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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

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von der Prädelineation.
Sonnenschein, ein jedes Jnseckt, der Staub so
gar und eine jede Kleinigkeit der Natur, im Stan-
de seyn, die jungen Theile in ihrem ersten Anfan-
ge zu zerstöhren, und es würde niemahls eine
Pflanze zur Vollkommenheit gebracht werden.
Daher musten sie also, so lange, bis sie selbst die
gehörige Festigkeit bekämen, nothwendig in de-
nen Theilen der Pflanze, oder des Jnseckts, die
früher producirt, und also älter und fester waren,
eingewickelt liegen, und innerhalb dieser Theile
also musten sie nothwendig formirt werden.

Daher kommt es, daß, je zärtlicher die Thei-
le einer Pflanze sind, und je weniger diese sonst
noch Mittel hat, ihre junge Theile zu beschützen,
als wozu bey einigen noch der klebrigte harzigte
Saft, bey andern (tomentosis) das wolligte We-
sen, womit die Knospen überzogen und durchwebt
sind, hingehören, daß, sage ich, um desto viel-
facher alsdann ihre jungen Theile eingewickelt seyn
müssen, oder welches eben dasselbe ist, daß um
desto früher in den älteren Theilen die jüngere als-
dann auch producirt werden müssen. Daher fin-
den Sie auch bey allen Liliengewächsen, weil sie
kein Harz und keine Wolle und überdem eine zarte
Substanz haben, und folglich auch bey der Hya-
cinte, daß sie früher, als andere Pflanzen, ihre
jungen Theile produciren, und daß man folglich in
einer Hyacinte oder in einen andern Liliengewäch-
se schon Theile nothwendig entdecken muß, die erst
lange hernach, und nach vielen andern hervorge-

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D

von der Praͤdelineation.
Sonnenſchein, ein jedes Jnſeckt, der Staub ſo
gar und eine jede Kleinigkeit der Natur, im Stan-
de ſeyn, die jungen Theile in ihrem erſten Anfan-
ge zu zerſtoͤhren, und es wuͤrde niemahls eine
Pflanze zur Vollkommenheit gebracht werden.
Daher muſten ſie alſo, ſo lange, bis ſie ſelbſt die
gehoͤrige Feſtigkeit bekaͤmen, nothwendig in de-
nen Theilen der Pflanze, oder des Jnſeckts, die
fruͤher producirt, und alſo aͤlter und feſter waren,
eingewickelt liegen, und innerhalb dieſer Theile
alſo muſten ſie nothwendig formirt werden.

Daher kommt es, daß, je zaͤrtlicher die Thei-
le einer Pflanze ſind, und je weniger dieſe ſonſt
noch Mittel hat, ihre junge Theile zu beſchuͤtzen,
als wozu bey einigen noch der klebrigte harzigte
Saft, bey andern (tomentoſis) das wolligte We-
ſen, womit die Knoſpen uͤberzogen und durchwebt
ſind, hingehoͤren, daß, ſage ich, um deſto viel-
facher alsdann ihre jungen Theile eingewickelt ſeyn
muͤſſen, oder welches eben daſſelbe iſt, daß um
deſto fruͤher in den aͤlteren Theilen die juͤngere als-
dann auch producirt werden muͤſſen. Daher fin-
den Sie auch bey allen Liliengewaͤchſen, weil ſie
kein Harz und keine Wolle und uͤberdem eine zarte
Subſtanz haben, und folglich auch bey der Hya-
cinte, daß ſie fruͤher, als andere Pflanzen, ihre
jungen Theile produciren, und daß man folglich in
einer Hyacinte oder in einen andern Liliengewaͤch-
ſe ſchon Theile nothwendig entdecken muß, die erſt
lange hernach, und nach vielen andern hervorge-

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[49/0071] von der Praͤdelineation. Sonnenſchein, ein jedes Jnſeckt, der Staub ſo gar und eine jede Kleinigkeit der Natur, im Stan- de ſeyn, die jungen Theile in ihrem erſten Anfan- ge zu zerſtoͤhren, und es wuͤrde niemahls eine Pflanze zur Vollkommenheit gebracht werden. Daher muſten ſie alſo, ſo lange, bis ſie ſelbſt die gehoͤrige Feſtigkeit bekaͤmen, nothwendig in de- nen Theilen der Pflanze, oder des Jnſeckts, die fruͤher producirt, und alſo aͤlter und feſter waren, eingewickelt liegen, und innerhalb dieſer Theile alſo muſten ſie nothwendig formirt werden. Daher kommt es, daß, je zaͤrtlicher die Thei- le einer Pflanze ſind, und je weniger dieſe ſonſt noch Mittel hat, ihre junge Theile zu beſchuͤtzen, als wozu bey einigen noch der klebrigte harzigte Saft, bey andern (tomentoſis) das wolligte We- ſen, womit die Knoſpen uͤberzogen und durchwebt ſind, hingehoͤren, daß, ſage ich, um deſto viel- facher alsdann ihre jungen Theile eingewickelt ſeyn muͤſſen, oder welches eben daſſelbe iſt, daß um deſto fruͤher in den aͤlteren Theilen die juͤngere als- dann auch producirt werden muͤſſen. Daher fin- den Sie auch bey allen Liliengewaͤchſen, weil ſie kein Harz und keine Wolle und uͤberdem eine zarte Subſtanz haben, und folglich auch bey der Hya- cinte, daß ſie fruͤher, als andere Pflanzen, ihre jungen Theile produciren, und daß man folglich in einer Hyacinte oder in einen andern Liliengewaͤch- ſe ſchon Theile nothwendig entdecken muß, die erſt lange hernach, und nach vielen andern hervorge- ſcho- D

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Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/71>, abgerufen am 25.11.2024.