Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.Unwahrscheinlichkeit der Hypothes. die Theile der Pflanzen bey ihrem ersten Anfangeeben so durchsichtig und durchsichtiger noch sind, wie die Theile der Thiere; und ob man folglich gleich mit Grunde fragen könnte, warum soll denn nur bey den Thieren die Zusammenfaltung nicht beobachtet werden, wenn sie eben so gut wie bey den Pflanzen statt finden soll, da sie doch hier ohne Vergrößerungsglas in einer Entfernung von 15 bis 20 Schritten noch sehr deutlich gesehen werden kann; obgleich, sage ich, dieses alles ist, so gebe ich doch zu, daß vielleicht wohl die jungen Theile bey den Thieren auch zusammengewickelt seyn könnten. Allein von dieser Zusammenwicke- lung ist die Rede nicht. Jch habe sie mit Fleiß immer Zusammenwickelung genennt, um sie von jener Einwickelung der jüngern in den ältern Thei- len zu unterscheiden. Bey den Pflanzen werden die jüngere Theile in den ältern eingewickelt, um sie für äußerliche Beschädigung zu bewahren; es werden auch außerdem die jüngere Theile in sich zusammengefaltet; allein hiervon habe ich kein Wort gesprochen. Also mein lieber L . . was ist nun zu thun? Sie müssen sagen -- auch die- se Einwickelung -- bey den Thieren ist unsicht- bar! Doch nein, das geht nicht. Diese Ein- wickelung sieht man nicht nur bey den Thieren nicht, so wie man die Zusammenwickelung nicht sahe, sondern man sieht auch, daß die Einwicke- lung nicht ist; man sieht das Herz vor und außer- halb der Brust in der es eingewickelt seyn müste, frey, und bloß mit seinem Pericardio umgeben lie- gen.
Unwahrſcheinlichkeit der Hypotheſ. die Theile der Pflanzen bey ihrem erſten Anfangeeben ſo durchſichtig und durchſichtiger noch ſind, wie die Theile der Thiere; und ob man folglich gleich mit Grunde fragen koͤnnte, warum ſoll denn nur bey den Thieren die Zuſammenfaltung nicht beobachtet werden, wenn ſie eben ſo gut wie bey den Pflanzen ſtatt finden ſoll, da ſie doch hier ohne Vergroͤßerungsglas in einer Entfernung von 15 bis 20 Schritten noch ſehr deutlich geſehen werden kann; obgleich, ſage ich, dieſes alles iſt, ſo gebe ich doch zu, daß vielleicht wohl die jungen Theile bey den Thieren auch zuſammengewickelt ſeyn koͤnnten. Allein von dieſer Zuſammenwicke- lung iſt die Rede nicht. Jch habe ſie mit Fleiß immer Zuſammenwickelung genennt, um ſie von jener Einwickelung der juͤngern in den aͤltern Thei- len zu unterſcheiden. Bey den Pflanzen werden die juͤngere Theile in den aͤltern eingewickelt, um ſie fuͤr aͤußerliche Beſchaͤdigung zu bewahren; es werden auch außerdem die juͤngere Theile in ſich zuſammengefaltet; allein hiervon habe ich kein Wort geſprochen. Alſo mein lieber L . . was iſt nun zu thun? Sie muͤſſen ſagen — auch die- ſe Einwickelung — bey den Thieren iſt unſicht- bar! Doch nein, das geht nicht. Dieſe Ein- wickelung ſieht man nicht nur bey den Thieren nicht, ſo wie man die Zuſammenwickelung nicht ſahe, ſondern man ſieht auch, daß die Einwicke- lung nicht iſt; man ſieht das Herz vor und außer- halb der Bruſt in der es eingewickelt ſeyn muͤſte, frey, und bloß mit ſeinem Pericardio umgeben lie- gen.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0078" n="56"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Unwahrſcheinlichkeit der Hypotheſ.</hi></fw><lb/> die Theile der Pflanzen bey ihrem erſten Anfange<lb/> eben ſo durchſichtig und durchſichtiger noch ſind,<lb/> wie die Theile der Thiere; und ob man folglich<lb/> gleich mit Grunde fragen koͤnnte, warum ſoll<lb/> denn nur bey den Thieren die Zuſammenfaltung<lb/> nicht beobachtet werden, wenn ſie eben ſo gut wie<lb/> bey den Pflanzen ſtatt finden ſoll, da ſie doch hier<lb/> ohne Vergroͤßerungsglas in einer Entfernung von<lb/> 15 bis 20 Schritten noch ſehr deutlich geſehen<lb/> werden kann; obgleich, ſage ich, dieſes alles iſt,<lb/> ſo gebe ich doch zu, daß vielleicht wohl die jungen<lb/> Theile bey den Thieren auch zuſammengewickelt<lb/> ſeyn koͤnnten. Allein von dieſer Zuſammenwicke-<lb/> lung iſt die Rede nicht. Jch habe ſie mit Fleiß<lb/> immer Zuſammenwickelung genennt, um ſie von<lb/> jener Einwickelung der juͤngern in den aͤltern Thei-<lb/> len zu unterſcheiden. Bey den Pflanzen werden<lb/> die juͤngere Theile in den aͤltern eingewickelt, um<lb/> ſie fuͤr aͤußerliche Beſchaͤdigung zu bewahren; es<lb/> werden auch außerdem die juͤngere Theile in ſich<lb/> zuſammengefaltet; allein hiervon habe ich kein<lb/> Wort geſprochen. Alſo mein lieber L . . was<lb/> iſt nun zu thun? Sie muͤſſen ſagen — auch die-<lb/> ſe Einwickelung — bey den Thieren iſt unſicht-<lb/> bar! Doch nein, das geht nicht. Dieſe Ein-<lb/> wickelung ſieht man nicht nur bey den Thieren<lb/> nicht, ſo wie man die Zuſammenwickelung nicht<lb/> ſahe, ſondern man ſieht auch, daß die Einwicke-<lb/> lung nicht iſt; man ſieht das Herz vor und außer-<lb/> halb der Bruſt in der es eingewickelt ſeyn muͤſte,<lb/> frey, und bloß mit ſeinem <hi rendition="#aq">Pericardio</hi> umgeben lie-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gen.</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0078]
Unwahrſcheinlichkeit der Hypotheſ.
die Theile der Pflanzen bey ihrem erſten Anfange
eben ſo durchſichtig und durchſichtiger noch ſind,
wie die Theile der Thiere; und ob man folglich
gleich mit Grunde fragen koͤnnte, warum ſoll
denn nur bey den Thieren die Zuſammenfaltung
nicht beobachtet werden, wenn ſie eben ſo gut wie
bey den Pflanzen ſtatt finden ſoll, da ſie doch hier
ohne Vergroͤßerungsglas in einer Entfernung von
15 bis 20 Schritten noch ſehr deutlich geſehen
werden kann; obgleich, ſage ich, dieſes alles iſt,
ſo gebe ich doch zu, daß vielleicht wohl die jungen
Theile bey den Thieren auch zuſammengewickelt
ſeyn koͤnnten. Allein von dieſer Zuſammenwicke-
lung iſt die Rede nicht. Jch habe ſie mit Fleiß
immer Zuſammenwickelung genennt, um ſie von
jener Einwickelung der juͤngern in den aͤltern Thei-
len zu unterſcheiden. Bey den Pflanzen werden
die juͤngere Theile in den aͤltern eingewickelt, um
ſie fuͤr aͤußerliche Beſchaͤdigung zu bewahren; es
werden auch außerdem die juͤngere Theile in ſich
zuſammengefaltet; allein hiervon habe ich kein
Wort geſprochen. Alſo mein lieber L . . was
iſt nun zu thun? Sie muͤſſen ſagen — auch die-
ſe Einwickelung — bey den Thieren iſt unſicht-
bar! Doch nein, das geht nicht. Dieſe Ein-
wickelung ſieht man nicht nur bey den Thieren
nicht, ſo wie man die Zuſammenwickelung nicht
ſahe, ſondern man ſieht auch, daß die Einwicke-
lung nicht iſt; man ſieht das Herz vor und außer-
halb der Bruſt in der es eingewickelt ſeyn muͤſte,
frey, und bloß mit ſeinem Pericardio umgeben lie-
gen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |