Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_166.001 "So geht's, wenn ein Mädel zwei Knaben lieb hat, pwo_166.002 pwo_166.005Thut wunderselten gut; pwo_166.003 Das haben wir beid erfahren, pwo_166.004 Was falsche Liebe thut." Didaktisch in eine Moral von der Geschicht mündet die Schlußbetrachtung: pwo_166.006pwo_166.007 "Also ein böses Weib wohl kann pwo_166.008 pwo_166.009Bös machen einen frommen Mann." Nachdem so zunächst die allgemeine Wahrheit aus dem konkreten Fall pwo_166.010 "Hat diese Frau durch Schläge sich pwo_166.012 pwo_166.013Bekehrt, das soll fast wundern mich." Allgemeine Begründung: pwo_166.014"Denn man schlägt wohl 'raus einen Teufel, pwo_166.015 pwo_166.016Sechs aber drein ohn' allen Zweifel." Und nun ein ausdrücklich didaktischer Antrieb: pwo_166.017"Doch die dem Mann nicht folget bald, pwo_166.018 pwo_166.019Die soll er schlagen warm und kalt." Jnmitten der Darstellung ist die Frageform kaum minder beliebt pwo_166.020 "Es wollt ein Mädchen Rosen brechen gehn, pwo_166.022 pwo_166.025Wohl in die grüne Haide. pwo_166.023 Was fand sie da am Wege stehn? pwo_166.024 Eine Hasel, die war grüne." Jm folgenden setzt eine Unterhaltung des Mädchens mit der Hasel pwo_166.026 Wie im alten Heldensang nimmt die Antwort gern die Wendungen pwo_166.030 ",Guten Tag, guten Tag, liebe Hasel mein; pwo_166.033
Warum bist du so grüne?' - pwo_166.034 ,Hab Dank, hab Dank, wackres Mägdelein; pwo_166.035 Warum bist du so schöne?' - pwo_166.001 „So geht's, wenn ein Mädel zwei Knaben lieb hat, pwo_166.002 pwo_166.005Thut wunderselten gut; pwo_166.003 Das haben wir beid erfahren, pwo_166.004 Was falsche Liebe thut.“ Didaktisch in eine Moral von der Geschicht mündet die Schlußbetrachtung: pwo_166.006pwo_166.007 „Also ein böses Weib wohl kann pwo_166.008 pwo_166.009Bös machen einen frommen Mann.“ Nachdem so zunächst die allgemeine Wahrheit aus dem konkreten Fall pwo_166.010 „Hat diese Frau durch Schläge sich pwo_166.012 pwo_166.013Bekehrt, das soll fast wundern mich.“ Allgemeine Begründung: pwo_166.014„Denn man schlägt wohl 'raus einen Teufel, pwo_166.015 pwo_166.016Sechs aber drein ohn' allen Zweifel.“ Und nun ein ausdrücklich didaktischer Antrieb: pwo_166.017„Doch die dem Mann nicht folget bald, pwo_166.018 pwo_166.019Die soll er schlagen warm und kalt.“ Jnmitten der Darstellung ist die Frageform kaum minder beliebt pwo_166.020 „Es wollt ein Mädchen Rosen brechen gehn, pwo_166.022 pwo_166.025Wohl in die grüne Haide. pwo_166.023 Was fand sie da am Wege stehn? pwo_166.024 Eine Hasel, die war grüne.“ Jm folgenden setzt eine Unterhaltung des Mädchens mit der Hasel pwo_166.026 Wie im alten Heldensang nimmt die Antwort gern die Wendungen pwo_166.030 „‚Guten Tag, guten Tag, liebe Hasel mein; pwo_166.033
Warum bist du so grüne?' – pwo_166.034 ‚Hab Dank, hab Dank, wackres Mägdelein; pwo_166.035 Warum bist du so schöne?' – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0180" n="166"/> <lb n="pwo_166.001"/> <lg> <l>„So geht's, wenn ein Mädel zwei Knaben lieb hat,</l> <lb n="pwo_166.002"/> <l>Thut wunderselten gut;</l> <lb n="pwo_166.003"/> <l>Das haben wir beid erfahren,</l> <lb n="pwo_166.004"/> <l>Was falsche Liebe thut.“</l> </lg> <lb n="pwo_166.005"/> <p>Didaktisch in eine Moral von der Geschicht mündet die Schlußbetrachtung:</p> <lb n="pwo_166.006"/> <lb n="pwo_166.007"/> <lg> <l>„Also ein böses Weib wohl kann</l> <lb n="pwo_166.008"/> <l>Bös machen einen frommen Mann.“</l> </lg> <lb n="pwo_166.009"/> <p>Nachdem so zunächst die allgemeine Wahrheit aus dem konkreten Fall <lb n="pwo_166.010"/> gezogen, geht der Dichter zur subjektiven Erörterung der Folgen über:</p> <lb n="pwo_166.011"/> <lg> <l>„Hat diese Frau durch Schläge sich</l> <lb n="pwo_166.012"/> <l>Bekehrt, das soll fast wundern mich.“</l> </lg> <lb n="pwo_166.013"/> <p>Allgemeine Begründung:</p> <lb n="pwo_166.014"/> <lg> <l>„Denn man schlägt wohl 'raus einen Teufel,</l> <lb n="pwo_166.015"/> <l>Sechs aber drein ohn' allen Zweifel.“</l> </lg> <lb n="pwo_166.016"/> <p>Und nun ein ausdrücklich didaktischer Antrieb:</p> <lb n="pwo_166.017"/> <lg> <l>„Doch die dem Mann nicht folget bald,</l> <lb n="pwo_166.018"/> <l>Die soll er schlagen warm und kalt.“</l> </lg> <lb n="pwo_166.019"/> <p> Jnmitten der Darstellung ist die Frageform kaum minder beliebt <lb n="pwo_166.020"/> als am Eingang und Schluß.</p> <lb n="pwo_166.021"/> <lg> <l>„Es wollt ein Mädchen Rosen brechen gehn,</l> <lb n="pwo_166.022"/> <l>Wohl in die grüne Haide.</l> <lb n="pwo_166.023"/> <l>Was fand sie da am Wege stehn?</l> <lb n="pwo_166.024"/> <l>Eine Hasel, die war grüne.“</l> </lg> <lb n="pwo_166.025"/> <p>Jm folgenden setzt eine Unterhaltung des Mädchens mit der Hasel <lb n="pwo_166.026"/> ein; aber schon in dieser Einführungsstrophe färbt der Dichter seine <lb n="pwo_166.027"/> Erzählung dialogisch: die Frage ist gleichsam den Hörern vom Munde <lb n="pwo_166.028"/> gelesen, Ausdruck ihrer lebhaften, gefühlvollen Teilnahme.</p> <lb n="pwo_166.029"/> <p> Wie im alten Heldensang nimmt die Antwort gern die Wendungen <lb n="pwo_166.030"/> der Frage auf, wie überhaupt Wiederholungen und paralleler <lb n="pwo_166.031"/> Satzbau ein beliebtes Darstellungsmittel bilden:</p> <lb n="pwo_166.032"/> <lg> <l> „‚Guten Tag, guten Tag, liebe Hasel mein;</l> <lb n="pwo_166.033"/> <l>Warum bist du so grüne?' –</l> <lb n="pwo_166.034"/> <l>‚Hab Dank, hab Dank, wackres Mägdelein;</l> <lb n="pwo_166.035"/> <l>Warum bist du so schöne?' –</l> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0180]
pwo_166.001
„So geht's, wenn ein Mädel zwei Knaben lieb hat, pwo_166.002
Thut wunderselten gut; pwo_166.003
Das haben wir beid erfahren, pwo_166.004
Was falsche Liebe thut.“
pwo_166.005
Didaktisch in eine Moral von der Geschicht mündet die Schlußbetrachtung:
pwo_166.006
pwo_166.007
„Also ein böses Weib wohl kann pwo_166.008
Bös machen einen frommen Mann.“
pwo_166.009
Nachdem so zunächst die allgemeine Wahrheit aus dem konkreten Fall pwo_166.010
gezogen, geht der Dichter zur subjektiven Erörterung der Folgen über:
pwo_166.011
„Hat diese Frau durch Schläge sich pwo_166.012
Bekehrt, das soll fast wundern mich.“
pwo_166.013
Allgemeine Begründung:
pwo_166.014
„Denn man schlägt wohl 'raus einen Teufel, pwo_166.015
Sechs aber drein ohn' allen Zweifel.“
pwo_166.016
Und nun ein ausdrücklich didaktischer Antrieb:
pwo_166.017
„Doch die dem Mann nicht folget bald, pwo_166.018
Die soll er schlagen warm und kalt.“
pwo_166.019
Jnmitten der Darstellung ist die Frageform kaum minder beliebt pwo_166.020
als am Eingang und Schluß.
pwo_166.021
„Es wollt ein Mädchen Rosen brechen gehn, pwo_166.022
Wohl in die grüne Haide. pwo_166.023
Was fand sie da am Wege stehn? pwo_166.024
Eine Hasel, die war grüne.“
pwo_166.025
Jm folgenden setzt eine Unterhaltung des Mädchens mit der Hasel pwo_166.026
ein; aber schon in dieser Einführungsstrophe färbt der Dichter seine pwo_166.027
Erzählung dialogisch: die Frage ist gleichsam den Hörern vom Munde pwo_166.028
gelesen, Ausdruck ihrer lebhaften, gefühlvollen Teilnahme.
pwo_166.029
Wie im alten Heldensang nimmt die Antwort gern die Wendungen pwo_166.030
der Frage auf, wie überhaupt Wiederholungen und paralleler pwo_166.031
Satzbau ein beliebtes Darstellungsmittel bilden:
pwo_166.032
„‚Guten Tag, guten Tag, liebe Hasel mein; pwo_166.033
Warum bist du so grüne?' – pwo_166.034
‚Hab Dank, hab Dank, wackres Mägdelein; pwo_166.035
Warum bist du so schöne?' –
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |