Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
des Herrn Bonnet.

Der Herr von Haller aber irrt darin, daß
er diese Gefäße in dem Gelben für die eigentliche
Gefäße des Eyes hält, wodurch die Substanz
desselben ehemals abgesondert sey, und ferner fort
noch nutrirt würde; und die folglich immer schon
in dem Gelben existirt haben müßen. Sie sind
aber die Gefäße des Embryo, die sich nur in der
Substanz des Gelben ausbreiten, so wie die Wur-
zeln der Pflanzen in der Erde, und die erst for-
mirt werden, wenn der Embryo formirt wird, wie
ich diese Formation bewiesen und erklart habe.
Das Ey ist aber aus andern Gefäßen, die aus dem
Eyerstock kamen, so wie die Saamen der Pflanze
aus der alten Pflanze abgesondert, und bis so lan-
ge, als es noch hat wachsen sollen, nutrirt wor-
den. Alsdann ist das Ey von dem Eyerstock,
wie die Pflanzensaamen von der alten Pflanze und
von ihrer Saamencapsel, separirt worden; es hat
bey der gehörigen Wärme der Jncubation durch
Hülfe der wesentlichen Kraft, die sich uns durch
so viel Spuhren kennbar macht, zu vegetiren an-
gefangen. Der Embryo ist ferner vom Ey, so
wie ehedem das Ey vom Eyerstock ercerniret wor-
den, und dieser hat alsdenn angefangen, Wur-
tzeln zu fassen. Der Embryo ist also ein neuer
entstandener Theil des Eyes, oder accurater die
Sache auszudrücken ein Ramus des Eyes, nicht
umgekehrt, wie sich der Herr von Haller es vor-
gestellt hat. Dieses alles aber sind nicht Sätze
die angenommen werden, um den Einwürfen des
Hrn. von Hallers auszuweichen. Es sind Wahr-

hei-
des Herrn Bonnet.

Der Herr von Haller aber irrt darin, daß
er dieſe Gefaͤße in dem Gelben fuͤr die eigentliche
Gefaͤße des Eyes haͤlt, wodurch die Subſtanz
deſſelben ehemals abgeſondert ſey, und ferner fort
noch nutrirt wuͤrde; und die folglich immer ſchon
in dem Gelben exiſtirt haben muͤßen. Sie ſind
aber die Gefaͤße des Embryo, die ſich nur in der
Subſtanz des Gelben ausbreiten, ſo wie die Wur-
zeln der Pflanzen in der Erde, und die erſt for-
mirt werden, wenn der Embryo formirt wird, wie
ich dieſe Formation bewieſen und erklart habe.
Das Ey iſt aber aus andern Gefaͤßen, die aus dem
Eyerſtock kamen, ſo wie die Saamen der Pflanze
aus der alten Pflanze abgeſondert, und bis ſo lan-
ge, als es noch hat wachſen ſollen, nutrirt wor-
den. Alsdann iſt das Ey von dem Eyerſtock,
wie die Pflanzenſaamen von der alten Pflanze und
von ihrer Saamencapſel, ſeparirt worden; es hat
bey der gehoͤrigen Waͤrme der Jncubation durch
Huͤlfe der weſentlichen Kraft, die ſich uns durch
ſo viel Spuhren kennbar macht, zu vegetiren an-
gefangen. Der Embryo iſt ferner vom Ey, ſo
wie ehedem das Ey vom Eyerſtock ercerniret wor-
den, und dieſer hat alsdenn angefangen, Wur-
tzeln zu faſſen. Der Embryo iſt alſo ein neuer
entſtandener Theil des Eyes, oder accurater die
Sache auszudruͤcken ein Ramus des Eyes, nicht
umgekehrt, wie ſich der Herr von Haller es vor-
geſtellt hat. Dieſes alles aber ſind nicht Saͤtze
die angenommen werden, um den Einwuͤrfen des
Hrn. von Hallers auszuweichen. Es ſind Wahr-

hei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0133" n="111"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">des Herrn Bonnet.</hi> </fw><lb/>
            <p>Der Herr <hi rendition="#fr">von Haller</hi> aber irrt darin, daß<lb/>
er die&#x017F;e Gefa&#x0364;ße in dem Gelben fu&#x0364;r die eigentliche<lb/>
Gefa&#x0364;ße des Eyes ha&#x0364;lt, wodurch die Sub&#x017F;tanz<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben ehemals abge&#x017F;ondert &#x017F;ey, und ferner fort<lb/>
noch nutrirt wu&#x0364;rde; und die folglich immer &#x017F;chon<lb/>
in dem Gelben exi&#x017F;tirt haben mu&#x0364;ßen. Sie &#x017F;ind<lb/>
aber die Gefa&#x0364;ße des Embryo, die &#x017F;ich nur in der<lb/>
Sub&#x017F;tanz des Gelben ausbreiten, &#x017F;o wie die Wur-<lb/>
zeln der Pflanzen in der Erde, und die er&#x017F;t for-<lb/>
mirt werden, wenn der Embryo formirt wird, wie<lb/>
ich die&#x017F;e Formation bewie&#x017F;en und erklart habe.<lb/>
Das Ey i&#x017F;t aber aus andern Gefa&#x0364;ßen, die aus dem<lb/>
Eyer&#x017F;tock kamen, &#x017F;o wie die Saamen der Pflanze<lb/>
aus der alten Pflanze abge&#x017F;ondert, und bis &#x017F;o lan-<lb/>
ge, als es noch hat wach&#x017F;en &#x017F;ollen, nutrirt wor-<lb/>
den. Alsdann i&#x017F;t das Ey von dem Eyer&#x017F;tock,<lb/>
wie die Pflanzen&#x017F;aamen von der alten Pflanze und<lb/>
von ihrer Saamencap&#x017F;el, &#x017F;eparirt worden; es hat<lb/>
bey der geho&#x0364;rigen Wa&#x0364;rme der Jncubation durch<lb/>
Hu&#x0364;lfe der we&#x017F;entlichen Kraft, die &#x017F;ich uns durch<lb/>
&#x017F;o viel Spuhren kennbar macht, zu vegetiren an-<lb/>
gefangen. Der Embryo i&#x017F;t ferner vom Ey, &#x017F;o<lb/>
wie ehedem das Ey vom Eyer&#x017F;tock ercerniret wor-<lb/>
den, und die&#x017F;er hat alsdenn angefangen, Wur-<lb/>
tzeln zu fa&#x017F;&#x017F;en. Der Embryo i&#x017F;t al&#x017F;o ein neuer<lb/>
ent&#x017F;tandener Theil des Eyes, oder accurater die<lb/>
Sache auszudru&#x0364;cken ein Ramus des Eyes, nicht<lb/>
umgekehrt, wie &#x017F;ich der Herr <hi rendition="#fr">von Haller</hi> es vor-<lb/>
ge&#x017F;tellt hat. Die&#x017F;es alles aber &#x017F;ind nicht Sa&#x0364;tze<lb/>
die angenommen werden, um den Einwu&#x0364;rfen des<lb/>
Hrn. <hi rendition="#fr">von Hallers</hi> auszuweichen. Es &#x017F;ind Wahr-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hei-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0133] des Herrn Bonnet. Der Herr von Haller aber irrt darin, daß er dieſe Gefaͤße in dem Gelben fuͤr die eigentliche Gefaͤße des Eyes haͤlt, wodurch die Subſtanz deſſelben ehemals abgeſondert ſey, und ferner fort noch nutrirt wuͤrde; und die folglich immer ſchon in dem Gelben exiſtirt haben muͤßen. Sie ſind aber die Gefaͤße des Embryo, die ſich nur in der Subſtanz des Gelben ausbreiten, ſo wie die Wur- zeln der Pflanzen in der Erde, und die erſt for- mirt werden, wenn der Embryo formirt wird, wie ich dieſe Formation bewieſen und erklart habe. Das Ey iſt aber aus andern Gefaͤßen, die aus dem Eyerſtock kamen, ſo wie die Saamen der Pflanze aus der alten Pflanze abgeſondert, und bis ſo lan- ge, als es noch hat wachſen ſollen, nutrirt wor- den. Alsdann iſt das Ey von dem Eyerſtock, wie die Pflanzenſaamen von der alten Pflanze und von ihrer Saamencapſel, ſeparirt worden; es hat bey der gehoͤrigen Waͤrme der Jncubation durch Huͤlfe der weſentlichen Kraft, die ſich uns durch ſo viel Spuhren kennbar macht, zu vegetiren an- gefangen. Der Embryo iſt ferner vom Ey, ſo wie ehedem das Ey vom Eyerſtock ercerniret wor- den, und dieſer hat alsdenn angefangen, Wur- tzeln zu faſſen. Der Embryo iſt alſo ein neuer entſtandener Theil des Eyes, oder accurater die Sache auszudruͤcken ein Ramus des Eyes, nicht umgekehrt, wie ſich der Herr von Haller es vor- geſtellt hat. Dieſes alles aber ſind nicht Saͤtze die angenommen werden, um den Einwuͤrfen des Hrn. von Hallers auszuweichen. Es ſind Wahr- hei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/133
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/133>, abgerufen am 18.12.2024.