflantzen
und
Bäume
wachsen.
§. 402.

Bey dem Wachsthume der
Pflantzen ist auf zweyerley zu sehen: ein-
mahl woher ihre Theile kommen, die wie-
der aus andern auf eine ordentliche Wei-
se zusammen gesetzet sind; darnach, wie
dieselben Theile, da sie anfangs kleine seyn,
vergrössert werden. Weil wir hier nicht
weitläufftig seyn können; so vermeine ich
von der gantzen Sache einen deutlichen Be-
griff, den man davon haben kan, beyzu-
bringen, wenn ich sie in dem Exempel eines
Baumes vorstelle, weil doch die Bäume
die vollkommensten Pflantzen sind und von
ihnen sich gar leicht auf die übrigen schliessen
lässet. Ein Baum erwächst aus einem Ker-
ne, der ausser der Schaale, und seiner
fleischichten Substantz ein Keimlein hat, wie
es der erste Anblick zeiget. Das Keimlein
hat ein kleines Würtzelchen, zwey Hertz-
blättlein und darzwischen ein Auge, dar-
innen ein Reiß im kleinen verborgen, mas-
sen nicht mehr als dasselbe daraus wächset
und also auch nicht die geringste Ursache

vor-

Cap. XI. Von dem Wachsthum
Blaͤttern in den Stengel kommen kan, und
die Art und Weiſe, wie er in den Safft-
Roͤhren und der ſchwammichten Materie
fortgebracht wird (§. 400.) ſo wohl angehet,
wenn er in die Hoͤhe, als wenn er nieder-
ſteigen ſoll, maſſen es bloß darauf ankom-
met, ob die oberen, oder die unteren Roͤh-
ren weniger Safft haben.

Wie
Pflantzen
und
Baͤume
wachſen.
§. 402.

Bey dem Wachsthume der
Pflantzen iſt auf zweyerley zu ſehen: ein-
mahl woher ihre Theile kommen, die wie-
der aus andern auf eine ordentliche Wei-
ſe zuſammen geſetzet ſind; darnach, wie
dieſelben Theile, da ſie anfangs kleine ſeyn,
vergroͤſſert werden. Weil wir hier nicht
weitlaͤufftig ſeyn koͤnnen; ſo vermeine ich
von der gantzen Sache einen deutlichen Be-
griff, den man davon haben kan, beyzu-
bringen, wenn ich ſie in dem Exempel eines
Baumes vorſtelle, weil doch die Baͤume
die vollkommenſten Pflantzen ſind und von
ihnen ſich gar leicht auf die uͤbrigen ſchlieſſen
laͤſſet. Ein Baum erwaͤchſt aus einem Ker-
ne, der auſſer der Schaale, und ſeiner
fleiſchichten Subſtantz ein Keimlein hat, wie
es der erſte Anblick zeiget. Das Keimlein
hat ein kleines Wuͤrtzelchen, zwey Hertz-
blaͤttlein und darzwiſchen ein Auge, dar-
innen ein Reiß im kleinen verborgen, maſ-
ſen nicht mehr als daſſelbe daraus waͤchſet
und alſo auch nicht die geringſte Urſache

vor-
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[634/0670] Cap. XI. Von dem Wachsthum Blaͤttern in den Stengel kommen kan, und die Art und Weiſe, wie er in den Safft- Roͤhren und der ſchwammichten Materie fortgebracht wird (§. 400.) ſo wohl angehet, wenn er in die Hoͤhe, als wenn er nieder- ſteigen ſoll, maſſen es bloß darauf ankom- met, ob die oberen, oder die unteren Roͤh- ren weniger Safft haben. §. 402. Bey dem Wachsthume der Pflantzen iſt auf zweyerley zu ſehen: ein- mahl woher ihre Theile kommen, die wie- der aus andern auf eine ordentliche Wei- ſe zuſammen geſetzet ſind; darnach, wie dieſelben Theile, da ſie anfangs kleine ſeyn, vergroͤſſert werden. Weil wir hier nicht weitlaͤufftig ſeyn koͤnnen; ſo vermeine ich von der gantzen Sache einen deutlichen Be- griff, den man davon haben kan, beyzu- bringen, wenn ich ſie in dem Exempel eines Baumes vorſtelle, weil doch die Baͤume die vollkommenſten Pflantzen ſind und von ihnen ſich gar leicht auf die uͤbrigen ſchlieſſen laͤſſet. Ein Baum erwaͤchſt aus einem Ker- ne, der auſſer der Schaale, und ſeiner fleiſchichten Subſtantz ein Keimlein hat, wie es der erſte Anblick zeiget. Das Keimlein hat ein kleines Wuͤrtzelchen, zwey Hertz- blaͤttlein und darzwiſchen ein Auge, dar- innen ein Reiß im kleinen verborgen, maſ- ſen nicht mehr als daſſelbe daraus waͤchſet und alſo auch nicht die geringſte Urſache vor-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/670>, abgerufen am 02.06.2024.