Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_073.001 Aus dieser Voraussetzung erklärt sich das Fortschreiten der Erzählung pwo_073.008 Zunächst sind stehende Beiwörter aus jenem primitiven Stil pwo_073.010 Verwandt mit attributiven Adjektiven erscheinen stehende Appositionen, pwo_073.027 "Hiltibrant gimahalta, Heribrantes sunu," pwo_073.031 pwo_073.032"Hadubrant gimahalta, Hiltibrantes sunu." Aehnlich in den eddischen Liedern, wie auch in den orientalischen pwo_073.033 pwo_073.001 Aus dieser Voraussetzung erklärt sich das Fortschreiten der Erzählung pwo_073.008 Zunächst sind stehende Beiwörter aus jenem primitiven Stil pwo_073.010 Verwandt mit attributiven Adjektiven erscheinen stehende Appositionen, pwo_073.027 „Hiltibrant gimahalta, Heribrantes sunu,“ pwo_073.031 pwo_073.032„Hadubrant gimahalta, Hiltibrantes sunu.“ Aehnlich in den eddischen Liedern, wie auch in den orientalischen pwo_073.033 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0087" n="73"/><lb n="pwo_073.001"/> den nationalen Vers gekleidet; noch fehlt äußerer Schmuck der Erzählung, <lb n="pwo_073.002"/> der als unorganischer Zusatz zur Thatsächlichkeit der Darstellung <lb n="pwo_073.003"/> empfunden wäre; noch fehlt das Streben nach Abwechselung <lb n="pwo_073.004"/> und Mannigfaltigkeit, die ebenfalls über die vorläufig alleinige Aufgabe: <lb n="pwo_073.005"/> Einkleidung der thatsächlichen Ueberlieferung in den nationalen <lb n="pwo_073.006"/> Vers, hinausführen würden.</p> <lb n="pwo_073.007"/> <p> Aus dieser Voraussetzung erklärt sich das Fortschreiten der Erzählung <lb n="pwo_073.008"/> in zahlreichen feststehenden <hi rendition="#g">Formeln.</hi></p> <lb n="pwo_073.009"/> <p> Zunächst sind <hi rendition="#g">stehende Beiwörter</hi> aus jenem primitiven Stil <lb n="pwo_073.010"/> bis in die späteren Epopöen übergegangen. Vorerst ist das Beiwort <lb n="pwo_073.011"/> typisch und wird allen Helden gleichmäßig zugestanden. Daneben treten <lb n="pwo_073.012"/> bald zu den einzelnen Jndividuen charakteristische Beiwörter, die an <lb n="pwo_073.013"/> ihnen haften bleiben, auch wo ihr Auftreten garnicht unmittelbar an <lb n="pwo_073.014"/> das nun einmal in der Volksphantasie feststehende Bild ihrer Persönlichkeit <lb n="pwo_073.015"/> erinnert. Aehnlich sind allen Gegenständen typische Attribute <lb n="pwo_073.016"/> beigelegt. Noch das Nibelungenlied läßt durchblicken, wie dem Heldensang <lb n="pwo_073.017"/> alle preiswürdigen Objekte weiß oder licht, alle verdammlichen <lb n="pwo_073.018"/> schwarz oder doch düster erscheinen; derselben Erscheinung begegnen <lb n="pwo_073.019"/> wir in slavischen Liedern. Die See ist blau, die Rosse sind schnell <lb n="pwo_073.020"/> u. dergl. Auch die Lieder der Edda führen diese Stilelemente durch. <lb n="pwo_073.021"/> Zu virtuoser Fortbildung gelangt dieselbe Manier überhaupt in der <lb n="pwo_073.022"/> skandinavischen Poesie. Feststehende Kennzeichen (Kenningar) werden <lb n="pwo_073.023"/> für die Person selbst gesetzt. Jm jüngern Heldensang führt dies Stilmittel <lb n="pwo_073.024"/> durch Steigerung bis zu raffinierter Künstelei gerade in Dunkel <lb n="pwo_073.025"/> zurück.</p> <lb n="pwo_073.026"/> <p> Verwandt mit attributiven Adjektiven erscheinen stehende Appositionen, <lb n="pwo_073.027"/> namentlich die stete Einführung jedes Handelnden und Redenden <lb n="pwo_073.028"/> oder auch nur Erwähnten mit seinem Vatersnamen als Beisatz. <lb n="pwo_073.029"/> Das Hildebrandslied versäumt nie die Bezeichnung:</p> <lb n="pwo_073.030"/> <lg> <l>„<hi rendition="#aq">Hiltibrant gimahalta, Heribrantes sunu,“</hi></l> <lb n="pwo_073.031"/> <l><hi rendition="#aq">„Hadubrant gimahalta, Hiltibrantes sunu</hi>.“</l> </lg> <lb n="pwo_073.032"/> <p>Aehnlich in den eddischen Liedern, wie auch in den orientalischen <lb n="pwo_073.033"/> Poesieen. Zu den stereotypen Stilmitteln gehören ebenso die <hi rendition="#g">paarweise <lb n="pwo_073.034"/> zusammengeordneten Begriffe</hi> in formelhafter Prägung <lb n="pwo_073.035"/> und Wiederkehr. Germanisch finden wir bis in die mittelhochdeutsche <lb n="pwo_073.036"/> Blütezeit erhalten Allitterationen wie <hi rendition="#aq">liute unde lant, wâfen unde </hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0087]
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den nationalen Vers gekleidet; noch fehlt äußerer Schmuck der Erzählung, pwo_073.002
der als unorganischer Zusatz zur Thatsächlichkeit der Darstellung pwo_073.003
empfunden wäre; noch fehlt das Streben nach Abwechselung pwo_073.004
und Mannigfaltigkeit, die ebenfalls über die vorläufig alleinige Aufgabe: pwo_073.005
Einkleidung der thatsächlichen Ueberlieferung in den nationalen pwo_073.006
Vers, hinausführen würden.
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Aus dieser Voraussetzung erklärt sich das Fortschreiten der Erzählung pwo_073.008
in zahlreichen feststehenden Formeln.
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Zunächst sind stehende Beiwörter aus jenem primitiven Stil pwo_073.010
bis in die späteren Epopöen übergegangen. Vorerst ist das Beiwort pwo_073.011
typisch und wird allen Helden gleichmäßig zugestanden. Daneben treten pwo_073.012
bald zu den einzelnen Jndividuen charakteristische Beiwörter, die an pwo_073.013
ihnen haften bleiben, auch wo ihr Auftreten garnicht unmittelbar an pwo_073.014
das nun einmal in der Volksphantasie feststehende Bild ihrer Persönlichkeit pwo_073.015
erinnert. Aehnlich sind allen Gegenständen typische Attribute pwo_073.016
beigelegt. Noch das Nibelungenlied läßt durchblicken, wie dem Heldensang pwo_073.017
alle preiswürdigen Objekte weiß oder licht, alle verdammlichen pwo_073.018
schwarz oder doch düster erscheinen; derselben Erscheinung begegnen pwo_073.019
wir in slavischen Liedern. Die See ist blau, die Rosse sind schnell pwo_073.020
u. dergl. Auch die Lieder der Edda führen diese Stilelemente durch. pwo_073.021
Zu virtuoser Fortbildung gelangt dieselbe Manier überhaupt in der pwo_073.022
skandinavischen Poesie. Feststehende Kennzeichen (Kenningar) werden pwo_073.023
für die Person selbst gesetzt. Jm jüngern Heldensang führt dies Stilmittel pwo_073.024
durch Steigerung bis zu raffinierter Künstelei gerade in Dunkel pwo_073.025
zurück.
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Verwandt mit attributiven Adjektiven erscheinen stehende Appositionen, pwo_073.027
namentlich die stete Einführung jedes Handelnden und Redenden pwo_073.028
oder auch nur Erwähnten mit seinem Vatersnamen als Beisatz. pwo_073.029
Das Hildebrandslied versäumt nie die Bezeichnung:
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„Hiltibrant gimahalta, Heribrantes sunu,“ pwo_073.031
„Hadubrant gimahalta, Hiltibrantes sunu.“
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Aehnlich in den eddischen Liedern, wie auch in den orientalischen pwo_073.033
Poesieen. Zu den stereotypen Stilmitteln gehören ebenso die paarweise pwo_073.034
zusammengeordneten Begriffe in formelhafter Prägung pwo_073.035
und Wiederkehr. Germanisch finden wir bis in die mittelhochdeutsche pwo_073.036
Blütezeit erhalten Allitterationen wie liute unde lant, wâfen unde
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