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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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"Sagt' ich dir nicht, woran des Vaters Haupt pwo_085.002
Zu kennen sei? Doch du hast nicht geglaubt! pwo_085.003
Nun dein beraubt und ohne Lebenskraft, pwo_085.004
Verzweifelnd lieg' ich in Gefangenschaft! pwo_085.005
Warum nicht folgt' ich dir auf deiner Fahrt? pwo_085.006
Vielleicht vor Unheil hätt' ich dich bewahrt."
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§ 50. pwo_085.008
Fortsetzung: Durchbrechung der organischen Entwicklung.
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Bevor wir die Entwicklung des epischen Stils bei uns in pwo_085.010
Deutschland eingehend verfolgen, müssen wir mit der Thatsache rechnen, pwo_085.011
daß der Volksgeist inzwischen sich selten rein, selten unbeeinflußt pwo_085.012
von fremden, auf ihn von außen eindringenden Bildungselementen pwo_085.013
erhält, und so auch die Poesie, die noch immer im wesentlichen Erzählungskunst pwo_085.014
ist, unorganischer Beeinflussung ihrer Entwicklung ausgesetzt pwo_085.015
ist.

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Besonders für die modernen Völker bezeichnet diese epochemachende pwo_085.017
Krise der Eintritt des Christentums. Jn deutscher Sprache liegen pwo_085.018
selbst ein paar heidnische Zaubersprüche mit epischer Haltung vor, pwo_085.019
in welche nachträglich christliche Namen und Vorstellungen hineingetragen pwo_085.020
wurden. Charakteristisch für die zunächst unorganische Vermischung pwo_085.021
der heidnisch-nationalen und der christlich-weltreligiösen Elemente erscheinen pwo_085.022
für unsere Dichtung alsdann zunächst zwei kleine christliche pwo_085.023
Dichtungen, die sich weder heidnischer Vorstellungen noch des alten pwo_085.024
nationalen Stils erwehren können. Jm Wessobrunner Gebet pwo_085.025
herrschen die formelhaften Elemente so weit vor, daß sich allerhand pwo_085.026
Berührungen mit andern Gedichten ergeben. Das Muspilli versucht pwo_085.027
schon höchst bezeichnend eine kriegerische Einkleidung der christlichen pwo_085.028
Lehre. Eine gewaltige Phantasie gefällt sich in Ausmalung pwo_085.029
der Schrecken des Jüngsten Gerichtes; die Entwicklung geschieht durchaus pwo_085.030
anschaulich: sowohl der Streit zwischen Elias und dem Antichristen pwo_085.031
als der Aufzug zum Gericht entfaltet sich in scenischer Folge. Der pwo_085.032
zweite Teil beginnt mit einer Quellenberufung. Die gliedweise Beschreibung, pwo_085.033
der alte Parallelismus hält zu unerschöpflicher Ausmalung pwo_085.034
der Situation her. Jm ganzen ist doch im Stil das Lyrisch-Christliche pwo_085.035
vom Episch-Nationalen überwuchert. Doch schon finden sich Erläuterungen

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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/99>, abgerufen am 09.11.2024.