Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_162.001
Nur mit dieser Wendung ist der äußere Vorgang auf die Gemütswirkung pwo_162.006 Neben solchen Blüten gegenständlicher Gefühlsvermittlung fehlt pwo_162.008
u. a. Seine vielen politischen und kirchenpolitischen Dichtungen bewahren pwo_162.016 "Ir fürsten, die des küneges gerne waeren ane, pwo_162.022 pwo_162.023die volgen meime rate: in rate in niht nach wane." Besonders einstrophige Gedichte, die inzwischen den bezeichnenden pwo_162.024 Doch auch die Spruchdichtung sehen wir eine Entwicklung vom pwo_162.027 "Ich sage iu, lieben süne mein, pwo_162.032 pwo_162.035iun wahset korn noch der wein, pwo_162.033 ichn kan iu niht gezeigen pwo_162.034 diu lehen noch diu eigen." Auf dieser thatsächlichen Grundlage erscheint der Wunsch berechtigt: pwo_162.036"Nau gnade iu got der guote, pwo_162.037
und gebe iu saelde unde heil." pwo_162.001
Nur mit dieser Wendung ist der äußere Vorgang auf die Gemütswirkung pwo_162.006 Neben solchen Blüten gegenständlicher Gefühlsvermittlung fehlt pwo_162.008
u. a. Seine vielen politischen und kirchenpolitischen Dichtungen bewahren pwo_162.016 „Ir fürsten, die des küneges gerne wæren âne, pwo_162.022 pwo_162.023die volgen mîme râte: in râte in niht nâch wâne.“ Besonders einstrophige Gedichte, die inzwischen den bezeichnenden pwo_162.024 Doch auch die Spruchdichtung sehen wir eine Entwicklung vom pwo_162.027 „Ich sage iu, lieben süne mîn, pwo_162.032 pwo_162.035iun wahset korn noch der wîn, pwo_162.033 ichn kan iu niht gezeigen pwo_162.034 diu lêhen noch diu eigen.“ Auf dieser thatsächlichen Grundlage erscheint der Wunsch berechtigt: pwo_162.036„Nû gnâde iu got der guote, pwo_162.037
und gebe iu sælde unde heil.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0176" n="162"/> <lb n="pwo_162.001"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>dô <hi rendition="#g">was</hi> mîn vriedel komen ê.</l> <lb n="pwo_162.002"/> <l>dâ <hi rendition="#g">wart</hi> ich enpfangen,</l> <lb n="pwo_162.003"/> <l>hêre vrouwe!</l> <lb n="pwo_162.004"/> <l>daz ich bin sælic iemer mê.“</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_162.005"/> <p>Nur mit dieser Wendung ist der äußere Vorgang auf die <hi rendition="#g">Gemütswirkung</hi> <lb n="pwo_162.006"/> zugespitzt.</p> <lb n="pwo_162.007"/> <p> Neben solchen Blüten gegenständlicher Gefühlsvermittlung fehlt <lb n="pwo_162.008"/> es aber nicht an zahlreichen ganz oder halb didaktischen Dichtungen. <lb n="pwo_162.009"/> Wie Walther überhaupt viel sinnt und trachtet, spricht er auch direkte <lb n="pwo_162.010"/> Lehren aus:</p> <lb n="pwo_162.011"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>„Niemen kan mit gerten</l> <lb n="pwo_162.012"/> <l>kindes zuht beherten ...</l> <lb n="pwo_162.013"/> <l> Hüetet iuwer zungen:</l> <lb n="pwo_162.014"/> <l>daz zimt wol den jungen“</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_162.015"/> <p>u. a. Seine vielen politischen und kirchenpolitischen Dichtungen bewahren <lb n="pwo_162.016"/> zwar noch weithin gegenständliche Zeichnung des Thatbestandes <lb n="pwo_162.017"/> als Unterlage für eigenen Gefühlsausbruch; oft aber tönen sie wie <lb n="pwo_162.018"/> zugespitzte Pfeile aus, die einem ferneren Ziele tendenziös zustreben, <lb n="pwo_162.019"/> um zu bestimmten praktischen Zwecken fortzureißen, auch wohl um <lb n="pwo_162.020"/> aus persönlichem Anlaß zu loben oder zu tadeln.</p> <lb n="pwo_162.021"/> <lg> <l>„<hi rendition="#aq">Ir fürsten, die des küneges gerne wæren âne,</hi></l> <lb n="pwo_162.022"/> <l><hi rendition="#aq">die volgen mîme râte: in râte in niht nâch wâne</hi>.“</l> </lg> <lb n="pwo_162.023"/> <p>Besonders einstrophige Gedichte, die inzwischen den bezeichnenden <lb n="pwo_162.024"/> Namen <hi rendition="#g">Spruch</hi> angenommen haben, sind die beliebte Form für die <lb n="pwo_162.025"/> lyrische Tendenzdichtung.</p> <lb n="pwo_162.026"/> <p> Doch auch die Spruchdichtung sehen wir eine Entwicklung vom <lb n="pwo_162.027"/> Gegenständlichen zum Abstrakten, vom Besonderen zum Allgemeinen <lb n="pwo_162.028"/> durchmessen. Die ältesten Nummern der unter Spervogels Namen <lb n="pwo_162.029"/> gehenden Sprüche sind im Stoff reich an persönlichen Geständnissen <lb n="pwo_162.030"/> sowie im Stil an erzählender und bildkräftiger Darstellung.</p> <lb n="pwo_162.031"/> <lg> <l>„<hi rendition="#aq">Ich sage iu, lieben süne mîn,</hi></l> <lb n="pwo_162.032"/> <l> <hi rendition="#aq">iun wahset korn noch der wîn,</hi> </l> <lb n="pwo_162.033"/> <l> <hi rendition="#aq">ichn kan iu niht gezeigen</hi> </l> <lb n="pwo_162.034"/> <l><hi rendition="#aq">diu lêhen noch diu eigen</hi>.“</l> </lg> <lb n="pwo_162.035"/> <p>Auf dieser thatsächlichen Grundlage erscheint der Wunsch berechtigt:</p> <lb n="pwo_162.036"/> <lg> <l>„<hi rendition="#aq">Nû gnâde iu got der guote,</hi></l> <lb n="pwo_162.037"/> <l><hi rendition="#aq">und gebe iu sælde unde heil</hi>.“</l> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0176]
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dô was mîn vriedel komen ê. pwo_162.002
dâ wart ich enpfangen, pwo_162.003
hêre vrouwe! pwo_162.004
daz ich bin sælic iemer mê.“
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Nur mit dieser Wendung ist der äußere Vorgang auf die Gemütswirkung pwo_162.006
zugespitzt.
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Neben solchen Blüten gegenständlicher Gefühlsvermittlung fehlt pwo_162.008
es aber nicht an zahlreichen ganz oder halb didaktischen Dichtungen. pwo_162.009
Wie Walther überhaupt viel sinnt und trachtet, spricht er auch direkte pwo_162.010
Lehren aus:
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„Niemen kan mit gerten pwo_162.012
kindes zuht beherten ... pwo_162.013
Hüetet iuwer zungen: pwo_162.014
daz zimt wol den jungen“
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u. a. Seine vielen politischen und kirchenpolitischen Dichtungen bewahren pwo_162.016
zwar noch weithin gegenständliche Zeichnung des Thatbestandes pwo_162.017
als Unterlage für eigenen Gefühlsausbruch; oft aber tönen sie wie pwo_162.018
zugespitzte Pfeile aus, die einem ferneren Ziele tendenziös zustreben, pwo_162.019
um zu bestimmten praktischen Zwecken fortzureißen, auch wohl um pwo_162.020
aus persönlichem Anlaß zu loben oder zu tadeln.
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„Ir fürsten, die des küneges gerne wæren âne, pwo_162.022
die volgen mîme râte: in râte in niht nâch wâne.“
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Besonders einstrophige Gedichte, die inzwischen den bezeichnenden pwo_162.024
Namen Spruch angenommen haben, sind die beliebte Form für die pwo_162.025
lyrische Tendenzdichtung.
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Doch auch die Spruchdichtung sehen wir eine Entwicklung vom pwo_162.027
Gegenständlichen zum Abstrakten, vom Besonderen zum Allgemeinen pwo_162.028
durchmessen. Die ältesten Nummern der unter Spervogels Namen pwo_162.029
gehenden Sprüche sind im Stoff reich an persönlichen Geständnissen pwo_162.030
sowie im Stil an erzählender und bildkräftiger Darstellung.
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„Ich sage iu, lieben süne mîn, pwo_162.032
iun wahset korn noch der wîn, pwo_162.033
ichn kan iu niht gezeigen pwo_162.034
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Auf dieser thatsächlichen Grundlage erscheint der Wunsch berechtigt:
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„Nû gnâde iu got der guote, pwo_162.037
und gebe iu sælde unde heil.“
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