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F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Doppelgängerei gehört, durch R.'s Gegenwart trat sie für mich ins Leben. Die Aehnlichkeit zwischen seinen Fehlern und den meinen hat mich oft wahrhaft erschreckt, und dann auch wieder diese Uebereinstimmung des Geschmacks, diese Aehnlichkeit im Guten, nur daß ich weicher bin, als er, was ja auch natürlich ist. -- Alles richtete sich aufs Beste ein, und die Sonne beschien während kurzer Zeit drei glückliche, heitere Menschen. R. fühlte sich befriedigt in der Ueberzeugung, mir zu gefallen. -- Nach einem Spaziergange kehrten wir eines Tages durch ein Gehölz zurück. Es war ein wundervoller Herbsttag, die Bäume schon in Gold, Purpur und lichtem Braun gefärbt, nur hin und wieder hob noch eine Eiche stolz das grünbelaubte Haupt empor. Die tiefe, nachdenkliche Stille dieser Jahreszeit war bereits eingetreten. Leicht, fast geräuschlos, huschte ab und an ein Vögelchen durch die Zweige, nur selten ward ein leises Zirpen vernehmbar; lautlos fiel hie und da ein Blatt von den Bäumen. Mein ganzes Herz stand diesem Eindrücke offen. Ich betrachtete mit anerkennendem Gefühl den welkenden und doch noch anziehenden Schmuck der Natur; die säulenartigen Stämme umher, die Fichten, deren melancholisches Grün durch goldgefärbte Blätter blickte, das Farrenkraut am Boden, welches seine zierlichen Zweige schon wie absterbend senkte, und auch so noch das Auge fesselte. Die Worte des Dichters fielen mir ein, und ich sagte halblaut vor mich hin:

Doppelgängerei gehört, durch R.'s Gegenwart trat sie für mich ins Leben. Die Aehnlichkeit zwischen seinen Fehlern und den meinen hat mich oft wahrhaft erschreckt, und dann auch wieder diese Uebereinstimmung des Geschmacks, diese Aehnlichkeit im Guten, nur daß ich weicher bin, als er, was ja auch natürlich ist. — Alles richtete sich aufs Beste ein, und die Sonne beschien während kurzer Zeit drei glückliche, heitere Menschen. R. fühlte sich befriedigt in der Ueberzeugung, mir zu gefallen. — Nach einem Spaziergange kehrten wir eines Tages durch ein Gehölz zurück. Es war ein wundervoller Herbsttag, die Bäume schon in Gold, Purpur und lichtem Braun gefärbt, nur hin und wieder hob noch eine Eiche stolz das grünbelaubte Haupt empor. Die tiefe, nachdenkliche Stille dieser Jahreszeit war bereits eingetreten. Leicht, fast geräuschlos, huschte ab und an ein Vögelchen durch die Zweige, nur selten ward ein leises Zirpen vernehmbar; lautlos fiel hie und da ein Blatt von den Bäumen. Mein ganzes Herz stand diesem Eindrücke offen. Ich betrachtete mit anerkennendem Gefühl den welkenden und doch noch anziehenden Schmuck der Natur; die säulenartigen Stämme umher, die Fichten, deren melancholisches Grün durch goldgefärbte Blätter blickte, das Farrenkraut am Boden, welches seine zierlichen Zweige schon wie absterbend senkte, und auch so noch das Auge fesselte. Die Worte des Dichters fielen mir ein, und ich sagte halblaut vor mich hin:

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[0025] Doppelgängerei gehört, durch R.'s Gegenwart trat sie für mich ins Leben. Die Aehnlichkeit zwischen seinen Fehlern und den meinen hat mich oft wahrhaft erschreckt, und dann auch wieder diese Uebereinstimmung des Geschmacks, diese Aehnlichkeit im Guten, nur daß ich weicher bin, als er, was ja auch natürlich ist. — Alles richtete sich aufs Beste ein, und die Sonne beschien während kurzer Zeit drei glückliche, heitere Menschen. R. fühlte sich befriedigt in der Ueberzeugung, mir zu gefallen. — Nach einem Spaziergange kehrten wir eines Tages durch ein Gehölz zurück. Es war ein wundervoller Herbsttag, die Bäume schon in Gold, Purpur und lichtem Braun gefärbt, nur hin und wieder hob noch eine Eiche stolz das grünbelaubte Haupt empor. Die tiefe, nachdenkliche Stille dieser Jahreszeit war bereits eingetreten. Leicht, fast geräuschlos, huschte ab und an ein Vögelchen durch die Zweige, nur selten ward ein leises Zirpen vernehmbar; lautlos fiel hie und da ein Blatt von den Bäumen. Mein ganzes Herz stand diesem Eindrücke offen. Ich betrachtete mit anerkennendem Gefühl den welkenden und doch noch anziehenden Schmuck der Natur; die säulenartigen Stämme umher, die Fichten, deren melancholisches Grün durch goldgefärbte Blätter blickte, das Farrenkraut am Boden, welches seine zierlichen Zweige schon wie absterbend senkte, und auch so noch das Auge fesselte. Die Worte des Dichters fielen mir ein, und ich sagte halblaut vor mich hin:

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:52:17Z)

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Zitationshilfe: F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_selbstsucht_1910/25>, abgerufen am 21.11.2024.