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F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Keineswegs, nur hinausschieben will ich die Sklaverei , welche mir bevorsteht. Ich kann meinen Nacken einem solchen Joche noch nicht beugen. Nur die höheren Staatszwecke haben von jeher mein Interesse erregt, alle diese ängstlich-beschränkten Verhältnisse kleiner Beamten sind mir stets durchaus zuwider gewesen.

Höhere Staatszwecke, entgegnete der Oheim, haben immer außer dem Bereiche meines Wirkens gelegen, aber sie sind, nach meiner Ansicht, in der weisen Aufrechthaltung des bestehenden Guten, in zweckgemäßer Verbesserung des Mangelhaften zu suchen. Diesem Streben liegt die einfachste und deßhalb oft schwierigste Weisheit zum Grunde: nur gemeinsames Wirken führt zu solchem Ziele. Der geringste Beamte eines Staates kann dazu beitragen und für sein Herz, seine Eitelkeit, seinen Ehrgeiz volle Befriedigung finden. Das richtige Streben eines geistreichen Mannes wird nie übersehen werden, selbst der beschränkte Wirkungskreis dient ihm zur Hebung, und um so mehr wird daraus der Geist hervorleuchten, welcher es verstand, seine Strahlen wohlbegründeter Ordnung einer oft mechanischen Thätigkeit zuzuwenden. --

Es mag sein, wie Sie sagen, erwiderte der Neffe nachlässig, aber mir wenigstens fällt es schwer, mich durch so kümmerliche Verhältnisse durchzuarbeiten nach einem möglichen Ziele. Meine Aufmerksamkeit ist von Anbeginn auf die mangelhafte Justizverwaltung meines Vaterlandes gerichtet gewesen, auf die seltsame Ver-

Keineswegs, nur hinausschieben will ich die Sklaverei , welche mir bevorsteht. Ich kann meinen Nacken einem solchen Joche noch nicht beugen. Nur die höheren Staatszwecke haben von jeher mein Interesse erregt, alle diese ängstlich-beschränkten Verhältnisse kleiner Beamten sind mir stets durchaus zuwider gewesen.

Höhere Staatszwecke, entgegnete der Oheim, haben immer außer dem Bereiche meines Wirkens gelegen, aber sie sind, nach meiner Ansicht, in der weisen Aufrechthaltung des bestehenden Guten, in zweckgemäßer Verbesserung des Mangelhaften zu suchen. Diesem Streben liegt die einfachste und deßhalb oft schwierigste Weisheit zum Grunde: nur gemeinsames Wirken führt zu solchem Ziele. Der geringste Beamte eines Staates kann dazu beitragen und für sein Herz, seine Eitelkeit, seinen Ehrgeiz volle Befriedigung finden. Das richtige Streben eines geistreichen Mannes wird nie übersehen werden, selbst der beschränkte Wirkungskreis dient ihm zur Hebung, und um so mehr wird daraus der Geist hervorleuchten, welcher es verstand, seine Strahlen wohlbegründeter Ordnung einer oft mechanischen Thätigkeit zuzuwenden. —

Es mag sein, wie Sie sagen, erwiderte der Neffe nachlässig, aber mir wenigstens fällt es schwer, mich durch so kümmerliche Verhältnisse durchzuarbeiten nach einem möglichen Ziele. Meine Aufmerksamkeit ist von Anbeginn auf die mangelhafte Justizverwaltung meines Vaterlandes gerichtet gewesen, auf die seltsame Ver-

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[0012] Keineswegs, nur hinausschieben will ich die Sklaverei , welche mir bevorsteht. Ich kann meinen Nacken einem solchen Joche noch nicht beugen. Nur die höheren Staatszwecke haben von jeher mein Interesse erregt, alle diese ängstlich-beschränkten Verhältnisse kleiner Beamten sind mir stets durchaus zuwider gewesen. Höhere Staatszwecke, entgegnete der Oheim, haben immer außer dem Bereiche meines Wirkens gelegen, aber sie sind, nach meiner Ansicht, in der weisen Aufrechthaltung des bestehenden Guten, in zweckgemäßer Verbesserung des Mangelhaften zu suchen. Diesem Streben liegt die einfachste und deßhalb oft schwierigste Weisheit zum Grunde: nur gemeinsames Wirken führt zu solchem Ziele. Der geringste Beamte eines Staates kann dazu beitragen und für sein Herz, seine Eitelkeit, seinen Ehrgeiz volle Befriedigung finden. Das richtige Streben eines geistreichen Mannes wird nie übersehen werden, selbst der beschränkte Wirkungskreis dient ihm zur Hebung, und um so mehr wird daraus der Geist hervorleuchten, welcher es verstand, seine Strahlen wohlbegründeter Ordnung einer oft mechanischen Thätigkeit zuzuwenden. — Es mag sein, wie Sie sagen, erwiderte der Neffe nachlässig, aber mir wenigstens fällt es schwer, mich durch so kümmerliche Verhältnisse durchzuarbeiten nach einem möglichen Ziele. Meine Aufmerksamkeit ist von Anbeginn auf die mangelhafte Justizverwaltung meines Vaterlandes gerichtet gewesen, auf die seltsame Ver-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:52:17Z)

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Zitationshilfe: F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_selbstsucht_1910/12>, abgerufen am 03.12.2024.