und nieder bewegen, und zwar sehr schnelle, bekommet der Athem, welcher heraus fäh- ret, eine solche Erschütterung, als zur Stim- me nöthig ist. Es lässet sich auch der Ritz, wodurch der Athem aus der Lunge fähret, durch besondere Mäuslein erweitern und enger machen, nach dem die Stimme grob oder klein seyn soll. Und eben deswegen haben Kinder und Weibs-Personen eine feine Stimme, weil bey ihnen der Ritz im Kopffe der Lufft-Röhre (glottis) enge ist. Die Bewegung der Knorpel im Kopffe, so einer Erschütterung gleichet, kan man mit dem Finger fühlen, wenn man unter dem Reden denselben von aussen oben an die Gurgel leget. Die Stimme wird zur Sprache, wenn sie durch den Mund, die Zunge, den Gaumen, die Zähne etc. auf ver- schiedene Art verändert wird, wie inson- derheit Amman(a) ausgeführet. Die lautbahren Buchstaben kommen von der blossen Eröffnung des Mundes her. Wenn man das a ausspricht, bleibet die Zunge unbeweglich liegen und der Mund wird am weitesten aufgethan, und fähret die Stim- me durch den weiten Mund ohne irgendwo anzustossen heraus. Das e kommet heraus, wenn der Mund wenig aufgethan ist, die Lippen in ihrer ordentlichen Lage verbleiben
und
(a)in Dissertat. de loquela c. 2. p. 62. 79.
Cap. XIV. Von den Sinnen.
und nieder bewegen, und zwar ſehr ſchnelle, bekommet der Athem, welcher heraus faͤh- ret, eine ſolche Erſchuͤtterung, als zur Stim- me noͤthig iſt. Es laͤſſet ſich auch der Ritz, wodurch der Athem aus der Lunge faͤhret, durch beſondere Maͤuslein erweitern und enger machen, nach dem die Stimme grob oder klein ſeyn ſoll. Und eben deswegen haben Kinder und Weibs-Perſonen eine feine Stimme, weil bey ihnen der Ritz im Kopffe der Lufft-Roͤhre (glottis) enge iſt. Die Bewegung der Knorpel im Kopffe, ſo einer Erſchuͤtterung gleichet, kan man mit dem Finger fuͤhlen, wenn man unter dem Reden denſelben von auſſen oben an die Gurgel leget. Die Stimme wird zur Sprache, wenn ſie durch den Mund, die Zunge, den Gaumen, die Zaͤhne ꝛc. auf ver- ſchiedene Art veraͤndert wird, wie inſon- derheit Amman(a) ausgefuͤhret. Die lautbahren Buchſtaben kommen von der bloſſen Eroͤffnung des Mundes her. Wenn man das a ausſpricht, bleibet die Zunge unbeweglich liegen und der Mund wird am weiteſten aufgethan, und faͤhret die Stim- me durch den weiten Mund ohne irgendwo anzuſtoſſen heraus. Das e kommet heraus, wenn der Mund wenig aufgethan iſt, die Lippen in ihrer ordentlichen Lage verbleiben
und
(a)in Diſſertat. de loquela c. 2. p. 62. 79.
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Cap. XIV. Von den Sinnen.
und nieder bewegen, und zwar ſehr ſchnelle,
bekommet der Athem, welcher heraus faͤh-
ret, eine ſolche Erſchuͤtterung, als zur Stim-
me noͤthig iſt. Es laͤſſet ſich auch der Ritz,
wodurch der Athem aus der Lunge faͤhret,
durch beſondere Maͤuslein erweitern und
enger machen, nach dem die Stimme grob
oder klein ſeyn ſoll. Und eben deswegen
haben Kinder und Weibs-Perſonen eine
feine Stimme, weil bey ihnen der Ritz im
Kopffe der Lufft-Roͤhre (glottis) enge iſt.
Die Bewegung der Knorpel im Kopffe,
ſo einer Erſchuͤtterung gleichet, kan man
mit dem Finger fuͤhlen, wenn man unter
dem Reden denſelben von auſſen oben an
die Gurgel leget. Die Stimme wird zur
Sprache, wenn ſie durch den Mund, die
Zunge, den Gaumen, die Zaͤhne ꝛc. auf ver-
ſchiedene Art veraͤndert wird, wie inſon-
derheit Amman (a) ausgefuͤhret. Die
lautbahren Buchſtaben kommen von der
bloſſen Eroͤffnung des Mundes her. Wenn
man das a ausſpricht, bleibet die Zunge
unbeweglich liegen und der Mund wird am
weiteſten aufgethan, und faͤhret die Stim-
me durch den weiten Mund ohne irgendwo
anzuſtoſſen heraus. Das e kommet heraus,
wenn der Mund wenig aufgethan iſt, die
Lippen in ihrer ordentlichen Lage verbleiben
und
(a) in Diſſertat. de loquela c. 2. p. 62. 79.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/730>, abgerufen am 22.11.2024.
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