Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. I. Von dem Wesen
und eine zinnerne Schaale. Ob nun zwar
dieses als etwas geringes von einigen ver-
achtet werden dörffte; so ist es doch als et-
was wichtiges von denen anzusehen, welche
in der Erkäntnis der Natur ohne Anstoß
fortgehen wollen. Denn wir lernen hier-
aus, was zu thun ist, wenn wir die Be-
schaffenheit eines Cörpers erkennen wollen:
wir müssen nemlich untersuchen, was für ei-
genthümliche Materie ein Cörper an sich
hat, und wie daraus seine Theile gebildet
und er aus ihnen zusammen gesetzet worden.
Wenn wir nun eines von diesen herauszu-
bringen nicht vermögend sind, so haben wir
auch noch eine unvollkommene Erkäntnis
desselben Cörpers und dörffen uns daher
nicht wundern, wenn wir an ihm oder von
ihm herrührende Veränderungen warneh-
men, davon wir den Grund nicht anzuzei-
gen wissen (§. 33. met.). Was demnach
anfangs so schlecht und geringschätzig aus-
sahe, das hat so grossen Nutzen, indem es ein
Licht anzündet, dabey wir sehen können, wie
weit wir es in der Erkäntnis eines Dinges
gebracht und was uns noch daran fehlet.

Der Un-
terscheid
der Cör-
per wird
noch wei-
ter aus-
geführet.
§. 23.

Es kommet bey den Cörpern, die
viel zusammen gesetzet sind, auch noch dieser
Unterscheid vor, daß die Theile entweder
aus einerley eigenthümlicher Materie, oder
aus verschiedener bestehen. Wir treffen
diesen Unterscheid abermahls auch in der

Kunst

Cap. I. Von dem Weſen
und eine zinnerne Schaale. Ob nun zwar
dieſes als etwas geringes von einigen ver-
achtet werden doͤrffte; ſo iſt es doch als et-
was wichtiges von denen anzuſehen, welche
in der Erkaͤntnis der Natur ohne Anſtoß
fortgehen wollen. Denn wir lernen hier-
aus, was zu thun iſt, wenn wir die Be-
ſchaffenheit eines Coͤrpers erkennen wollen:
wir muͤſſen nemlich unterſuchen, was fuͤr ei-
genthuͤmliche Materie ein Coͤrper an ſich
hat, und wie daraus ſeine Theile gebildet
und er aus ihnen zuſammen geſetzet worden.
Wenn wir nun eines von dieſen herauszu-
bringen nicht vermoͤgend ſind, ſo haben wir
auch noch eine unvollkommene Erkaͤntnis
deſſelben Coͤrpers und doͤrffen uns daher
nicht wundern, wenn wir an ihm oder von
ihm herruͤhrende Veraͤnderungen warneh-
men, davon wir den Grund nicht anzuzei-
gen wiſſen (§. 33. met.). Was demnach
anfangs ſo ſchlecht und geringſchaͤtzig aus-
ſahe, das hat ſo groſſen Nutzen, indem es ein
Licht anzuͤndet, dabey wir ſehen koͤnnen, wie
weit wir es in der Erkaͤntnis eines Dinges
gebracht und was uns noch daran fehlet.

Der Un-
terſcheid
der Coͤr-
per wird
noch wei-
ter aus-
gefuͤhret.
§. 23.

Es kommet bey den Coͤrpern, die
viel zuſammen geſetzet ſind, auch noch dieſer
Unterſcheid vor, daß die Theile entweder
aus einerley eigenthuͤmlicher Materie, oder
aus verſchiedener beſtehen. Wir treffen
dieſen Unterſcheid abermahls auch in der

Kunſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0076" n="40"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. I.</hi> Von dem We&#x017F;en</hi></fw><lb/>
und eine zinnerne Schaale. Ob nun zwar<lb/>
die&#x017F;es als etwas geringes von einigen ver-<lb/>
achtet werden do&#x0364;rffte; &#x017F;o i&#x017F;t es doch als et-<lb/>
was wichtiges von denen anzu&#x017F;ehen, welche<lb/>
in der Erka&#x0364;ntnis der Natur ohne An&#x017F;toß<lb/>
fortgehen wollen. Denn wir lernen hier-<lb/>
aus, was zu thun i&#x017F;t, wenn wir die Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit eines Co&#x0364;rpers erkennen wollen:<lb/>
wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nemlich unter&#x017F;uchen, was fu&#x0364;r ei-<lb/>
genthu&#x0364;mliche Materie ein Co&#x0364;rper an &#x017F;ich<lb/>
hat, und wie daraus &#x017F;eine Theile gebildet<lb/>
und er aus ihnen zu&#x017F;ammen ge&#x017F;etzet worden.<lb/>
Wenn wir nun eines von die&#x017F;en herauszu-<lb/>
bringen nicht vermo&#x0364;gend &#x017F;ind, &#x017F;o haben wir<lb/>
auch noch eine unvollkommene Erka&#x0364;ntnis<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben Co&#x0364;rpers und do&#x0364;rffen uns daher<lb/>
nicht wundern, wenn wir an ihm oder von<lb/>
ihm herru&#x0364;hrende Vera&#x0364;nderungen warneh-<lb/>
men, davon wir den Grund nicht anzuzei-<lb/>
gen wi&#x017F;&#x017F;en (§. 33. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">m</hi>et.</hi>). Was demnach<lb/>
anfangs &#x017F;o &#x017F;chlecht und gering&#x017F;cha&#x0364;tzig aus-<lb/>
&#x017F;ahe, das hat &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Nutzen, indem es ein<lb/>
Licht anzu&#x0364;ndet, dabey wir &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen, wie<lb/>
weit wir es in der Erka&#x0364;ntnis eines Dinges<lb/>
gebracht und was uns noch daran fehlet.</p><lb/>
              <note place="left">Der Un-<lb/>
ter&#x017F;cheid<lb/>
der Co&#x0364;r-<lb/>
per wird<lb/>
noch wei-<lb/>
ter aus-<lb/>
gefu&#x0364;hret.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 23.</head>
              <p>Es kommet bey den Co&#x0364;rpern, die<lb/>
viel zu&#x017F;ammen ge&#x017F;etzet &#x017F;ind, auch noch die&#x017F;er<lb/>
Unter&#x017F;cheid vor, daß die Theile entweder<lb/>
aus einerley eigenthu&#x0364;mlicher Materie, oder<lb/>
aus ver&#x017F;chiedener be&#x017F;tehen. Wir treffen<lb/>
die&#x017F;en Unter&#x017F;cheid abermahls auch in der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Kun&#x017F;t</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0076] Cap. I. Von dem Weſen und eine zinnerne Schaale. Ob nun zwar dieſes als etwas geringes von einigen ver- achtet werden doͤrffte; ſo iſt es doch als et- was wichtiges von denen anzuſehen, welche in der Erkaͤntnis der Natur ohne Anſtoß fortgehen wollen. Denn wir lernen hier- aus, was zu thun iſt, wenn wir die Be- ſchaffenheit eines Coͤrpers erkennen wollen: wir muͤſſen nemlich unterſuchen, was fuͤr ei- genthuͤmliche Materie ein Coͤrper an ſich hat, und wie daraus ſeine Theile gebildet und er aus ihnen zuſammen geſetzet worden. Wenn wir nun eines von dieſen herauszu- bringen nicht vermoͤgend ſind, ſo haben wir auch noch eine unvollkommene Erkaͤntnis deſſelben Coͤrpers und doͤrffen uns daher nicht wundern, wenn wir an ihm oder von ihm herruͤhrende Veraͤnderungen warneh- men, davon wir den Grund nicht anzuzei- gen wiſſen (§. 33. met.). Was demnach anfangs ſo ſchlecht und geringſchaͤtzig aus- ſahe, das hat ſo groſſen Nutzen, indem es ein Licht anzuͤndet, dabey wir ſehen koͤnnen, wie weit wir es in der Erkaͤntnis eines Dinges gebracht und was uns noch daran fehlet. §. 23. Es kommet bey den Coͤrpern, die viel zuſammen geſetzet ſind, auch noch dieſer Unterſcheid vor, daß die Theile entweder aus einerley eigenthuͤmlicher Materie, oder aus verſchiedener beſtehen. Wir treffen dieſen Unterſcheid abermahls auch in der Kunſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/76
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/76>, abgerufen am 21.11.2024.