Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. XIV. Von den Sinnen. nen feste zusammen: Hingegen wenn dasa hinten stehet, werden die Lippen anfangs zusammen gedruckt und nachdem von einan- der und der Mund weit aufgethan. Wenn man das k ausspricht; werden die Lippen nur zu den Seiten zusammen gethan und vornen behält der Mund eine kleine Cröff- nung. Das n schallet durch die Nase durch und wird mit einer Bewegung der Flügel (pinnarum) unten an der Nase ausgesprochen. Ein mehreres anzuführen ist nicht nöthig, weil ich bloß die allgemei- nen Gründe von Formirung der Sprache mir zu erklären vorgenommen. Gleichwie aber verschiedene und insonderheit Amman durch Hülffe dieser Erkäntnis die von Na- tur Tauben und Stummen reden gelehret, auch dahin gebracht, daß sie andern an dem Munde absehen können, was sie gereden; so könnte man nicht allein über dieses selbst die Hörenden in der Jugend unterrichten, daß sie einem an dem Munde absehen kön- ten, was man redet (welches in vielen Fäl- len nicht ohne Nutzen seyn würde), sondern man könnte auch die Aussprache in Schriff- ten auf die Nachkommen bringen, welche wir bey den todten Sprachen bisher verloh- ren. Unterdessen bleibet es allerdings was wunderbahres, daß da bey einem jeden Buchstaben, wenn er formiret wird, so vielerley geschehen muß, wir dennoch so ge- schwin-
Cap. XIV. Von den Sinnen. nen feſte zuſammen: Hingegen wenn dasa hinten ſtehet, werden die Lippen anfangs zuſammen gedruckt und nachdem von einan- der und der Mund weit aufgethan. Wenn man das k ausſpricht; werden die Lippen nur zu den Seiten zuſammen gethan und vornen behaͤlt der Mund eine kleine Croͤff- nung. Das n ſchallet durch die Naſe durch und wird mit einer Bewegung der Fluͤgel (pinnarum) unten an der Naſe ausgeſprochen. Ein mehreres anzufuͤhren iſt nicht noͤthig, weil ich bloß die allgemei- nen Gruͤnde von Formirung der Sprache mir zu erklaͤren vorgenommen. Gleichwie aber verſchiedene und inſonderheit Amman durch Huͤlffe dieſer Erkaͤntnis die von Na- tur Tauben und Stummen reden gelehret, auch dahin gebracht, daß ſie andern an dem Munde abſehen koͤnnen, was ſie gereden; ſo koͤnnte man nicht allein uͤber dieſes ſelbſt die Hoͤrenden in der Jugend unterrichten, daß ſie einem an dem Munde abſehen koͤn- ten, was man redet (welches in vielen Faͤl- len nicht ohne Nutzen ſeyn wuͤrde), ſondern man koͤnnte auch die Ausſprache in Schriff- ten auf die Nachkommen bringen, welche wir bey den todten Sprachen bisher verloh- ren. Unterdeſſen bleibet es allerdings was wunderbahres, daß da bey einem jeden Buchſtaben, wenn er formiret wird, ſo vielerley geſchehen muß, wir dennoch ſo ge- ſchwin-
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Cap. XIV. Von den Sinnen.
nen feſte zuſammen: Hingegen wenn das
a hinten ſtehet, werden die Lippen anfangs
zuſammen gedruckt und nachdem von einan-
der und der Mund weit aufgethan. Wenn
man das k ausſpricht; werden die Lippen
nur zu den Seiten zuſammen gethan und
vornen behaͤlt der Mund eine kleine Croͤff-
nung. Das n ſchallet durch die Naſe
durch und wird mit einer Bewegung der
Fluͤgel (pinnarum) unten an der Naſe
ausgeſprochen. Ein mehreres anzufuͤhren
iſt nicht noͤthig, weil ich bloß die allgemei-
nen Gruͤnde von Formirung der Sprache
mir zu erklaͤren vorgenommen. Gleichwie
aber verſchiedene und inſonderheit Amman
durch Huͤlffe dieſer Erkaͤntnis die von Na-
tur Tauben und Stummen reden gelehret,
auch dahin gebracht, daß ſie andern an dem
Munde abſehen koͤnnen, was ſie gereden;
ſo koͤnnte man nicht allein uͤber dieſes ſelbſt
die Hoͤrenden in der Jugend unterrichten,
daß ſie einem an dem Munde abſehen koͤn-
ten, was man redet (welches in vielen Faͤl-
len nicht ohne Nutzen ſeyn wuͤrde), ſondern
man koͤnnte auch die Ausſprache in Schriff-
ten auf die Nachkommen bringen, welche
wir bey den todten Sprachen bisher verloh-
ren. Unterdeſſen bleibet es allerdings was
wunderbahres, daß da bey einem jeden
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vielerley geſchehen muß, wir dennoch ſo ge-
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Zitationshilfe: | Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 696. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/732>, abgerufen am 17.06.2024. |