Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_157.001 Die Luft, in der sie sich danach bewegt, ist wie in Südfrankreich pwo_157.002
Auf allgemeine Wahrheiten sind auch die Dichtungen Heinrichs von pwo_157.023
Trotz Abnahme der unreinen Reime sind sie noch immer nicht pwo_157.033 Diesem metrischen Fortschritt entspricht aber zunächst nicht unbedingt pwo_157.038 pwo_157.001 Die Luft, in der sie sich danach bewegt, ist wie in Südfrankreich pwo_157.002
Auf allgemeine Wahrheiten sind auch die Dichtungen Heinrichs von pwo_157.023
Trotz Abnahme der unreinen Reime sind sie noch immer nicht pwo_157.033 Diesem metrischen Fortschritt entspricht aber zunächst nicht unbedingt pwo_157.038 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0171" n="157"/> <lb n="pwo_157.001"/> <p> Die Luft, in der sie sich danach bewegt, ist wie in Südfrankreich <lb n="pwo_157.002"/> halb und halb eine Traumwelt: zugrunde liegt die konventionelle <lb n="pwo_157.003"/> Dienstbarkeit unter dem Willen einer verehrten, meist verheiratheten <lb n="pwo_157.004"/> Frau. Jm Gegensatz zu der beim Kürenberger, Dietmar von Aist, <lb n="pwo_157.005"/> dem Burggrafen von Regensburg noch vorherrschenden natürlicheren, <lb n="pwo_157.006"/> organisch deutschen Auffassung der Liebe sehen wir die romanische <lb n="pwo_157.007"/> Galanterie bereits auf einer zweiten Entwicklungsstufe zum Siege gelangt. <lb n="pwo_157.008"/> Als eine neue Etappe auf dem in seiner prinzipiellen Richtung <lb n="pwo_157.009"/> uns bekannten Wege charakterisiert sie sich auch formell durch <lb n="pwo_157.010"/> größere Strenge im Versbau und der Strophengliederung sowie durch <lb n="pwo_157.011"/> zunehmenden Reichtum an neuen Versgebänden. Außer Friedrich von <lb n="pwo_157.012"/> Husen und Heinrich von Rugge gehört namentlich Heinrich von Veldeke <lb n="pwo_157.013"/> auch als Lyriker hierher. Der aesthetische Stil läßt nun die Reflexion <lb n="pwo_157.014"/> bereits weithin Raum gewinnen. So sinniert der von Veldeke abstrakt:</p> <lb n="pwo_157.015"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>„Swer tô der minne es sô frôt</l> <lb n="pwo_157.016"/> <l>dat er der minne dienen kan</l> <lb n="pwo_157.017"/> <l>und er dorch minne pîne dôt,</l> <lb n="pwo_157.018"/> <l>der es ein minnesâlich man.</l> <lb n="pwo_157.019"/> <l>Van minne kumet ons allet gôt,</l> <lb n="pwo_157.020"/> <l>die minne machet reinen môt:</l> <lb n="pwo_157.021"/> <l>wat solde ich sonder minne dan?“</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_157.022"/> <p>Auf allgemeine Wahrheiten sind auch die Dichtungen Heinrichs von <lb n="pwo_157.023"/> Rugge angelegt:</p> <lb n="pwo_157.024"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>„Nâch frowen schœne nieman sol</l> <lb n="pwo_157.025"/> <l>ze vil gevrâgen: sint si guot,</l> <lb n="pwo_157.026"/> <l>er lâzes ime gevallen wol</l> <lb n="pwo_157.027"/> <l>und wizze daz er rehte tuot.</l> <lb n="pwo_157.028"/> <l>Waz obe ein varwe wandel hât</l> <lb n="pwo_157.029"/> <l>der doch der muot vil hôhe stât?</l> <lb n="pwo_157.030"/> <l>er ist ein ungevüege man</l> <lb n="pwo_157.031"/> <l>der des an wîbe niht erkennen kan.“</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_157.032"/> <p> Trotz Abnahme der unreinen Reime sind sie noch immer nicht <lb n="pwo_157.033"/> ausdrücklich verpönt. Hierin sowohl als in der Abstufung der Strophe <lb n="pwo_157.034"/> geschieht noch vor Walthers Auftreten eine weitere metrische Vervollkommnung. <lb n="pwo_157.035"/> Wie ja die Lieder noch durchaus zum Gesang bestimmt <lb n="pwo_157.036"/> sind, gliedert sich die Strophe in zwei Stollen und einen Abgesang.</p> <lb n="pwo_157.037"/> <p> Diesem metrischen Fortschritt entspricht aber zunächst nicht unbedingt <lb n="pwo_157.038"/> ein innerer Aufstieg. Wohl darf man eine Vervollkommnung </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0171]
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Die Luft, in der sie sich danach bewegt, ist wie in Südfrankreich pwo_157.002
halb und halb eine Traumwelt: zugrunde liegt die konventionelle pwo_157.003
Dienstbarkeit unter dem Willen einer verehrten, meist verheiratheten pwo_157.004
Frau. Jm Gegensatz zu der beim Kürenberger, Dietmar von Aist, pwo_157.005
dem Burggrafen von Regensburg noch vorherrschenden natürlicheren, pwo_157.006
organisch deutschen Auffassung der Liebe sehen wir die romanische pwo_157.007
Galanterie bereits auf einer zweiten Entwicklungsstufe zum Siege gelangt. pwo_157.008
Als eine neue Etappe auf dem in seiner prinzipiellen Richtung pwo_157.009
uns bekannten Wege charakterisiert sie sich auch formell durch pwo_157.010
größere Strenge im Versbau und der Strophengliederung sowie durch pwo_157.011
zunehmenden Reichtum an neuen Versgebänden. Außer Friedrich von pwo_157.012
Husen und Heinrich von Rugge gehört namentlich Heinrich von Veldeke pwo_157.013
auch als Lyriker hierher. Der aesthetische Stil läßt nun die Reflexion pwo_157.014
bereits weithin Raum gewinnen. So sinniert der von Veldeke abstrakt:
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„Swer tô der minne es sô frôt pwo_157.016
dat er der minne dienen kan pwo_157.017
und er dorch minne pîne dôt, pwo_157.018
der es ein minnesâlich man. pwo_157.019
Van minne kumet ons allet gôt, pwo_157.020
die minne machet reinen môt: pwo_157.021
wat solde ich sonder minne dan?“
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Auf allgemeine Wahrheiten sind auch die Dichtungen Heinrichs von pwo_157.023
Rugge angelegt:
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„Nâch frowen schœne nieman sol pwo_157.025
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und wizze daz er rehte tuot. pwo_157.028
Waz obe ein varwe wandel hât pwo_157.029
der doch der muot vil hôhe stât? pwo_157.030
er ist ein ungevüege man pwo_157.031
der des an wîbe niht erkennen kan.“
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Trotz Abnahme der unreinen Reime sind sie noch immer nicht pwo_157.033
ausdrücklich verpönt. Hierin sowohl als in der Abstufung der Strophe pwo_157.034
geschieht noch vor Walthers Auftreten eine weitere metrische Vervollkommnung. pwo_157.035
Wie ja die Lieder noch durchaus zum Gesang bestimmt pwo_157.036
sind, gliedert sich die Strophe in zwei Stollen und einen Abgesang.
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Diesem metrischen Fortschritt entspricht aber zunächst nicht unbedingt pwo_157.038
ein innerer Aufstieg. Wohl darf man eine Vervollkommnung
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