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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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der Menschen und Thiere.
verdauet werden. Denn daß er eine Krafft hat
die Speisen aufzulösen, siehet man nicht nur
augenscheinlich an den Stücklein Fleisch,
oder Brodt, so zwischen den Zähnen han-
gen bleiben, die nach und nach gantz weich
werden, daß sie sich wie eine Butter zer-
streichen lassen; sondern man findet auch
vielfältig, daß der Speichel Sachen, die
leicht gähren, zu einer Gährung bringet:
die Gährung aber bestehet in einer inneren
Bewegung, und demnach ist der Speichel
geschickt dergleichen zu erregen. Durch in-
nere Bewegung aber der subtilen Theilgen
muß die Auflösung der Speisen geschehen.
Man darf nur gekäuete und mit Speichel
wohl vermischte Speise in ein Gläßlein
thun und in einen etwas warmen Ort setzen;
so wird man dald sehen, was sich ereignet.
Man muß aber freylich unter den verschie-
denen Arten der Thiere einen Unterscheid
machen. Denn z. E. Vögel haben keine
Zähne und zermalmen ihre Speise nicht im
Munde; so findet man auch in den Raub-
Fischen, als z. E. in Hechten, Fische, Frö-
sche und Kröten gantz im Magen, die des-
sen ungeachtet, doch von ihnen verdauet
werden. Und es ist kein Zweiffel, daß auch
unter den Menschen sich ein Unterscheid be-
findet. Jch pflege die Speisen, so ich ge-
niesse, wohl zu käuen und sie werden mir auch
nahrhafft, und ich finde, daß sie verdauet
worden.

§. 410.
S s 5

der Menſchen und Thiere.
verdauet werden. Deñ daß er eine Krafft hat
die Speiſen aufzuloͤſen, ſiehet man nicht nur
augenſcheinlich an den Stuͤcklein Fleiſch,
oder Brodt, ſo zwiſchen den Zaͤhnen han-
gen bleiben, die nach und nach gantz weich
werden, daß ſie ſich wie eine Butter zer-
ſtreichen laſſen; ſondern man findet auch
vielfaͤltig, daß der Speichel Sachen, die
leicht gaͤhren, zu einer Gaͤhrung bringet:
die Gaͤhrung aber beſtehet in einer inneren
Bewegung, und demnach iſt der Speichel
geſchickt dergleichen zu erregen. Durch in-
nere Bewegung aber der ſubtilen Theilgen
muß die Aufloͤſung der Speiſen geſchehen.
Man darf nur gekaͤuete und mit Speichel
wohl vermiſchte Speiſe in ein Glaͤßlein
thun und in einen etwas warmen Ort ſetzen;
ſo wird man dald ſehen, was ſich ereignet.
Man muß aber freylich unter den verſchie-
denen Arten der Thiere einen Unterſcheid
machen. Denn z. E. Voͤgel haben keine
Zaͤhne und zermalmen ihre Speiſe nicht im
Munde; ſo findet man auch in den Raub-
Fiſchen, als z. E. in Hechten, Fiſche, Froͤ-
ſche und Kroͤten gantz im Magen, die deſ-
ſen ungeachtet, doch von ihnen verdauet
werden. Und es iſt kein Zweiffel, daß auch
unter den Menſchen ſich ein Unterſcheid be-
findet. Jch pflege die Speiſen, ſo ich ge-
nieſſe, wohl zu kaͤuen und ſie werden mir auch
nahrhafft, und ich finde, daß ſie verdauet
worden.

§. 410.
S s 5
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[649/0685] der Menſchen und Thiere. verdauet werden. Deñ daß er eine Krafft hat die Speiſen aufzuloͤſen, ſiehet man nicht nur augenſcheinlich an den Stuͤcklein Fleiſch, oder Brodt, ſo zwiſchen den Zaͤhnen han- gen bleiben, die nach und nach gantz weich werden, daß ſie ſich wie eine Butter zer- ſtreichen laſſen; ſondern man findet auch vielfaͤltig, daß der Speichel Sachen, die leicht gaͤhren, zu einer Gaͤhrung bringet: die Gaͤhrung aber beſtehet in einer inneren Bewegung, und demnach iſt der Speichel geſchickt dergleichen zu erregen. Durch in- nere Bewegung aber der ſubtilen Theilgen muß die Aufloͤſung der Speiſen geſchehen. Man darf nur gekaͤuete und mit Speichel wohl vermiſchte Speiſe in ein Glaͤßlein thun und in einen etwas warmen Ort ſetzen; ſo wird man dald ſehen, was ſich ereignet. Man muß aber freylich unter den verſchie- denen Arten der Thiere einen Unterſcheid machen. Denn z. E. Voͤgel haben keine Zaͤhne und zermalmen ihre Speiſe nicht im Munde; ſo findet man auch in den Raub- Fiſchen, als z. E. in Hechten, Fiſche, Froͤ- ſche und Kroͤten gantz im Magen, die deſ- ſen ungeachtet, doch von ihnen verdauet werden. Und es iſt kein Zweiffel, daß auch unter den Menſchen ſich ein Unterſcheid be- findet. Jch pflege die Speiſen, ſo ich ge- nieſſe, wohl zu kaͤuen und ſie werden mir auch nahrhafft, und ich finde, daß ſie verdauet worden. §. 410. S s 5

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/685>, abgerufen am 22.11.2024.