Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_083.001 Unter den neueren Völkern kam es früh zur Niederschrift eines auf pwo_083.008 Noch zahlreiche Stilelemente des Heldensanges treffen im Beowulf pwo_083.016 Wie man dem Dichter die naive Gestaltungsfreude anmerkt, ergeht pwo_083.020 Besonders augenfällig wird die sich vollziehende Wendung in der pwo_083.028 pwo_083.001 Unter den neueren Völkern kam es früh zur Niederschrift eines auf pwo_083.008 Noch zahlreiche Stilelemente des Heldensanges treffen im Beowulf pwo_083.016 Wie man dem Dichter die naive Gestaltungsfreude anmerkt, ergeht pwo_083.020 Besonders augenfällig wird die sich vollziehende Wendung in der pwo_083.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0097" n="83"/><lb n="pwo_083.001"/> Dichter nun inmitten von Kampf und wilder Gewalt, wo vordem <lb n="pwo_083.002"/> düstre Farben vorherrschten, sich in behaglichem <hi rendition="#g">Humor</hi> zu verbreiten. <lb n="pwo_083.003"/> Die Kleinmalerei begünstigt diese Neigung zu launiger Betrachtung <lb n="pwo_083.004"/> der Dinge außerordentlich. Gedenkt man der immer ausschließlicheren <lb n="pwo_083.005"/> Bestimmung des Vortrags zu festlichen Gelegenheiten, so trat eine <lb n="pwo_083.006"/> äußere Nötigung zum Einflechten heiterer Töne hinzu. –</p> <lb n="pwo_083.007"/> <p> Unter den neueren Völkern kam es früh zur Niederschrift eines auf <lb n="pwo_083.008"/> echter germanischen Sage beruhenden Epos in England. Jm 6. Jahrhundert <lb n="pwo_083.009"/> zog ein Held <hi rendition="#g">Beowulf</hi> mit König Hygelac vom schwedischen <lb n="pwo_083.010"/> Götaland gegen die Franken an den Niederrhein. Mit ihm ist eine <lb n="pwo_083.011"/> mythische Figur Beaw verschmolzen, in der wir die Mannhaftigkeit <lb n="pwo_083.012"/> der Nordsee-Küstenbewohner verkörpert sehen. Diese Sage flog mit <lb n="pwo_083.013"/> nordischen Sängern über Meer nach England, wo sie am Anfang des <lb n="pwo_083.014"/> 8. Jahrhunderts angelsächsische Bearbeitung fand.</p> <lb n="pwo_083.015"/> <p> Noch zahlreiche Stilelemente des Heldensanges treffen im Beowulf <lb n="pwo_083.016"/> zusammen. Die schmückenden Beiworte und Umschreibungen finden <lb n="pwo_083.017"/> sich ebenso wie die Wiederholungen. Unverkennbar ist vor allem die <lb n="pwo_083.018"/> superlative Ausdrucksweise.</p> <lb n="pwo_083.019"/> <p> Wie man dem Dichter die naive Gestaltungsfreude anmerkt, ergeht <lb n="pwo_083.020"/> sich denn die Darstellung, die in einem Schriftwerk breiteren <lb n="pwo_083.021"/> Rahmen findet, in behaglicher, stellenweise umständlicher <hi rendition="#g">Kleinmalerei,</hi> <lb n="pwo_083.022"/> namentlich auch in sorgfältiger Berücksichtigung des <hi rendition="#g">höfischen</hi> <lb n="pwo_083.023"/> Ceremoniells. Begünstigt von der frühen Einführung des <lb n="pwo_083.024"/> Christentums in England, ist der Durchbruch des <hi rendition="#g">milderen</hi> Gefühlslebens <lb n="pwo_083.025"/> und reflexiver <hi rendition="#g">Vergeistigung</hi> bereits klar bemerkbar; schon <lb n="pwo_083.026"/> ist Sinnfälliges in die geistige Sphäre übertragen. –</p> <lb n="pwo_083.027"/> <p> Besonders augenfällig wird die sich vollziehende Wendung in der <lb n="pwo_083.028"/> Entwicklung des epischen Stils beim Gegenüberstellen von Behandlungen <lb n="pwo_083.029"/> gleicher Stoffe. Halten wir uns die Darstellung in unserem <lb n="pwo_083.030"/> althochdeutschen Hildebrandslied aus dem 8. Jahrhundert gegenwärtig, <lb n="pwo_083.031"/> so rückt die stoffverwandte Episode von <hi rendition="#g">Rustem und Sohrab</hi> aus <lb n="pwo_083.032"/> der persischen Epopöe, dem Königsbuch des Firdusi (vollendet 1011), <lb n="pwo_083.033"/> in volle geschichtliche Beleuchtung. Bewahren die Kampfschilderungen <lb n="pwo_083.034"/> selbst noch die alte Kraft, so werden sie doch schon in voller Breite <lb n="pwo_083.035"/> ausgemalt:</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [83/0097]
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Dichter nun inmitten von Kampf und wilder Gewalt, wo vordem pwo_083.002
düstre Farben vorherrschten, sich in behaglichem Humor zu verbreiten. pwo_083.003
Die Kleinmalerei begünstigt diese Neigung zu launiger Betrachtung pwo_083.004
der Dinge außerordentlich. Gedenkt man der immer ausschließlicheren pwo_083.005
Bestimmung des Vortrags zu festlichen Gelegenheiten, so trat eine pwo_083.006
äußere Nötigung zum Einflechten heiterer Töne hinzu. –
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Unter den neueren Völkern kam es früh zur Niederschrift eines auf pwo_083.008
echter germanischen Sage beruhenden Epos in England. Jm 6. Jahrhundert pwo_083.009
zog ein Held Beowulf mit König Hygelac vom schwedischen pwo_083.010
Götaland gegen die Franken an den Niederrhein. Mit ihm ist eine pwo_083.011
mythische Figur Beaw verschmolzen, in der wir die Mannhaftigkeit pwo_083.012
der Nordsee-Küstenbewohner verkörpert sehen. Diese Sage flog mit pwo_083.013
nordischen Sängern über Meer nach England, wo sie am Anfang des pwo_083.014
8. Jahrhunderts angelsächsische Bearbeitung fand.
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Noch zahlreiche Stilelemente des Heldensanges treffen im Beowulf pwo_083.016
zusammen. Die schmückenden Beiworte und Umschreibungen finden pwo_083.017
sich ebenso wie die Wiederholungen. Unverkennbar ist vor allem die pwo_083.018
superlative Ausdrucksweise.
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Wie man dem Dichter die naive Gestaltungsfreude anmerkt, ergeht pwo_083.020
sich denn die Darstellung, die in einem Schriftwerk breiteren pwo_083.021
Rahmen findet, in behaglicher, stellenweise umständlicher Kleinmalerei, pwo_083.022
namentlich auch in sorgfältiger Berücksichtigung des höfischen pwo_083.023
Ceremoniells. Begünstigt von der frühen Einführung des pwo_083.024
Christentums in England, ist der Durchbruch des milderen Gefühlslebens pwo_083.025
und reflexiver Vergeistigung bereits klar bemerkbar; schon pwo_083.026
ist Sinnfälliges in die geistige Sphäre übertragen. –
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Besonders augenfällig wird die sich vollziehende Wendung in der pwo_083.028
Entwicklung des epischen Stils beim Gegenüberstellen von Behandlungen pwo_083.029
gleicher Stoffe. Halten wir uns die Darstellung in unserem pwo_083.030
althochdeutschen Hildebrandslied aus dem 8. Jahrhundert gegenwärtig, pwo_083.031
so rückt die stoffverwandte Episode von Rustem und Sohrab aus pwo_083.032
der persischen Epopöe, dem Königsbuch des Firdusi (vollendet 1011), pwo_083.033
in volle geschichtliche Beleuchtung. Bewahren die Kampfschilderungen pwo_083.034
selbst noch die alte Kraft, so werden sie doch schon in voller Breite pwo_083.035
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