Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_021.001 § 18. pwo_021.002 pwo_021.003Fortsetzung: b) in der Produktion. Nicht allein in theoretischer Gruppierung gelangen Variationen pwo_021.004 Unsere heimische Dichtung läßt diese Wandlungen typisch hervortreten. pwo_021.007 pwo_021.030 § 19. pwo_021.031 pwo_021.032Fortsetzung: c) in der Wirkung. Noch heute läßt sich erkennen, wie die Poesie selbst von Zeitgenossen pwo_021.033 pwo_021.001 § 18. pwo_021.002 pwo_021.003Fortsetzung: b) in der Produktion. Nicht allein in theoretischer Gruppierung gelangen Variationen pwo_021.004 Unsere heimische Dichtung läßt diese Wandlungen typisch hervortreten. pwo_021.007 pwo_021.030 § 19. pwo_021.031 pwo_021.032Fortsetzung: c) in der Wirkung. Noch heute läßt sich erkennen, wie die Poesie selbst von Zeitgenossen pwo_021.033 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0035" n="21"/> </div> <div n="3"> <lb n="pwo_021.001"/> <head> <hi rendition="#c">§ 18. <lb n="pwo_021.002"/> Fortsetzung: <hi rendition="#aq">b</hi>) in der Produktion.</hi> </head> <lb n="pwo_021.003"/> <p> Nicht allein in theoretischer Gruppierung gelangen Variationen <lb n="pwo_021.004"/> der Poesie zur Anerkennung. Ersichtlich sehen die Dichter selbst zu <lb n="pwo_021.005"/> verschiedenen Zeiten ihre Aufgabe gar verschieden an.</p> <lb n="pwo_021.006"/> <p> Unsere heimische Dichtung läßt diese Wandlungen typisch hervortreten. <lb n="pwo_021.007"/> Der alte Volkssänger ist von rein stofflichem Jnteresse an <lb n="pwo_021.008"/> der nationalen Sage erfüllt, die er als heilige Ueberlieferung unverfälscht <lb n="pwo_021.009"/> und nur in den Schmuck der gefälligen poetischen Form gekleidet <lb n="pwo_021.010"/> seinem Volke vermitteln will. Schon das Zeitalter der Kreuzzüge <lb n="pwo_021.011"/> läßt den Gefühlsüberschwang, das Bedürfnis nach ästhetischem <lb n="pwo_021.012"/> Genuß stark hervortreten. Die Dichtung des Reformationszeitalters <lb n="pwo_021.013"/> zeigt sich von religiös-ethischen Tendenzen geleitet. Die Gelehrtenpoesie <lb n="pwo_021.014"/> des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts hat ersichtlich den <lb n="pwo_021.015"/> Verstand zu Gevatter gebeten; die Dichtung wird thatsächlich, was <lb n="pwo_021.016"/> der Titel einer Gottschedianischen Zeitschrift verräterisch ausplaudert: <lb n="pwo_021.017"/> Belustigung des Verstandes und Witzes. Aesthetische und religiössittliche <lb n="pwo_021.018"/> Momente streben noch in Klopstocks und Schillers Poesie <lb n="pwo_021.019"/> nach einem Ausgleich. Die humanistischen Ansätze der klassischen Periode <lb n="pwo_021.020"/> steigern sich in Goethe zum Gipfel. Eine rein ästhetische Kunst <lb n="pwo_021.021"/> um der Kunst willen gelangt in der Romantik zur Selbstüberbietung <lb n="pwo_021.022"/> u. s. f. Aus einem jedenfalls weitgehend andersgearteten Drang greift <lb n="pwo_021.023"/> der Dichter der Gegenwart zur Feder als das Germanenheer zur Zeit <lb n="pwo_021.024"/> des Tacitus den Schild an den Mund legte, damit sein Schlachtgesang <lb n="pwo_021.025"/> um so dröhnender gelle. Selbst ein Ludwig Anzengruber <lb n="pwo_021.026"/> dichtet aus andern Voraussetzungen und zu andern Zwecken, vor allem <lb n="pwo_021.027"/> nach andern ihm halb bewußt, halb unbewußt vorschwebenden Gesetzen <lb n="pwo_021.028"/> als sein ebenfalls unserm Jahrhundert angehöriger Landsmann <lb n="pwo_021.029"/> Franz Grillparzer.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwo_021.030"/> <head> <hi rendition="#c">§ 19. <lb n="pwo_021.031"/> Fortsetzung: <hi rendition="#aq">c</hi>) in der Wirkung.</hi> </head> <lb n="pwo_021.032"/> <p> Noch heute läßt sich erkennen, wie die Poesie selbst von Zeitgenossen <lb n="pwo_021.033"/> je nach Alter, Bildungsgrad und Jndividualität aus wesentlich <lb n="pwo_021.034"/> verschiedenen Motiven gesucht und genossen wird.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0035]
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§ 18. pwo_021.002
Fortsetzung: b) in der Produktion. pwo_021.003
Nicht allein in theoretischer Gruppierung gelangen Variationen pwo_021.004
der Poesie zur Anerkennung. Ersichtlich sehen die Dichter selbst zu pwo_021.005
verschiedenen Zeiten ihre Aufgabe gar verschieden an.
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Unsere heimische Dichtung läßt diese Wandlungen typisch hervortreten. pwo_021.007
Der alte Volkssänger ist von rein stofflichem Jnteresse an pwo_021.008
der nationalen Sage erfüllt, die er als heilige Ueberlieferung unverfälscht pwo_021.009
und nur in den Schmuck der gefälligen poetischen Form gekleidet pwo_021.010
seinem Volke vermitteln will. Schon das Zeitalter der Kreuzzüge pwo_021.011
läßt den Gefühlsüberschwang, das Bedürfnis nach ästhetischem pwo_021.012
Genuß stark hervortreten. Die Dichtung des Reformationszeitalters pwo_021.013
zeigt sich von religiös-ethischen Tendenzen geleitet. Die Gelehrtenpoesie pwo_021.014
des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts hat ersichtlich den pwo_021.015
Verstand zu Gevatter gebeten; die Dichtung wird thatsächlich, was pwo_021.016
der Titel einer Gottschedianischen Zeitschrift verräterisch ausplaudert: pwo_021.017
Belustigung des Verstandes und Witzes. Aesthetische und religiössittliche pwo_021.018
Momente streben noch in Klopstocks und Schillers Poesie pwo_021.019
nach einem Ausgleich. Die humanistischen Ansätze der klassischen Periode pwo_021.020
steigern sich in Goethe zum Gipfel. Eine rein ästhetische Kunst pwo_021.021
um der Kunst willen gelangt in der Romantik zur Selbstüberbietung pwo_021.022
u. s. f. Aus einem jedenfalls weitgehend andersgearteten Drang greift pwo_021.023
der Dichter der Gegenwart zur Feder als das Germanenheer zur Zeit pwo_021.024
des Tacitus den Schild an den Mund legte, damit sein Schlachtgesang pwo_021.025
um so dröhnender gelle. Selbst ein Ludwig Anzengruber pwo_021.026
dichtet aus andern Voraussetzungen und zu andern Zwecken, vor allem pwo_021.027
nach andern ihm halb bewußt, halb unbewußt vorschwebenden Gesetzen pwo_021.028
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Franz Grillparzer.
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Fortsetzung: c) in der Wirkung. pwo_021.032
Noch heute läßt sich erkennen, wie die Poesie selbst von Zeitgenossen pwo_021.033
je nach Alter, Bildungsgrad und Jndividualität aus wesentlich pwo_021.034
verschiedenen Motiven gesucht und genossen wird.
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