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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

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Unwahrscheinlichkeit der Hypothes.
sey; daß Doris jetzo nicht in meiner Stübe sey.
Sie sehen leicht, alle diese bestimmte Dinge sind
mit gewissen Erscheinungen verbunden, die ihrer
Natur nach nicht verborgen bleiben können. Den
Friederichs d'or müste man im Geldbeutel sehn
und fühlen können, wenn er darin wäre; und
wenn Doris hier wäre, so würden wieder andere
Erscheinungen statt finden. Daher habe ich auch
allerdings, wie Sie in der Folge sehn werden, in
meiner Dissertation beweisen können, daß Theile
des Embryo zu der Zeit, da man sie nicht sieht,
nicht da seyn können; das Phänomen, womit die
Theile als Theile des Embryo verbunden sind, sind
Kügelchen, woraus sie bestehn, und die so groß
sind, daß sie durch ein mäßiges Mikroscop alle-
mahl gesehn werden können; das gehört zur Na-
tur der Theile des Embryo; daraus kann ich also
schließen, daß eben demselben Mikroscop noch
weniger die Theile, die aus jenen Kügelchen zu-
sammen gesetzt seyn sollen, verborgen bleiben kön-
nen. Wenn ich aber weiter keinen Grund hätte,
als schlechtweg den, daß ich die Theile nicht sehe,
und folglich auf den allgemeinen Satz, was ich
nicht sehe, ist nicht da, zurück gehn müßte, wie
man es wohl gern haben möchte, so würde ich die-
sen hernach unmöglich demonstriren können.

Sie sehen also wohl, daß es mir, wenn ich
auf diesen Grundsatz zurück zu gehn genöthiget wä-
re, oder auch einem, der wider die Hypothesen
der Prädelineation nichts weiter thun, als nur

zei-

Unwahrſcheinlichkeit der Hypotheſ.
ſey; daß Doris jetzo nicht in meiner Stuͤbe ſey.
Sie ſehen leicht, alle dieſe beſtimmte Dinge ſind
mit gewiſſen Erſcheinungen verbunden, die ihrer
Natur nach nicht verborgen bleiben koͤnnen. Den
Friederichs d’or muͤſte man im Geldbeutel ſehn
und fuͤhlen koͤnnen, wenn er darin waͤre; und
wenn Doris hier waͤre, ſo wuͤrden wieder andere
Erſcheinungen ſtatt finden. Daher habe ich auch
allerdings, wie Sie in der Folge ſehn werden, in
meiner Diſſertation beweiſen koͤnnen, daß Theile
des Embryo zu der Zeit, da man ſie nicht ſieht,
nicht da ſeyn koͤnnen; das Phaͤnomen, womit die
Theile als Theile des Embryo verbunden ſind, ſind
Kuͤgelchen, woraus ſie beſtehn, und die ſo groß
ſind, daß ſie durch ein maͤßiges Mikroſcop alle-
mahl geſehn werden koͤnnen; das gehoͤrt zur Na-
tur der Theile des Embryo; daraus kann ich alſo
ſchließen, daß eben demſelben Mikroſcop noch
weniger die Theile, die aus jenen Kuͤgelchen zu-
ſammen geſetzt ſeyn ſollen, verborgen bleiben koͤn-
nen. Wenn ich aber weiter keinen Grund haͤtte,
als ſchlechtweg den, daß ich die Theile nicht ſehe,
und folglich auf den allgemeinen Satz, was ich
nicht ſehe, iſt nicht da, zuruͤck gehn muͤßte, wie
man es wohl gern haben moͤchte, ſo wuͤrde ich die-
ſen hernach unmoͤglich demonſtriren koͤnnen.

Sie ſehen alſo wohl, daß es mir, wenn ich
auf dieſen Grundſatz zuruͤck zu gehn genoͤthiget waͤ-
re, oder auch einem, der wider die Hypotheſen
der Praͤdelineation nichts weiter thun, als nur

zei-
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[70/0092] Unwahrſcheinlichkeit der Hypotheſ. ſey; daß Doris jetzo nicht in meiner Stuͤbe ſey. Sie ſehen leicht, alle dieſe beſtimmte Dinge ſind mit gewiſſen Erſcheinungen verbunden, die ihrer Natur nach nicht verborgen bleiben koͤnnen. Den Friederichs d’or muͤſte man im Geldbeutel ſehn und fuͤhlen koͤnnen, wenn er darin waͤre; und wenn Doris hier waͤre, ſo wuͤrden wieder andere Erſcheinungen ſtatt finden. Daher habe ich auch allerdings, wie Sie in der Folge ſehn werden, in meiner Diſſertation beweiſen koͤnnen, daß Theile des Embryo zu der Zeit, da man ſie nicht ſieht, nicht da ſeyn koͤnnen; das Phaͤnomen, womit die Theile als Theile des Embryo verbunden ſind, ſind Kuͤgelchen, woraus ſie beſtehn, und die ſo groß ſind, daß ſie durch ein maͤßiges Mikroſcop alle- mahl geſehn werden koͤnnen; das gehoͤrt zur Na- tur der Theile des Embryo; daraus kann ich alſo ſchließen, daß eben demſelben Mikroſcop noch weniger die Theile, die aus jenen Kuͤgelchen zu- ſammen geſetzt ſeyn ſollen, verborgen bleiben koͤn- nen. Wenn ich aber weiter keinen Grund haͤtte, als ſchlechtweg den, daß ich die Theile nicht ſehe, und folglich auf den allgemeinen Satz, was ich nicht ſehe, iſt nicht da, zuruͤck gehn muͤßte, wie man es wohl gern haben moͤchte, ſo wuͤrde ich die- ſen hernach unmoͤglich demonſtriren koͤnnen. Sie ſehen alſo wohl, daß es mir, wenn ich auf dieſen Grundſatz zuruͤck zu gehn genoͤthiget waͤ- re, oder auch einem, der wider die Hypotheſen der Praͤdelineation nichts weiter thun, als nur zei-

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Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/92>, abgerufen am 23.11.2024.