Gefäße in den Thieren auf eben dieselbe Art, wie in den Pflanzen entstehen. Der Theil, worin sie entstehen sollen, ist zuerst da, ohne Gefäße; her- nach werden diese durch die Kraft, mit welcher der Nahrungssaft und das Blut durch die Theile ge- trieben werden, in dessen Substanz ausgegraben.
§. 34.
Kraft wo- durch die Säf- te bewegt wer- den.
Man könnte diese Kraft in den Thieren dem Herzen zuschreiben, wie man insgemein alle Bewegungen der Säfte demselben zuzuschreiben pflegt. Meine Theorie von der Erzeugung würde auch nichts darunter leiden, weil ich mich in die Erklä- rung dieser Kräfte bey den Thieren sowohl als bey den Pflanzen noch nicht eingelassen habe, und auch nicht einzulassen nöthig habe; allein die Wahr- heit würde darunter leiden, und mein Urtheil von dieser Sache muß für desto unpartheyischer gehal- ten werden, je weniger die eine oder die andere Meinung meinen Sätzen beförderlich oder hinder- lich seyn könnte. Die Oberfläche des Gelben im Ey zertheilt sich in Jnseln, der Nahrungssaft fließt durch die gemachte Rinnen, und das Blut fängt schon an sich in denselben zu zeigen, alles zu einer Zeit, da an dem Herzen noch nicht die geringste Bewegung zu merken ist. Ja da schon lange vor- her zu einer Zeit, da das Herz selbst noch nicht exi- stirt, der erste Anfang des Hünchens ernährt, und folglich der Nahrungssaft aus dem Gelben vom Ey zu ihm hingeführt werden muß; so siehet man
wohl,
3. Kap. Von der Entſtehungsart
Gefaͤße in den Thieren auf eben dieſelbe Art, wie in den Pflanzen entſtehen. Der Theil, worin ſie entſtehen ſollen, iſt zuerſt da, ohne Gefaͤße; her- nach werden dieſe durch die Kraft, mit welcher der Nahrungsſaft und das Blut durch die Theile ge- trieben werden, in deſſen Subſtanz ausgegraben.
§. 34.
Kraft wo- durch die Säf- te bewegt wer- den.
Man koͤnnte dieſe Kraft in den Thieren dem Herzen zuſchreiben, wie man insgemein alle Bewegungen der Saͤfte demſelben zuzuſchreiben pflegt. Meine Theorie von der Erzeugung wuͤrde auch nichts darunter leiden, weil ich mich in die Erklaͤ- rung dieſer Kraͤfte bey den Thieren ſowohl als bey den Pflanzen noch nicht eingelaſſen habe, und auch nicht einzulaſſen noͤthig habe; allein die Wahr- heit wuͤrde darunter leiden, und mein Urtheil von dieſer Sache muß fuͤr deſto unpartheyiſcher gehal- ten werden, je weniger die eine oder die andere Meinung meinen Saͤtzen befoͤrderlich oder hinder- lich ſeyn koͤnnte. Die Oberflaͤche des Gelben im Ey zertheilt ſich in Jnſeln, der Nahrungsſaft fließt durch die gemachte Rinnen, und das Blut faͤngt ſchon an ſich in denſelben zu zeigen, alles zu einer Zeit, da an dem Herzen noch nicht die geringſte Bewegung zu merken iſt. Ja da ſchon lange vor- her zu einer Zeit, da das Herz ſelbſt noch nicht exi- ſtirt, der erſte Anfang des Huͤnchens ernaͤhrt, und folglich der Nahrungsſaft aus dem Gelben vom Ey zu ihm hingefuͤhrt werden muß; ſo ſiehet man
wohl,
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3. Kap. Von der Entſtehungsart
Gefaͤße in den Thieren auf eben dieſelbe Art, wie
in den Pflanzen entſtehen. Der Theil, worin ſie
entſtehen ſollen, iſt zuerſt da, ohne Gefaͤße; her-
nach werden dieſe durch die Kraft, mit welcher der
Nahrungsſaft und das Blut durch die Theile ge-
trieben werden, in deſſen Subſtanz ausgegraben.
§. 34.
Man koͤnnte dieſe Kraft in den
Thieren dem Herzen zuſchreiben, wie
man insgemein alle Bewegungen der
Saͤfte demſelben zuzuſchreiben pflegt.
Meine Theorie von der Erzeugung wuͤrde auch
nichts darunter leiden, weil ich mich in die Erklaͤ-
rung dieſer Kraͤfte bey den Thieren ſowohl als bey
den Pflanzen noch nicht eingelaſſen habe, und
auch nicht einzulaſſen noͤthig habe; allein die Wahr-
heit wuͤrde darunter leiden, und mein Urtheil von
dieſer Sache muß fuͤr deſto unpartheyiſcher gehal-
ten werden, je weniger die eine oder die andere
Meinung meinen Saͤtzen befoͤrderlich oder hinder-
lich ſeyn koͤnnte. Die Oberflaͤche des Gelben im
Ey zertheilt ſich in Jnſeln, der Nahrungsſaft fließt
durch die gemachte Rinnen, und das Blut faͤngt
ſchon an ſich in denſelben zu zeigen, alles zu einer
Zeit, da an dem Herzen noch nicht die geringſte
Bewegung zu merken iſt. Ja da ſchon lange vor-
her zu einer Zeit, da das Herz ſelbſt noch nicht exi-
ſtirt, der erſte Anfang des Huͤnchens ernaͤhrt, und
folglich der Nahrungsſaft aus dem Gelben vom
Ey zu ihm hingefuͤhrt werden muß; ſo ſiehet man
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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/190>, abgerufen am 16.02.2025.
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